Gut besuchte Sites sichern Geschäftserfolg

Web-Portale entwickeln sich zunehmend zu Goldgruben

17.07.1998

Yahoo und andere Suchmaschinenbetreiber, wie Excite, Altavista, Lycos und Infoseek, sind mittlerweile zu Content-Provider herangewachsen, die ein breitgefächertes Vollprogramm anbieten. Surfer klicken die Sites nicht mehr nur zum Suchen im Web an. Nachrichten über Politik, Sport, Finanzen, Wissenschaft und natürlich Computer, erweisen sich als Publikumsmagnet. Zusätzliche Dienste wie kostenlose E-Mail, Chat-Rooms sowie Communities, in denen Gleichgesinnte über spezifische Themen fachsimpeln, sollen Web-User nicht nur anziehen, sondern auch bei der Stange halten. Außerdem kann der Anwender sich das Angebot an Inhalten nach seinen Neigungen einrichten. Fast alle Sites lassen sich entsprechend einrichten, beispielsweise mit "My Yahoo", "My Netscape" oder "My News" von Aol.com. Der letzte Schrei: Online-Auktionen.

Ein Vergleich mit der Fernsehlandschaft drängt sich schon deshalb auf, da wie bei den TV-Kollegen auch bei Search-Engines die "Hitrate", also gewissermaßen die Einschaltquote zählt. Je mehr Besucher sich auf einer Homepage einfinden, desto größer ist der Umsatz mit Online-Werbung. Die Gäste aus dem Netz sind potentielle Kunden für online vertriebene Produkte.

Als tendenzielle Bestseller im Internet entpuppen sich Autos, Bücher, CDs, Reisen, Software, Hardware, Flugtickets, Finanzdienstleistungen und sogar Immobilien. Die Betreiber der Einstiegstore zum weltweiten Netz vermarkten die Produkte nicht selbst, sondern stellen über einen Katalog die Verbindung zu den Homepages der jeweiligen Anbieter her. Letztere zahlen für den Hinweis auf der Einstiegsseite beträchtliche Summen.

Neben den Suchmaschinenanbietern versucht der Online-Dienst America Online http://www.aol.com , sich Nebeneinkünfte mit einem Web-Portal zu sichern. Ähnliche Pfade beschreitet Softwaregigant Microsoft, der sein glückloses "Microsoft Network" (MSN) nun zum Internet-Entree umfrisiert. Bereits gute Erfolge erzielt Netscape mit seinem Netcenter. Die Kalifornier verwandelten ihre Internet-Adresse zum Umschlagsplatz für eigene und fremde Produkte.

Netcenter gehört zu den meistbesuchten Web-Sites weltweit und hat sich zu einem wichtigen Standbein des Softwareherstellers entwickelt.

Hochbetrieb herrschte auf der Site schon immer, da sich "Navigator"-Anwender von dort die neueste Programmversion herunterladen können. Außerdem ist die Homepage des Herstellers standardmäßig als Startseite des Browsers eingestellt. Jüngst erhielt Netcenter ein neues Layout und glich sich damit noch mehr an die Portale der Konkurrenz aus dem Lager der Suchmaschinen an.

Anklang findet dieses Erfolgskonzept offenbar auch in anderen Branchen. Beispielsweise unterzeichnete Telekommunikationsgigant AT&T gleich mit drei Suchdiensteanbietern einen Vertrag über gemeinsame Web-Aktivitäten (siehe CW 21/98, Seite 28). Der Carrier möchte sich so einen zusätzlichen Vertriebskanal für seine Netzdienste schaffen. Dagegen platzte der Versuch des Konzerns, sich mit dem Online-Dienst und Internet-Portal-Betreiber America Online eine namhafte Web-Adresse einzuverleiben: AOL zog die Unabhängigkeit vor.

MCI kooperiert mit Yahoo

MCI, eine andere US-Telefongesellschaft, betreibt seit März 1998 mit dem Kooperationspartner Yahoo in den USA den Online-Dienst "Yahoo Online". Die Kunden nutzen den Netzzugang des Providers und landen beim Surfen standardmäßig beim Suchdiensteanbieter.

Neben den TK-Riesen haben auch Firmen aus der Unterhaltungsbranche Lunte gerochen. Neuerdings zeigen die führenden US-Medienkonzerne Disney, News Corp., CBS, NBC und Time Warner Interesse an einem Deal mit den Betreibern von Portalseiten. Zwar gehören die fünf zu den Platzhirschen im Fernseh- und Zeitungsgeschäft, doch ein Internet-Portal, das als zusätzliches Verbreitungsmedium für Enter- und Infotainment dienen könnte, fehlt ihnen bisher noch. Das aber soll nicht so bleiben. Am 2. Juli versetzte die Nachricht über Verhandlungen zwischen den Medienkolossen und Netscape die Börsianer in Aufruhr. Prompt kletterte der Aktienkurs gegenüber dem Wochenanfang um 42 Prozent. Auslöser war Mike Homer, Net- scapes Executive Vice-President. Dieser sagte in einem Fernsehinterview, Netcenter solle durch zusätzliche News- und Unterhaltungsangebote aufgewertet werden. Analysten lasen daraus ab, die Barksdale-Company sei auf der Suche nach einem Investor oder sogar einem Übernahme-Interessenten. Bisher gibt es keine konkreten Anzeichen über solche Vorhaben. Disney jedenfalls wurde bereits anderweitig aktiv: Seit Juni hält das Unternehmen 43 Prozent des Suchdiensteanbieters Infoseek. Kurz zuvor hatte sich NBC 19 Prozent der Portal-Site "SNAP" der US-Mediengesellschaft Cnet Inc. gesichert.