Dialogverarbeitung außer Haus:

Wenn Papa kommt

05.10.1979

MÜNCHEN - Auf der "SYSTEMS" führte Dieter Steuer vom Verband Deutscher Rechenzentren e. V. VDRZ (Hannover) über die "Pilotanwendung des öffentlichen Datenpaketvermittlungsdienstes für den Verbund zwischen Service-Rechenzentren und RZ-Kunden" aus, "Papa" - so das gebräuchliche Projekt-Kürzel - eröffne völlig neue Perspektiven für den Einsatz von Dialogdatenverarbeitung außer Haus. Steuer: "Die Rechenzentren werden sich mittels Kooperation hochgradig spezialisieren können und dem Kunden Dienstleistung in bisher ungeahntem Ausmaße anbieten können." Hier die Kurzfassung seines im Symposium "Mittelständische Industrie" gehaltenen Referates zum Thema "Dialogorientierte Datenverarbeitung außer Haus":

Die kommende Generation der Datenverarbeitung wird wesentlich durch den Übergang auf Dialogdatenverarbeitung geprägt sein. Deren Benutzerfreundlichkeit durch Bereitstellung der Datenverarbeitungsleistung am Arbeitsplatz in der Fachabteilung wird als Garant für eine schnelle Verbreitung angesehen werden können. Dabei wird es für den Benutzer der Fachabteilung im allgemeinen keine Rolle spielen, ob er seine Leistung von einem Rechner im Raum nebenan oder bis zu mehreren hundert Kilometern entfernt bezieht.

Damit sind auch bereits die zwei Grundformen der technischen Realisierung angeschnitten:

- Die selbständige dezentrale Systemlösung und

- der Anschluß der Fachabteilung an ein externes Rechenzentrum (Verarbeitung außer Haus).

Moderne Rechner für eigenständige dezentrale Lösungen sind auf Dialogdatenverarbeitung optimiert entwickelt. Selbst umfangreiche Leistungsanforderungen lassen aus technischer Sicht nicht zwingend den Rauf nach Dialogverarbeitung außer Haus folgen.

Die entscheidungsrelevanten Faktoren liegen vielmehr in den Bereichen:

1. Gesamtwirtschaftlichkeitsanalyse in der Anwendung (über Lebensdauer).

2. Anwendung als komplexe Systemlösung.

Zu 1) Bei der Wirtschaftlichkeitsanalyse selbständiger dezentrale Systeme sollten wenigstens folgende Positionen einbezogene sein: Hardware einschließlich System-Software, Compiler, Terminals etc.; Installationsnebenkosten, Nebenkosten allgemeiner Art, zum Beispiel Datenträger und Formulare; Entwicklung, Pflege und Wartung von Software; Schulung. Besondere Sorgfalt sollte in eine kritische Analyse betreffs Personaleinsatz investiert werden. Eine objektive Beurteilung des Systemeinsatzes mittlerer bis größerer dezentraler Rechner wird selten die Fragen nach Personalbindung verneinen können, und seien es nur Prozentsätze eines Mannjahres.

Zu 2) Neben den reinen Wirtschaftlichkeitsfaktoren sind zur Problemlösung in der jeweils gegebenen Anwendung auch immaterielle Kriterien zur Beurteilung heranzuziehen. Fragen des Datenschutzes, der Flexibilität, der Kapitalsituation, Verfügbarkeit (auch außerhalb der Bürostunden), Erstellung und/oder Pflege der Anwendung, des Personaleinsatzes etc. können die Entscheidung des Anwenders wesentlich beeinflussen.

Im Rahmen des bereits erwähnten VDRZ-Pilot-Projektes zeichnen sich darüber hinaus völlig neue Perspektiven für den Einsatz von Daten- und vor allem Dialogdatenverarbeitung außer Haus ab. Das Projekt wird unter anderem die Möglichkeit der Dialogdatenverarbeitung im sogenannten offenen Netz ermöglichen, womit das Thema "Außer Haus" in neue Dimensionen gehobene werden wird. Der wahlfreie Zugriff von einem Terminal auf mehrere Rechner und Rechenzentren wird dann zu den Standardangeboten der Dienstleistung gehören. Die Rechenzentren werden sich mittels Kooperation hochgradig spezialisieren können und dem Kunden Dienstleistung in bisher ungeahntem Ausmaße anbieten können. Dies ist keine Zukunftsmusik, sondern wird im Rahmen des Projekts bereits in der zweiten Hälfte 1980 praktiziert werden; ein weiterer, sicher lohnender Aspekt für die Einbeziehung von Service-Rechenzentren bei anstehenden Problemlösungen!

Dieter Steuer ist Projektleiter für das vom BMFT geförderte Vorhaben "Papa".