Kurios

Warum eine App im App Store Tausend Euro kostet

27.04.2018
Von 
Halyna Kubiv ist Content Managerin bei der Macwelt.
Im App Store finden sich nicht nur reichlich nützliche Tools und spaßige Games, sondern auch ab und an Skurilles. Doch der hohe Preis für eine einfache Kalender-App hat einen Grund.

Die meisten Apps sind heutzutage im App Store kostenlos zu haben, lediglich eine Zeile in grauer Schrift weist darauf hin, dass In-App-Käufe möglich sind. Doch eine App hat uns stutzig gemacht, eine anscheinend recht einfache " Feiertage und Ferien"-App kostet momentan im App Store 999,99 Euro, also knapp einen Tausender. Ist es ein Betrugs-Versuch oder hat die App fortschrittliche Funktionen, die einen solchen hohen Preis rechtfertigen? Nun, keins von den Beiden, der Grund für den hohen Preis ist deutlich prosaischer.

Feiertage und Ferien
Feiertage und Ferien

Der Anbieter der App, Solid Apps GmbH, ist nach Angaben des Gründers Dr. Thomas May seit Anfängen der App Store dabei. Die "Feiertage und Ferien"-App startete im Store bereits 2008, mit einem für die Entwickler etwas überraschenden Erfolg. Die App mit dem Preis von zwei Euro hielt sich mehrere Monate lang in den Top-Charts der deutschen Apps. Dies verhalf der Sichtbarkeit, die Sichtbarkeit führte zu den Downloads. Soweit, so einfach. Die Explosion im App Store nach 2008 und bis rund 2013 führte zu etwas anderen Geschäftsmodellen: Eine App sollte unbedingt kostenlos sein, um überhaupt Sichtbarkeit zu erreichen. Anfang 2011 hat Apple die Möglichkeit von App-Abos vorgestellt, die sich mit der Zeit in die In-App-Käufe umwandelten. So hat Solid Apps GmbH eine zweite App ins Leben gerufen, die sich über In-App-Käufe monetarisierte. Der Entwickler stand jedoch vor dem Problem, die alte App aus dem Store zu entfernen, ohne Nutzer zu vergraulen:

"Nun haben aber selbst nach Jahren, in denen wir den Umstieg angekündigt und die alte App nicht mehr aktualisiert hatten, immer noch recht viele Anwender die App auf ihrem iPhone. Nach einem iOS-Update war sie am Ende nicht mehr funktionsfähig und wir erhielten dazu viele Support-Anfragen. Die Ankündigungen auf unserer Website und im Beschreibungstext der App im App Store hatten viele nicht gesehen.

Um diesen Anwendern den Umstieg noch nahezubringen, aber auch die Möglichkeit zu schaffen, dass die alte App weiter genutzt werden kann, haben wir uns entschlossen, sie doch noch einmal zu aktualisieren, so dass sie zumindest mit dem aktuellen iOS wieder funktioniert und nun auch innerhalb der App auf den Umstieg hinweist. Die Frage war nun, wie wir verhindern konnten, dass viele neue Anwender die alte App statt der neuen installieren. Die Lösung war für uns, dass wir den maximal möglichen Kaufpreis eingestellt haben. Dadurch konnten zwar die alten Käufer der App das Update noch erhalten, es haben aber keine neuen Anwender mehr die alte App gekauft."

Einer solchen Methode bedienen sich Händler im Amazon Marketplace, die bei Produkten, die kurzfristig nicht auf Lager sind, die guten Bewertungen und Praxis-Berichte nicht verlieren wollen: Das Produkt bleibt online und somit die Bewertungen, der Preis ist so hoch, dass der Kunde logischerweise zu einer günstigeren Alternative greift. Bei Solid Apps GmbH scheint die Methode ebenfalls ganz gut zu funktionieren: Nur einmal gab es einen "Unfall" und der Nutzer hat aus Versehen die teure App gekauft. Zusammen mit dem Apple Support wurde das Problem gelöst.

Die Frage bleibt jedoch, ob Apple die Entwickler in solchen Fällen wie bei Solid Apps GmbH nicht besser unterstützen konnte. Denn eine neue App zu gestalten und in den Store zu bringen ist wenn nicht leicht, dann zumindest sehr gut dokumentiert, sowohl bei Apple Developers als auch auf anderen Entwickler-Plattformen. Es scheinen jedoch selbst nach zehn Jahren App Store bequeme Mechanismen zu fehlen, eine alte App aus dem Store zu nehmen und zumindest die Nutzer darüber zu benachrichtigen. Apple wird sich nach wie vor weigern, die Nutzer-Daten an die Entwickler weiter zu geben. Aber eine kurze Mail an die Apple ID oder eine Benachrichtigung vom App Store sollte schon möglich sein: "Der Entwickler der App "XY" hat sie aus dem App Store entfernt. Damit du die App weiter nutzen kannst, synchronisiere sie mit iTunes. Die neuere Version "XY 2" gibt es schon bei uns im App Store".

Wie dem auch sei, selbst mit beschränkten Funktionen der Anfangsjahre im App Store und den heutigen Schwierigkeiten mit den alten App wurde der Erfolg von "Feiertage und Ferien" für den Entwickler zu einem Sprungbrett in die neue Welt: Dieser Erfolg wurde für Dr. Thomas May zum Anlass, den damaligen Job in der Industrie zu kündigen und sich mit der Solid Apps GmbH selbstständig zu machen.

"Feiertage und Schulferien" (kostenlos) im App Store
(Macwelt)