Die Online-Suche nach vermissten Kindern

Wenn das Web zum Schutzengel wird

09.11.2001
MÜNCHEN (CW) - Jedes Jahr verschwinden in Deutschland über 50 000 Kinder. Die meisten tauchen schnell wieder auf, doch rund 900 Kinder gelten laut BKA als dauervermisst. Viele davon werden von ihren Eltern auch per Internet gesucht - manchmal mit Erfolg.

Am 10. Mai dieses Jahres besucht Jörg L. seine beiden Kinder Sandra und Lucas, die mit ihrer Mutter in Berlin leben. Er nimmt Tochter und Sohn nach Spanien mit. Die Polizei geht davon aus, dass er sich mit Hilfe gefälschter Papiere nach Südamerika absetzen will, da er per internationalen Haftbefehl gesucht wird.

Noch im Mai 2001 konnte Frau L. mit ihrem Sohn telefonieren, der ihr erzählte, der Vater habe sich einen roten BMW mit schwarzem Dach gekauft. Bei einem weiteren heimlichen Telefonat berichtete die Tochter, dass der Vater die Kinder bedrohe.

Auf einer Kindersuch-Seite im Internet gibt es weitere Informationen: Herr L. habe ein Alkoholproblem, "es ist möglich, dass er sich mit den Kindern in Lokalen aufhält".

Die Foren und Gästebucher der Sites sind voll der Anteilnahme und Unterstützung. Dort wird Mut gemacht, von wiedergefundenen Kindern berichtet, und Links auf die Sites werden in private Homepages eingebaut. "Meine monatlich etwa 20 000 Besucher können hoffentlich einen Beitrag zum Finden dieser Kinder leisten", meint ein Homepage-Betreiber aus Peine, der selbst Vater ist.

24 Kinder wurden laut Monika Bruhns, Sprecherin der Elterninitiative vermisste-kinder.de, in den letzten vier Jahren dank Internet-Suche gefunden und nach Hause gebracht. "Mit zunehmender Internet-Nutzung gewinnt unsere Online-Suche an Bedeutung", sagt Bruhns. Vor allem auch dadurch, dass die Polizei die Internet-Möglichkeiten verstärkt nutzt und mit den Initiativen kooperiert.

Bei der Suche nach vermissten Kindern im Internet werden die Initiativen inzwischen in einzelnen Fällen von der Suchmaschine der Cobion AG unterstützt. Dabei werden aus geeigneten Bildern des vermissten Kindes "mathematische Fingerabdrücke" des Gesichts erstellt. Die Rechner sollen ein Kind dann in der Daten- und Bilderflut des Internet wiederfinden, selbst wenn es seit seinem Verschwinden gealtert ist, den Kopf anders hält als auf dem Ursprungsbild oder wenn ein Schatten auf dem Gesicht liegt.

Laut Bruhns hat die Elterninitiative an Cobion neun Bilder für Suchläufe übergeben, die noch nicht abgeschlossen sind und bislang erfolglos blieben. Da jedoch nicht nur kinderpornografisches Material, sondern beispielsweise auch Schulfotos von der Such-Engine durchforstet werden, seien künftige Erfolge gerade für "Kinderentzugsfälle" nicht auszuschließen.

Doch leider ist bislang die Liste mit tragischem Ausgang im Bereich "Gefundene Kinder" länger als die mit Happy End wie diesem: "Ich bin überGLÜCKLICH , mein Kind wieder heile hier zu wissen. Ich möchte jedem einzelnen von all den vielen menschlichen Menschen aus dem Netz danken für diesen Einsatz und den Trost."

Linkswww.vermisste-kinder.de

www.gesuchte-kinder.de

www.fredi.org

http://home.tiscalinet.de/schutzengel

www.againstchildporn.org

http://jugendschutz.eden-treff.com