Was ist eine Hybrid Cloud?

16.12.2023
Von 
Dr. Alex Ortner ist Location Lead Frankfurt bei der Thinkport GmbH.
Hybrid Cloud - welche Vorteile bietet sie Unternehmen? Wie unterscheiden sich Hybrid und Multi-Cloud?
Hybrid Cloud - das Beste aus zwei Welten?
Hybrid Cloud - das Beste aus zwei Welten?
Foto: bangoland - shutterstock.com

Hybrid Cloud - Definition

Eine Hybrid-Cloud-Architektur ist eine Kombination aus mindestens einer öffentlichen Cloud und einer privaten Cloud. Diese sind miteinander verbunden, um ein einheitliches Cloud-Ökosystem zu bilden. Diese Art von Architektur ermöglicht es Unternehmen, die Vorteile beider Cloud-Typen zu nutzen, um ihre IT-Infrastrukturanforderungen besser zu erfüllen.

Hybrid vs. Multi Cloud

Im Fall einer Multi-Cloud-Architektur werden demgegenüber ausschließlich mehrere öffentliche Clouds gleichzeitig in einem Unternehmen verwendet. Zum Beispiel Azure und AWS. Bei einer Multi-Cloud-Architektur besteht keine feste Netzwerkverbindung und Sicherung zwischen den Clouds. Stattdessen kommunizieren lediglich die einzelnen Services jeder Cloud miteinander.

Hybrid-Cloud-Architektur - Vorteile

Eine Hybrid Cloud bietet Unternehmen die Möglichkeit, die bekannten Vorteile der öffentlichen Cloud zu nutzen. Hierzu zählen beispielsweise Skalierbarkeit und Flexibilität, um Spitzenlasten abzudecken oder geografische Standorte zu bedienen (auch als Edge Cloud bekannt). Gleichzeitig kann sie die spezifischen Anforderungen hinsichtlich Datenschutz, Compliance und Kontrolle erfüllen.

Ein Beispiel hierfür: Eine Organisation kann eine private Cloud für sensible Daten und Anwendungen nutzen, während sie eine öffentliche Cloud für weniger kritische Workloads wie Webanwendungen oder Entwicklungsumgebungen einsetzt. Zusätzlich kann sie externe Ressourcen für rechenintensive monatliche Risikoanalysen (etwa im Bankensektor) hinzuziehen.

Hybrid Cloud - Nachteile

  1. Kosten: Die Implementierungs- und Betriebskosten können höher sein als bei einer nicht-hybriden Lösung.

  2. Komplexität: Die Planung, Architektur und das Sicherheitskonzept einer Hybrid Cloud sind komplexer und erfordern entsprechende Fachkenntnisse.

  3. Sicherheit: Die Sicherheitsanforderungen können schwieriger umsetzbar sein, da verschiedene Lösungen für Verschlüsselung und Zugriffskontrolle in Verbindung mit privaten und öffentlichen Clouds erforderlich sind.

  4. Netzwerkstabilität: Die Zuverlässigkeit und Stabilität des Netzwerks hängt von einer stabilen Verbindung zwischen dem eigenen On-Premises-System und der öffentlichen Cloud ab.

  5. Expertise: Die Implementierung und Verwaltung einer Hybrid Cloud erfordert Fachkenntnisse sowohl in der bestehenden privaten Cloud (Systemadministratoren, Kubernetes-Administratoren, Sicherheits- und Netzwerkexperten) als auch in der ausgewählten öffentlichen Cloud (zertifizierte Architekten, Sicherheitsspezialisten und Ingenieure).

  6. Zusätzlich sind die Implementierung, Verbindung und Betrieb einer Hybrid Cloud aufwändig. Hierzu zählen höhere Kosten sowie größerer Komplexität bei der Planung und Wartung, erhöhte Sicherheitsrisiken, größerer Ressourcen- und Zeitaufwand sowie zusätzlicher Personalaufwand und Expertise.

