Mobile Commerce/Broker und Auktionshäuser sind die Vorreiter

WAP treibt das Mobile Business voran

18.08.2000
Trotz der geringen Bandbreite stellt sich die WAP-Technologie als Schrittmacher für das Mobile Business heraus. Bis zur Verfügbarkeit von breitbandigen Datenfunkdiensten hat sie lediglich den Stellenwert einer Zwischenlösung, da der Bedarf an extrem auf Lastreduzierung ausgelegter Darstellungssprache rapide absinken wird, sobald neue Technologien wie UMTS für flächendeckende hohe Bandbreiten sorgen. Dennoch arbeiten Broker und Auktionshäuser bereits mit WAP-Anwendungen. Thomas Zeller* kennt einige davon.

Die Unternehmen müssen sich sehr genau überlegen, ob und wie intensiv sie sich auf die wenig zukunftssicheren WAP-Lösungen einlassen. Sicher ist jedoch, dass WAP für spezifische Anwendungen einen hohen Mehrwert bieten kann, der über die reine Mobilität hinausgeht. Dies belegt die hohe Akzeptanz zahlreicher Kunden beispielsweise des Auktionshauses Offerto.de in Regensburg, die via WAP bereits an Online-Auktionen teilnehmen.

Warum setzen Unternehmen die WAP-Technologie ein? Hierfür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, die eigene Bereitschaft zur technischen Innovation zu dokumentieren, auch wenn der Mobile Commerce bald den WAP-Kinderschuhen entwachsen sein wird. Ein anderes Motiv ist, das Corporate Image jugendlich-technikbetont aufzupolieren, indem man sich als Unterstützer innovativer Techniken präsentiert. Dieser Gedanke mag auch bei der Entscheidung der Franchise-Rufpizza-Kette Joey, WAP-Bestellungen zu ermöglichen, mitgespielt haben. Ein anderer Mehrwert im Vergleich zur telefonischen Bestellung besteht natürlich auch: Immerhin haben Joey-Kunden eine schriftliche Speisekarte vor sich, und dank Rufnummer- und Adressenabgleich entfällt das lästige Buchstabieren der genauen Anschrift.

Auf der anderen Seite gibt es Branchen, in denen Mobile Commerce in absehbarer Zeit kaum größere Bedeutung erlangen wird. Damit gemeint sind Geschäftsfelder, in denen keine termingebundenen oder spontanen Kaufhandlungen üblich sind. Beispielsweise dürfte diese neue Spielart des E-Commerce für ein Möbelhaus wenig Sinn machen. Eine neue Küche wird, sofern sie überhaupt mit den Möglichkeiten der New Economy geordert wird, eher nach längerer Entscheidungsphase gemütlich vor dem heimischen Farbbildschirm bestellt und nicht während der Kantinenpause. Ähnliches dürfte auch für Studienreisen gelten, die man wohl auch eher in aller Ruhe auswählt.

Für Broker und Kurzentschlossene aus anderen Berufen dagegen ist es naheliegend, Last-Minute-Angebote, Business-Flüge oder spontane Kurztrips über WAP buchbar zu machen. Hier geht es darum, innerhalb eines eng begrenzten Zeitfensters die elektronische Willenserklärung zu vollziehen. Eine Rückkehr zum Home- oder Office-PC könnte zu lange dauern. Lastminute.com zum Beispiel hat als erster deutscher E-Commerce-Anbieter Hotel- oder Flugbuchungen via WAP im Programm.

In kaum einem anderen Bereich wird mit größerem Termindruck gearbeitet als im Aktienhandel. So war es nur konsequent, dass der Discount-Broker Consors bereits sehr früh die WAP-Möglichkeiten zu nutzen begann. Schon seit August 1999 war es möglich, mit entsprechenden Endgeräten, die zu diesem Zeitpunkt quasi noch gar nicht öffentlich verfügbar waren, aktuelle Kursstände abzufragen. Den wirklich großen Schritt machte man indes Anfang 2000: Seit der CeBIT 2000 ist bei dem Broker auch volles Trading über WAP möglich.

Die Vorteile für den Kunden liegen auf der Hand: Er muss sich nicht durch die Menüs des Phone-Computers hangeln, sondern kann bequem auf dem Display seines WAP-Telefons schriftlich verfolgen, in welcher Abfragemaske er sich befindet. Dies macht den Handel nicht nur komfortabler, sondern beschleunigt ihn auch. Derzeit nutzen rund 2000 Consors-Kunden den WAP-Handel. Diese Zahl ist angesichts der Gesamtzahl an Nutzern zwar verschwindend klein, aber man darf nicht vergessen, dass M-Commerce erst vor ganz kurzer Zeit angelaufen ist. Für manche Bank- Fachleute steht heute außer Frage, dass der mobile Handel den Durchbruch über die Broker-Banken machen wird, erst recht, wenn schnellere Datenverbindungen zur Verfügung stehen werden.

