Pariser Stadtverwaltung entscheidet sich gegen Data General, Bull und Sperry:

Wang Office sucht Renommee im "Hotel de Ville"

14.03.1986

PARIS (sch) - Am "elektronischen Hebel der Macht" in der Pariser Stadtverwaltung präsentierte sich jetzt die Wang France SA. Das Rathaus und die ihm angeschlossenen Amtsstuben werden nämlich ihre Bürokommunikation über die Wang-Systeme VS 85 abwickeln. Im Kopf-an-Kopf-Rennen mit den ebenfalls in die engere Wahl gezogenen Anbietern Data General, Bull und Sperry konnte Wang eigenen Angaben zufolge hauptsächlich deswegen siegen. weil die mitgelieferte Software trotz der "komplizierten lokalpolitischen Schaltkreise" als Standardprodukt eingesetzt werden kann.

Mit den Wang-Anlagen gewinnt in der französischen Hauptstadt, die zugleich auch ein Departement mit 20 Arrondissements (Bezirken) abgibt, das als "Lama" titulierte Kommunikationskonzept an Boden. Lama steht für "Liaisons avec les mairies d'arrondissements", was zu deutsch "Verbindungen mit den Bürgermeistereien der Stadtbezirke" heißt. Es dient dazu, den Informationsaustausch zwischen dem "Conseil des mairies d'arrondissements" (Rat der Stadtbezirksbürgermeistereien), dem "Conseil de Paris" (Stadtrat) und den insgesamt 13 Verwaltungsdirektionen zu automatisieren.

In der Endausbaustufe 2000 Terminals

Im Moment steckt das ganze Projekt allerdings noch in den Kinderschuhen. So verfügt das "Hotel de Ville" (Rathaus) derzeit erst über eine Wang VS 85 mit 2 MB Hauptspeicherkapazität, zwei 75-MB-Platten und zwei 300-MB-Platten, über drei Drucker und 20 Datenendgeräte vom Typ 4230. Zu den bereits praktizierten Anwendungen zählen Beschlußfassungen im Stadtrat und die Vorbereitung von Sitzungen dieses Gremiums.

Auf die Installation im "Sécrétariat général (Hauptbüro) des Rathauses folgen zunächst Systemimplementierungen in der Abteilung für städtische Hauptverwaltung, der Direktion für Bau- und Wohnungsangelegenheiten und im Straßenbauamt. Es ist geplant, die einzelnen Geräte über das öffentliche Transpac-Netz (Datex-P) miteinander zu verbinden. Langfristig gesehen sollen rund 2000 Terminal-Arbeitsplätze eingerichtet werden. Auch Kopplungen an SNA Bildschirmtext und diverse Mikros stehen nach Angaben von Odile Martin, die für das Lama-Projekt verantwortlich ist, ins Haus.

Die außer dem Wang-System schon vorhandene Hardware kommt in erster Linie aus den Häusern IBM und Honeywell Bull. Zu den installierten Maschinen gehören unter anderem die Modelle IBM /370, Bull 61 DPS und Bull DPS 6. Die Zahl der daran angeschlossenen Bildschirme macht sich mit 950 (Ende 1985) jedoch im Vergleich zu der Zahl der im Stadtverwaltungsbereich als "Bürokraten" beschäftigten 13 000 bis 14 000 Beamten noch recht bescheiden aus. Als klassische Anwendungsfelder gelten die Lohnbuchhaltung, die Erstellung von Wählerlisten, die Sozialfürsorge und das Standesamtwesen.

Insgesamt befinden sich derzeit in der französischen Stadtverwaltung 75 Applikationen im Einsatz. Die Systemdichte einschließlich Software und Terminals soll so wie im OA- beziehungsweise Lama-Bereich in der nächsten Zeit drastisch zunehmen. Die auf die VS-Anlagen zugeschnittene weiche Ware für Bürokommunikation, genannt Wang Office, ist mit den Funktionen Mitteilung, Zeitplanung, Archiv, Teilnehmerverzeichnis und Anlegung von Folgedateien ausgestattet. Für die Belange von Paris wurde sie um ein Textverarbeitungsprogramm und einen lexikalischen Teil erweitert.

Diese Modifikation ging ohne den Einsatz der traditionellen Programmiersprache über die Bühne. Gerade darin sieht die Stadtverwaltung der französischen Metropole, die den Aufwand und die Kosten für eine maßgeschneiderte Software scheute, den großen Vorteil des eingekauften Systems.