Hybrid Cloud - typische Anwendungsfälle

Die genannten Vorteile der Hybrid Cloud bieten Unternehmen eine Vielzahl von Use Cases, um verschiedene Technologien und Anwendungen optimal zu nutzen. Hierzu zählen diese typischen Anwendungsfälle der Hybrid Cloud:

  • Big Data: Die Verarbeitung großer Datenmengen erfordert erhebliche Rechenleistung und Speicherressourcen. Eine Hybrid Cloud ermöglicht es Unternehmen, ihre bestehende Infrastruktur mit öffentlichen Cloud-Diensten zu erweitern, um Big-Data-Analysen durchzuführen. Sensible Daten können in der privaten Cloud gespeichert und gleichzeitig die Skalierbarkeit und Flexibilität der öffentlichen Cloud genutzt werden, um komplexe Analysen durchzuführen und wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen.

  • IoT (Internet of Things): Das Internet der Dinge generiert enorme Mengen an Daten, die oft in Echtzeit verarbeitet und analysiert werden müssen. Eine Hybrid Cloud ermöglicht es, die IoT-Infrastruktur mit der öffentlichen Cloud zu verbinden, um die Datenverarbeitung, Analyse und Reaktion in Echtzeit zu verbessern. So profitieren Unternehmen von der Skalierbarkeit und Verarbeitungskapazität der Public Cloud, um Spitzenlasten zu bewältigen.

  • KI/ML (Künstliche Intelligenz / Maschinelles Lernen): Die Entwicklung und Bereitstellung von KI- und ML-Anwendungen erfordert oft umfangreiche Rechenressourcen und spezialisierte Infrastruktur. Eine Hybrid-Cloud-Architektur ermöglicht es, Ressourcen für das Training und die Inferenz von Modellen bereitzustellen.

  • Moderne Apps (Web/Mobile): Die Entwicklung und Bereitstellung moderner Anwendungen erfordern eine agile Infrastruktur, um schnell auf sich ändernde Anforderungen reagieren zu können. Eine Hybrid Cloud ermöglicht skalierbare und flexible Umgebungen für die Entwicklung, Bereitstellung und Skalierung von Web- und mobilen Anwendungen.

  • Serverless betriebene Microservices: Die Entwicklung und Bereitstellung von Microservices bieten den Vorteil, Anwendungen in kleinere, unabhängig voneinander bereitstellbare Einheiten zu zerlegen. Microservices können sowohl in der privaten als auch in der öffentlichen Cloud betrieben werden.

Hybrid-Cloud-Architektur - Herausforderungen

Bei der Implementierung einer hybriden Cloud-Architektur gilt es, eine nahtlose Integration und reibungslose Funktionsweise sicherzustellen. Einige der wichtigsten technischen Herausforderungen sind:

  • Netzwerkkonnektivität: Geeignete Netzwerkprotokolle, Sicherheitsmechanismen und Überwachungstools sind zu implementieren, damit Daten sicher und zuverlässig zwischen den Cloud-Umgebungen übertragen werden. Eine Möglichkeit ist die Verwendung dedizierter "Standleitungen" (etwa Azure ExpressRoute, AWS Direct Connect, Google Cloud Platform Interconnect), die eine direkte Verbindung zwischen dem eigenen Rechenzentrum und der öffentlichen Cloud ermöglichen, ohne das öffentliche Internet zu nutzen.

  • Interoperabilität: Eine hybride Cloud-Architektur erfordert die Integration verschiedener Cloud-Plattformen, Betriebssysteme und Anwendungen. Ziel ist es, dass alle Systeme miteinander kompatibel sind und nahtlos miteinander arbeiten können. Cloud-agnostische Tools wie Kubernetes können dabei helfen, die Interoperabilität zwischen den Clouds zu erleichtern und eine einheitliche und einfache Verwaltung zu ermöglichen.

  • Datensicherheit: In einer hybriden Cloud-Architektur werden sensible Daten zwischen verschiedenen Cloud-Umgebungen übertragen. Geeignete Sicherheitsmechanismen, Verschlüsselungsprotokolle und Zugriffskontrollen stellen sicher, Daten vor unbefugtem Zugriff und Diebstahl zu schützen.

