Desktop-Purchasing-Systeme rationalisieren das Bestellwesen

Wenn Mitarbeiter ihren Bleistift via Web bestellen

18.09.1998

Operative Kosten verschlingen oft mehr als ein Drittel der Unternehmensausgaben. Zu den Verursachern zählen Hardware, Software, Wartung und Reparatur ebenso wie die Büroausstattung. Würden die einzelnen Mitarbeiter Bestellungen von Radiergummi und Rechner selbständig in einem automatisierten Verfahren bestellen, könnten Firmen mindestens fünf Prozent der anfallenden Kosten einsparen, behaupten die Marktforscher von Killen & Associates aus Palo Alto.

Obwohl moderne Technologien neue Möglichkeiten der Prozeßautomation eröffnen, werden viele Abläufe im Unternehmen weiterhin über Papierformulare abgewickelt. Das Prozedere ist oft komplex und zeitaufwendig. In vielen Unternehmen ist lediglich der Einkauf von Gütern automatisiert, denen besondere strategische Bedeutung zugemessen wird, wie etwa Komponenten, die Teil des herzustellenden Endproduktes sind. Zu ihrer Unterstützung werden seit einigen Jahren Enterprise Resource Planning- (ERP-) und Supply-Chain Management-Systeme eingesetzt. Zu deren Anbietern gehören SAP, Oracle, i2 und Manugistics.

In die Kategorie indirekte Beschaffung fällt der Einkauf aller Produkte und Dienstleistungen, die nicht für die Herstellung von Endprodukten verwendet werden, wie Büromaterial oder Computerausstattung, aber auch Maschinen, Ersatzteile oder Beratungsleistungen. Da sie prinzipiell jeder Mitarbeiter im Unternehmen benötigen kann, ist eine detaillierte Bedarfsplanung, wie sie im Produktionsbereich durchgeführt wird, problematisch. In Zeiten, in denen Unternehmen zunehmend unter Druck stehen, Kosten einsparen zu müssen, erweist sich der Beschaffungsprozeß für indirekte Güter als besondere Schwachstelle: Einem relativ geringen Wert des Produkts stehen unverhältnismäßig hohe administrative Kosten gegenüber. ERP-Systeme könnten Abhilfe schaffen, sind aber wegen ihrer komplexen Benutzeroberflächen für einen breiten Einsatz im Unternehmen in der Regel ungeeignet. Unter dem Namen "Desktop-Purchasing-Systeme" (DPS) haben junge Firmen inzwischen Self-Service-Produkte für die Beschaffung entwickelt.

Mit Intranet-Zugang und einem Web-Browser ausgerüstete Mitarbeiter erhalten die Möglichkeit, selbständig Geschäftstransaktionen vorzunehmen. Intuitive Benutzeroberflächen ermöglichen den Einsatz ohne großen Trainingsaufwand. Unter Projektleiter Arie Segev haben die Autoren verschiedene Systeme untersucht.

Als Hauptanbieter von DPS gelten derzeit die Start-ups Ariba Technologies und Commerce One, weitere Anbieter sind Elekom, Netscape und Trade 'Ex. Die jeweiligen Systeme unterscheiden sich nur geringfügig in ihren Grundfunktionen. Sie beruhen jeweils auf einem Katalog unterschiedlicher Lieferanten, der auf Käuferseite zentral abgelegt ist. Nutzer haben die Möglichkeit, über einen Web-Browser Produke auszuwählen und eine Bestellanforderung zu erstellen. Das geht allerdings nicht ohne die Neudefinition von Unternehmensabläufen hinsichtlich der Autorisierungswege.

Anhand vordefinierter Einkaufs- und Budgetrichtlinien entscheidet die Software beispielsweise, ob selbständig bestellt wird oder ein Vorgesetzter seinen Segen dazu geben muß. Die Benachrichtigung übergeordneter Instanzen erfolgt via E-mail. Eine genehmigte Bestellanforderung wird schließlich automatisch via E-mail, Fax, EDI (Electronic Data Interchange) oder File-Transfer an den entsprechenden Vertragslieferanten geschickt. Die Unterstützung verschiedener Transportwege ist notwendig, um existierende Kommunikationsverbindungen mit Lieferanten nutzen zu können beziehungsweise die eingeschränkten technischen Möglichkeiten kleinerer Lieferanten zu berücksichtigen. Tracking-Module erlauben dem Mitarbeiter, sich jederzeit über den aktuellen Status der Bestellung zu informieren.

Aufbau und Pflege der zentralen Lieferantenkataloge zählen zu den kritischsten Aufgaben im Bereich elektronischer Beschaffung, da die Daten verschiedener Lieferanten zumeist in unterschiedlichen Formaten vorliegen und zu vereinheitlichen sind. Bis heute gibt es keine allgemein akzeptierten Bezeichnungs- und Klassifizierungsstandards für Güter und Dienstleistungen. In diesem Punkt unterscheiden sich die DPS verschiedener Anbieter (siehe Kasten "DPS-Produkte im Überblick").

Die meisten DPS-Implementierungen befinden sich derzeit noch in der Pilotphase, versprechen allerdings einen hohen Return on Investment. Ein wichtiges Ziel der Projekte ist es, den Beschaffungsprozeß zu optimieren. Die Einkaufsabteilung wird dabei von zeitraubenden operativen Aufgaben befreit und kann sich auf wichtigere strategische Ziele, wie beispielsweise das Aushandeln von Volumenverträgen, konzentrieren. Die Berichtsfunktionalität der Systeme ermöglicht zudem eine bessere Kontrolle der Lieferanten und des Kaufverhaltens der eigenen Mitarbeiter. Unumgänglich ist hingegen die Aufstellung von Genehmigungsrichtlinien für Abteilungen und einzelne Mitarbeiter. Vor dem Erfolg kommt also auch bei DPS der Schweiß.