Jahresrückblick/Kommentar

Wendezeiten - gute Zeiten

21.12.2001
Jan-Bernd Meyer Redakteur CW

Zum Jahreswechsel sehen viele Anleger ihre Portfolios an und werden so richtig traurig. Aktionäre und Fondsbesitzer gleichermaßen können sich nur damit trösten, dass in diesem Jahr stattgefunden hat, was eigentlich schon längst hätte kommen müssen - eine Phase des nüchternen Resümierens. Was immer die alerten Vertreter aus der New Economy phantasiert hatten: Mit einigem gesunden Menschenverstand hätte man schon immer ausrechnen können, dass hier vor allem Blaues vom Himmel versprochen wurde.

Trotz der Bruchlandung einer erklecklichen Zahl von Startups und angesichts der wirtschaftlichen Schieflage vieler gestandener Firmen kann aber nicht alles falsch gewesen sein, was an neuen Geschäftskonzepten auf den Markt der Ideen geworfen wurde. Die viel zitierte Firma Dell betreibt alle die immer wieder schöngeredeten und jetzt oft diskreditierten E-Business-Modelle ausgesprochen erfolgreich. Vier der fünf Unternehmen, die beim diesjährigen, gemeinsam von der COMPUTERWOCHE und den Unternehmensberatern von Gartner abgehaltenen Wettbewerb "Anwender des Jahres" in die Endrunde kamen, nutzen sehr effizient Technologien, die von Newcomern der Szene entwickelt wurden. Früher nannte man solche IT-Frischlinge durchaus anerkennend Garagenfirma und bezeichnete damit auch das Potenzial, auf dem der Erfolg derartiger Unternehmen gründen sollte.

Als sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Automobilbranche zu entwickeln begann, gab es ganz ähnliche Phänomene: Zuerst sprossen Zulieferbetriebe wie Pilze aus dem Boden. Der größte Teil verschwand wieder von der Bildfläche. Auch hier wirkte die regulierende Kraft des freien Marktes. Nichts anderes passiert momentan. Der Ausleseprozess ist im vollen Gang. Und das spüren alle: die scheiternden Startups besonders schmerzlich, aber eben auch die Weltwirtschaft im Allgemeinen. 2002 werden wir überwintern müssen - aber danach kommt 2003. Wetten, dass es dann wieder aufwärts geht?