  • Skalierbarkeit und Leistung: Die Skalierbarkeit ermöglicht es, sich wechselnden Anforderungen anzupassen. Zudem sollte die Leistung überwacht und optimiert werden, um eine reibungslose Funktionsweise zu garantieren und Engpässe zu vermeiden.

  • Management und Überwachung: Geeignete Tools helfen, die Systeme zu überwachen, Probleme zu identifizieren und schnell zu beheben sowie den Ressourcenverbrauch und die Kosten zu optimieren. Ein zentrales Management- und Überwachungssystem kann dabei helfen, die Komplexität zu reduzieren und eine effiziente Verwaltung der hybriden Cloud zu gewährleisten.

Zusammengefasst erfordert die Implementierung einer hybriden Cloud-Architektur eine sorgfältige Planung, die die technischen Herausforderungen erfolgreich bewältigt und eine nahtlose Integration und reibungslose Funktionsweise gewährleistet. Gegebenenfalls bietet sich eine externe Beratung hierzu an.

Hybrid-Cloud-Betrieb - kulturelle Maßnahmen

Von großer Bedeutung für eine hybride Migration in die Cloud sind auch organisatorische Entwicklungen und kulturelle Veränderungen. Zur Ausschöpfung der Vorteile der öffentlichen Cloud sollten Unternehmen ihre Arbeitsweise, Prozesse und Unternehmenskultur anpassen. Dies sind die dringlichsten Aspekte der Organisationsentwicklung sowie des kulturellen Wandels:

  • Neudenken der Arbeitsweise: Die Einführung einer hybriden Cloud erfordert eine Abkehr von traditionellen IT-Methoden und die Umstellung auf agile Arbeitsweisen. Teams sollten in der Lage sein, schnell auf sich ändernde Anforderungen zu reagieren und flexibel auf neue Technologien und Lösungen umzusteigen. Also eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und des Lernens.

  • Veränderung der Prozesse: Interne Abläufe sind anzupassen, um die Vorteile der Cloud-Technologie zu maximieren. Dies kann zum Beispiel die Automatisierung von Prozessen, die Einführung von DevOps-Praktiken oder die Implementierung agiler Entwicklungsmethoden umfassen. Ziel ist die Unterstützung der Flexibilität und Skalierbarkeit der Cloud-Umgebung.

  • Kulturwandel: Es ist erfolgskritisch, eine Kultur der Zusammenarbeit, Offenheit und Innovation zu fördern. Mitarbeiter sollten ermutigt werden, neue Ideen einzubringen, Risiken einzugehen und Best Practices auszutauschen. Dazu gehört eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen und Teams.

  • Schulung und Weiterbildung: Oft fehlt es an den notwendigen Fähigkeiten für eine hybride Cloud-Umgebung. Schulungen und Zertifizierungen in Cloud-Technologien und -Lösungen können dazu beitragen, die Expertise im Unternehmen aufzubauen. Dies ermöglicht es den Mitarbeitern, die Herausforderungen der hybriden Cloud zu bewältigen und das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen.

  • Betriebs- versus Fachentwicklungsteams: Die traditionelle Trennung zwischen Betriebsteams und Fachentwicklungsteams sollte in Frage gestellt werden. Stattdessen sind Produktteams sind zu prüfen, die die gesamte End-to-End-Verantwortung tragen, von der Fachlichkeit bis zum Betrieb. Diese sogenannten DevOps-Teams vereinen Fachexperten, Entwickler und Betriebsspezialisten in einem gemeinsamen Team und fördern die Zusammenarbeit und Integration zwischen den verschiedenen Disziplinen.

Eine Hybrid-Cloud-Architektur ermöglicht es Unternehmen, die Vorteile sowohl der privaten als auch der öffentlichen Cloud zu nutzen. Dies ist besonders attraktiv für Unternehmen mit vorhandener IT-Infrastruktur, da sie bewährte Systeme weiterhin betreiben und gleichzeitig cloud-native Technologien für neue Lösungen einsetzen können. Jedoch erfordert die Implementierung einer Hybrid Cloud zusätzlichen Aufwand, um die verschiedenen Umgebungen sicher zu verbinden und robust zu betreiben. (mb)