Wenn Hersteller Pingpong spielen

19.04.1996

Wie kann man nur ? - fragen sich vielleicht einige Besserwisser. Wie kann man nur so naiv sein und Herstellern abnehmen, ein Desktop-Leichtgewicht wie Microsoft Access liesse sich so einfach via ODBC mit dem IBM-Walross DB2 kreuzen, wie es der Bayerische Rundfunk versuchte.

Ja. Die Neunmalklugen haben es schon immer gewusst: Client-Server- Computing ist schwer und die Hersteller-Welt schlecht.

Doch lauscht man Franz Eckl, Chefsystemverwalter beim BR, der emotionslos erzaehlt, wie sich in seinem Bewerbungsprojekt zu einer kleinen Katastrophe gleich die naechste und uebernaechste gesellte, macht sich ein Kribbeln und ein bisschen Panik bemerkbar. Wie leicht haette man selbst mit "Hilfe" der Anbieter in eine solche Situation geraten koennen. Da klingt es geradezu hoehnisch, wenn Microsoft sich grundsaetzlich nicht verantwortlich fuehlt, so es Anwender wagen, neben hauseigenen auch noch Fremdprodukte zu nutzen. Und die IBM erklaert, Microsoft sei sowieso schuld an dieser DV-Pleite. "Hersteller-Pingpong" nennt Eckl diese gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Aber: Haben die beim BR sich denn ihr Entwicklungs-Tool nicht vorher angesehen? Haben sie denn keine Tests gemacht? - Doch. Sehr wohl hat die Eckl-Mannschaft Anforderungen definiert, fleissigst Prospekte gelesen und Produktvorfuehrungen besucht. Auch wurden reihenweise Tests durchgefuehrt.

Zugegebenermassen war der Zeitpunkt der Integration der fast fertigen Anwendung in die Umgebung zu spaet gewaehlt. Doch eigentlich war das Vertrauen in die Kompetenz der Hersteller und in das, was sie als "offen" und "kompatibel" proklamieren, fatal.

Zu bewundern ist die Offenheit und die Souveraenitaet des Anwenders, der stellvertretend fuer viele an die Oeffentlichkeit geht und von einem gescheiterten Projekt berichtet. - Wie kann man nur? ua