Websphere 6 läuft vom Stapel

15.10.2004
IBMs neuer Java-Applikations-Server wartet mit selbstheilenden Management-Funktionen und leichterem Deployment auf.

Von CW-Redakteur Sascha Alexander

Rund zwei Jahre nach der letzten Vollversion hat IBM die sechste Generation des Java-Applikations-Servers "Websphere" vorgestellt. Im Mittelpunkt der Weiterentwicklungen stehen laut Mark Heid, Director Websphere Marketing, automatisierbare Funktionen zum Schutz des Systems vor Störungen sowie für den schnelleren Einsatz von Anwendungen. So lasse sich der Server künftig so konfigurieren, dass er "autonom" auf den Ausfall einzelner Anwendungs- und Server-Komponenten oder den Stillstand des gesamten Systems reagieren könne. Mit den bisherigen Websphere-Versionen waren manche technische Probleme nur durch ein neuerliches Booten anzugehen. Nicht beendete Transaktionen ließen sich dadurch oft erst nach Stunden abschließen.

Mit Version 6 hingegen werden neue Verfügbarkeits- und Cluster-Techniken eingeführt, die es ermöglichen, Fehler "in Sekunden" zu beheben, sagte Heid. Server-Dienste wie etwa der "Deployment Manager" können nun beispielsweise auf unterschiedlichen Instanzen laufen. Kommt es zu einer Störung, werden Transaktionen und die dazugehörigen Daten unverzüglich auf eine andere Instanz im logischen Rechnerverbund (Zelle) oder sogar außerhalb von ihm umgeleitet. Ist ein Backup-Cluster vorhanden, können Client-Anfragen von dort aus automatisch abgearbeitet werden. Insgesamt lasse sich mit Websphere 6 eine Verfügbarkeit von 99,999 Prozent erzielen, erläutert Ralf Bracht, Senior IT-Specialist in der IBM Websphere Central Region. Diese Features seien angesichts der Kosten, die Unternehmen durch Ausfallzeiten entstehen können, von großer Bedeutung, ergänzt Manager Heid. So hätten Kundenumfragen ergeben, dass Systemausfälle je nach Branche Einbußen von 17000 bis zu 110000 Dollar pro Minute nach sich zögen.

Die Administration des Servers und der neuen Features erfolgt über eine überarbeitete Konsole, die der Optik der Benutzeroberflächen von IBM-Produkten wie DB2 und Lotus angeglichen wurde. Über sie lassen sich beispielsweise auch Sicherheitsrichtlinien festlegen, die bis in die Autorisierung einzelner Anwendungskomponenten für einen bestimmten Benutzer hinunterreichen.

Iterative Entwicklung möglich

Ziel der Arbeiten an Websphere 6 war es ferner, Features für ein beschleunigtes Deployment von Java-Anwendungen bereitzustellen. Grundsätzlich gehe es darum, eine iterative Entwicklung zu unterstützen, erklärte Bracht. So lassen sich nun neue oder bearbeitete Artefakte wie etwa ein Enterprise Javabean (EJB) oder ein Servlet im Projekt umgehend auf dem Applikations-Server einsetzen und testen, ohne zuvor den gesamten Build-Zyklus durchlaufen zu müssen.

Als Besonderheit bei der Administration ist es ferner möglich, innerhalb einer Zelle mehrere Server-Versionen und J2EE-Standards gleichzeitig zu verwalten, wobei mit Version 6 nun auch Installationen auf dem Mainframe unter z/OS einbezogen werden. Künftige Entwicklungen gehen in Richtung einer Common-Event-Infrastructure. Diese soll einen Mechanismus bieten, wie Events (beispielsweise Exceptions) zwischen den IBM-Infrastrukturprodukten, aber auch Server-intern übermittelt werden können. Ein dazu nötiges standardisiertes Event-Format werde derzeit im Oasis-Konsortium entwickelt.

Was die Unterstützung von Technikstandards betrifft, verwendet Websphere 6 die aktuelle Version 1.4 der Java 2 Enterprise Edition (J2EE). Hinzu gesellen sich Spezifikationen aus dem Web-Services-Umfeld wie WS-Security, WS-Transactions, Version 3 der Registry Universal Description, Discovery and Integration (UDDI) sowie die Industriereferenz Web Services Interoperability (WS-I), die eine einheitliche Implementierung der Spezifikationen auf unterschiedlichen Herstellerprodukten ermöglichen soll. Zusätzlich bietet IBM eigene Erweitertungen zu den Programmiermodellen an wie "EJB Binding für JAX-RPC" oder einen "Timer Service" für EJBs. Außerdem erhalten Anwender erstmals eine durchgängig in Java geschriebene Server-Plattform. Hierzu musste IBM seine bisherige Messaging-Komponente neu entwickeln.

Ab Jahresende verfügbar

Ein Provider wird nun gemäß dem "Java Message Service 1.1". implementiert. Auch ist das System laut Bracht jetzt interoperabel mit "Websphere MQ".

Websphere 6 soll hierzulande zum Jahresende verfügbar sein und rund 30 verschiedene Betriebssysteme unterstützen. Der Server ist erhältlich in der Einsteigerversion "Express", der Single-Server-Variante "Base" für kleinere Installationen sowie in der Version "Network Deployment". Zusätzlich bereitet IBM neue Ausgaben seiner Java-Entwicklungsumgebungen vor, die eine engere Integration mit Websphere versprechen. Dabei wird es wieder einmal zu einem Re-Branding kommen, bei dem aus dem bisherigen Tool "Websphere Studio Application Developer" der "Rational Application Developer for Websphere" wird und das Werkzeug "Websphere Studio Site Developer" den neuen Namen "Rational Web Developer for Websphere" trägt.

Features

- konform mit J2EE 1.4;

- WS-I Basic Profile, WS-Security, WS-Transactions, UDDI 3.0;

- neuer Java-Messaging-Provider (JMS 1.1)

- Deployment und Test einzelner Artefakte in der Entwicklung;

- erweiterte Cluster- und Failover-Features;

- Administration unterschiedlicher Server- und J2EE-Versionen in einem logischen Rechnerverbund.