CeBIT

Weiße Breitband-Flecken sollen mit Funk verschwinden

04.03.2010
Videodownloads, unbegrenzter Speicherplatz im Netz und Schulunterricht am Notebook - die IT-Branche schwelgt auf der CeBIT wieder in Zukunftsfantasien für das Internet.

Doch ohne schnelle Internet-Verbindungen zerfällt die schönste Videoanwendung in einzelne Pixel. Politik und Wirtschaft suchen deshalb nach Lösungen, wie in ganz Deutschland Breitbandverbindungen angeboten werden können. Die Telekombranche setzt stark auf Verbindungen via Mobilfunk und Satellit.

"Breitbandnetze sind der Standortfaktor Nummer eins", sagt Telekom-Deutschlandchef Niek Jan van Damme. "Keiner kann sich in Deutschland mehr leisten, kein Breitband zu haben." Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Bernd Pfaffenbach betont: "Im Industriegebiet sind nicht nur die Straßen wichtig, mindestens ebenso wichtig ist der Internetzugang."

Breitbandziel nicht erreichbar

Doch immer noch haben drei Prozent der deutschen Haushalte nicht einmal Zugang zu einem Anschluss mit einer Übertragungsrate von einem Megabit je Sekunde - der einfachsten DSL-Leitung. Von den 50 Megabit, die die Bundesregierung für drei Viertel der Haushalte bis 2014 verspricht, sind die meisten Einwohner noch weit entfernt. Der Ausbau ist teuer und gerade in den Randgebieten versprechen sich die Konzerne nur wenig Umsatz.

In der Branche zweifelt man deshalb daran, schon in diesem Jahr überall in Deutschland Internetverbindungen mit einem Megabit pro Sekunde anbieten zu können. "Das Breitbandziel der Bundesregierung für 2010 ist nicht zu erreichen", sagt Telekom-Deutschlandchef van Damme. Auch der Alcatel-Lucent-Chef in Deutschland, Alf Henryk Wulf, warnt vor Hindernissen: "Ich sehe einige Tücken, zum Beispiel die deutlich verspätete Frequenzvergabe."

Neue Mobilfunk-Frequenzen

Voraussichtlich im April werden neue Mobilfunkfrequenzen von der Bundesnetzagentur versteigert. Mit funkbasierten Anbindungen sollen dann erst einmal die Lücken auf der Breitbandlandkarte in Deutschland geschlossen werden. Auch Satelliten und neue Mobilfunktechnologien wie Long Term Evolution (LTE) sollen zum Einsatz kommen. Die Telekom will mit dem Aufbau von LTE Ende 2010 beginnen.

Nach Meinung von Jürgen Grützner vom Verband VATM, der vor allem Wettbewerber der Deutschen Telekom vereint, liegt es aber in der Hand von kleinen und mittelständischen Unternehmen, das Breitbandziel in diesem Jahr doch noch zu schaffen. Viele dieser Unternehmen hätten schon im vergangenen Jahr Dörfer mit Funklösungen zum Beispiel via Satellit erschlossen. "Das Geniale daran ist, das funktioniert dezentral und der Fortschritt ist messbar."

Funk nur Zwischenlösung

Manche Politikern wollen davon nichts hören. "Wir wollen das Glasfaserkabel in jedem Haushalt", betonte der Parlamentarische Staatssekretär des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Gerd Müller (CSU) auf der CeBIT. Funk könne nur eine Zwischenlösung sein.

Doch die Telekombranche scheut vor den Kosten für den Glasfaserausbau zurück: 30 bis 50 Milliarden Euro könnte er laut Schätzungen in Deutschland verschlingen, einen Großteil davon machten die Grabungsarbeiten aus. Die Verlegung von einem Kilometer Glasfaser-Kabel in die Erde koste bis zu 50.000 Euro, rechnet zum Beispiel die Deutsche Telekom vor. Der Staat stellt für den Breitbandausbau nur Fördermittel für die Kommunen aus dem Konjunkturpaket II zur Verfügung. Der Abruf dieser Mittel scheitert laut VATM häufig an bürokratischen Hürden.

Neue Gemeinschaftslösungen

"Wenn wir Glasfaser auf dem Land haben wollen, müssen wir deshalb zwei Sachen schaffen: Wir müssen die Nutzerzahlen dramatisch erhöhen und die Kosten senken", sagt VATM-Geschäftsführer Grützner. Nur wenn die Telekomunternehmen mit Funklösungen Kunden gewinnen, können sie weiter investieren, so die Rechnung. Würden dann bei Tiefbauarbeiten immer automatisch leere Rohre für künftige Glasfaserleitungen verlegt, könnten die Investitionen um ein Drittel gesenkt werden. Bislang wird das allerdings nur in Baden-Württemberg eingehalten. Netzagentur und Wirtschaftsministerium feilen deshalb an neuen Gemeinschaftslösungen, in die auch Energieversorger einbezogen werden sollen. Bis schließlich Glasfaser-Leitungen in jedem Winkel Deutschlands liegen, werde es noch zehn bis 15 Jahre dauern, erwartet Grützner. (dpa/tc)