Die Geschäftsaktivitäten von Offerto.de beziehen sich auf einen ganz anderen Sektor. Das Regensburger Auktionshaus wickelt Internet-Versteigerungen ab, ermöglicht also den Handel gegen Höchstgebot, wobei eine zeitliche Fixierung für das letzte Gebot vorliegt. Um sich stärker von konkurrierenden Versteigerungsplattformen abzusetzen, wurden die Zugriffsmöglichkeiten auf das Online-Auktionsangebot durch die Einrichtung von WAP-Auktionen erweitert. Unter der Internet-Adresse http://wap.offerto.de kann jedermann mitsteigern, wenn er ein WAP-fähiges Endgerät besitzt. WAP gibt es auf verschiedenen Ebenen. Selbstverständlich ist es möglich, sich ganz generell über das Auktionsangebot zu informieren, beispielsweise über die HTTP-Plattform.

Darin liegt derzeit jedoch nicht die Hauptanwendung des M-Commerce im Auktionsgeschäft. Solange auf den Handys nicht genug Bandbreite zur Verfügung steht und Datenfunk viel zu teuer ist, werden die Kaufinteressenten und Schnäppchensucher eher von zu Hause oder vom Büro aus nach Gegenständen aus ihren Interessengebieten stöbern. Lohnender noch sind die Last-Minute- und One-Hour-Auktionen sowie beispielsweise auch der My-Offerto-Bereich.

Last-Minute-Auktionen sind Versteigerungen, die innerhalb der nächsten fünf Minuten auslaufen. Das Stöbern bei diesen Auktionen erscheint besonders reizvoll, da regelmäßig interessante Angebote ganz ohne Gebot oder mit verhältnismäßig niedrigem Gebot ersteigert werden können. Ähnlich verhält es sich bei One-Hour- oder Reverse-Auktionen, bei denen Zeit, Cleverness und schnelle Reaktionen erforderlich sind. Man kann also hier oft ein Schnäppchen machen, wenn man innerhalb der letzten fünf Minuten einer bestimmten Auktion über einen WAP-Zugang verfügt. Nicht zu vergessen ist, dass via WAP-Handy die Auktion aktiv verfolgt werden kann, während der PC für andere Aufgaben benutzt wird.

Noch attraktiver als der "Einkaufsbummel" in den Last-Minute-Auktionen ist freilich das Verfolgen der Versteigerungen, an denen man selbst in irgendeiner Weise beteiligt ist, sei es als Verkäufer, als Bieter oder als bloßer Interessent. Hierfür gibt es sowohl unter HTTP als auch unter WAP einen eigenen Bereich. Ein Service stellt eine über das Web konfigurierbare Artikel-Watchlist und Rubriken-Watchlist bereit und ermöglicht dem Benutzer, laufende Auktionen live zu verfolgen. Hierbei werden alle Artikel angezeigt, bei denen er im Augenblick mitbietet. Dadurch behält der Auktionsteilnehmer nicht nur alle Artikel im Überblick, sondern wird sofort informiert, wenn er überboten wurde oder das Gebot noch hält. Ebenso können alle laufenden Artikel, die man im Augenblick anbietet, angezeigt werden. Eine Suchfunktion steht ebenfalls zur Verfügung. Sie ermöglicht die vollständige Kontrolle des Auktionsgeschehens durch die Beteiligten, ohne dass sie an die Verfügbarkeit eines Internet-Zugangs gebunden wären.

Auch nicht-mobile Benutzer können mitsteigern: Man benennt dem Agenten ein Höchstgebot, bis zu dem man mitzugehen bereit ist. Dieses Höchstgebot wird nicht sofort gemacht, sondern der aktuelle Bieter wird nur um den kleinstmöglichen Betrag überboten. Sooft es durch neuerliche Gebote nötig wird, greift der Agent wiederum ein und schraubt das gültige Gebot so weit nach oben, bis das eingetragene Höchstgebot erreicht ist.

Im letzten Moment ins Geschehen einklinkenStreng genommen würde also der Agent den WAP-Zugriff unnötig machen. Dabei wird allerdings die menschliche Psyche ignoriert: Es ist nicht so, dass jeder Steigerer tatsächlich das maximale Gebot, bis zu dem er gehen würde, als Höchstgebot beim Agenten einträgt. Sehr viele der Offerto-Nutzer überbieten das letzte Gebot um eine geringe Summe, ohne ein weiteres Höchstgebot zu programmieren. Wird ihr Gebot wiederum überboten, werden sie ihrerseits reagieren, so lange, bis die Auktion abgelaufen ist. Bei diesem Modell ohne Einsatz des Agenten hat derjenige Bieter einen großen Vorteil, der im Voraus weiß, dass er unmittelbar vor dem Ablauf der Auktion ein weiteres Gebot einreichen kann. Ein solcher Bieter kann den Auktionsvorgang ohne Beteiligung beobachten - was am komfortabelsten mit einer Watchlist funktioniert, um sich dann im letzten Moment ins Geschehen einzuklinken und das Höchstgebot abzugeben. In der "Prä-WAP-Zeit" stand diese Möglichkeit allein demjenigen offen, der zufälligerweise zum Zeitpunkt des Zuschlags über die Möglichkeit eines (stationären) Internet-Zugangs verfügte. Mit einem WAP-Engagement lässt sich Chancengleichheit zwischen den Bietern herstellen und zudem ein höchst interessantes Zusatzfeature anbieten.

*Thomas Zeller ist Gründer und Geschäftsführer des Online-Auktionshauses Offerto mit Sitz in Regensburg.