War alles falsch, Trauerwein?

15.05.1992

Sebastian Trauerwein schweigt. Aber im Vertrauen gesagt: Es gibt ihn gar nicht -jedenfalls nicht mehr in der ursprünglichen fachliterarischen Form als eine Mischung aus Fast-wie-im-richtigen-DV-Leben- und Kenn'Se-den-Zitaten. Trauerwein kennt sich selbst nicht mehr. War alles falsch, was in der zentralen DV/Org.-Abteilung gemacht wurde? Populär ist doch die Behauptung, durch Outsourcing ließe sich die DV-Krise überwinden. Daß damit die DV-Spezialisten beim Anwender abgewatscht werden, wen juckt das schon! Die DV-Hersteller am allerwenigsten. Merke: Den Debis' und EDS' dieser verkehrten DV-Welt kann man noch viele Mainframes verkaufen, ohne sich über Down-, Right- oder Ich-weiß-nicht-was-Sizing streiten zu müssen. Man schaue sich an, welche Hardware in den Rechenzentren der großen Outsourcing-Anbieter installiert ist.

Gut, beim Service-RZ bringt's die Auslastung - und damit haben die DV-Dienstleistungsunternehmen allenfalls ein Akquisitionsproblem. Daß dieses von den Outsourcing-Anbietern gerne unterschätzt wird, kann Herstellern (Lieferanten) wie Anwendern (Kunden) letztlich egal sein. Der Markt wird's schon richten. Mit unserer War-alles-falsch-Frage hat das nichts zu tun.

Was aber das direkte Hersteller-Anwender-Verhältnis betrifft, so galt Overselling immer als Kavaliersdelikt-eine gefährliche Verharmlosung. Die Partnerschaft gründete auf einer fahrlässigen Verkäuferaussage, daß nämlich die DV-Folgekosten (Anwendungen und vor allem Personal) nicht bestimmbar seien. Die Hersteller wußten, was sie verschwiegen - die DV-Spezialisten beim Kunden hatten es auszubaden. Das Ergebnis, siehe Outsourcing-Diskussion, kennen wir. Aber kennen wir auch das Rezept, es in Zukunft anders zu machen, besser zu machen?

War alles falsch, Trauerwein? Nun, zumindest diesen Schuh muß sich unser Anonymus anziehen -und nicht nur er: über Gebühr loyal gewesen zu sein, ohne selbst Loyalität beim Hersteller mit Nachdruck eingefordert zu haben. Dennoch: Kein DV-Entscheider wird sich darauf herausreden können, sein Lieferant habe ihn ausgenutzt. Das Kleingedruckte in Kaufverträgen kennt den Begriff "Vertrauen" nicht.

Das Loyalitätsargument gilt natürlich auch gegenüber dem eigenen Management. Bezogen auf die Outsourcing Alternative: Wieder wird von den Anbietern nur eine Seite der Medaille gezeigt - als ob es bei ihnen keine DV-Personalprobleme gebe. Tröstet sich Trauerwein: Kein Vorstand, kein Geschäftsführer wird sich darauf herausreden können, der Anbieter habe ihn über den Tisch gezogen. Das Kleingedruckte in Outsourcing Verträgen kennt den Begriff "Unmündigkeit" nicht. Aber wem sagen wir das! Ja, wem sagen wir das?