Erster "Oskar" für den NDR-Beitrag "Der Kleine Bruder":

Wang-Journalistenpreis wird feste Einrichtung

28.03.1986

HANNOVER (sch) - Für seinen Fernsehbeitrag "Der Kleine Bruder" erhielt der NDR-Redakteur Reinhard Kahl in der Stadthalle von Hannover den ersten Wang-Journalistenpreis. Von nun an soll diese Auszeichnung der schreibenden und sendenden Zunft im Bereich Computertechnik jährlich winken.

In dem Mitte 1985 ausgestrahlten Film dreht es sich in erster Linie um den Nutzen, der kleinen und mittleren Betrieben aus den dort bis dato noch dünn gesäten DV-Applikationen erwächst. Dabei versuchte Reinhard Karl aufzuzeigen, das die Scheu vor dem Rechner als Jobkiller unbegründet ist und mit Hilfe der Datenverarbeitung beziehungsweise Bürokommunikation in einem Unternehmen althergebrachte Hierarchien verändert werden können.

Der Preisträger des Stückes gehört übrigens zu den vielen "Spätzündern" im DV-Journalismus. So berichtete er zunächst über Themen aus den Gebieten Bildung, Soziologie und Jugend. Wegen der laut Wang "hohen Qualität" der eingesandten Arbeiten - rund 150 an der Zahl - hat das Unternehmen neben dem 10 000-Mark-Preis noch zwei mit jeweils 2500 Mark dotierte Sonderpreise vergeben. Einer davon ging an die freie Fachjournalistin Ellen Vakily aus München. Ihr Beitrag, den die "microcomputerwelt" Anfang vergangenen Jahres veröffentlichte, beschäftigt sich unter dem Titel "Ich sehe nur noch in Flußdiagrammen" kritisch mit der Arbeitssituation von Programmierern. Den zweiten Sonderpreis bekam Karl O. Stadtherr, Pressesprecher bei Telenorma, für den Artikel "Fest im Griff". Behandelt werden darin die Themen Expertensysteme, optische Rechner und Biocomputer.

Zu der im Zuge des Journalistenwettbewerbs gebildeten Jury zählen Dieter Balkhausen (Ressortleiter ZDF), Peter Gillies (Stellvertretender Chefredakteur der Tageszeitung "Die Welt"), Rudolf Mühlfenzl (Präsident der Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien), Professor Wolfgang Weber (Lehrstuhl für Informatik an der Universität Bonn), Dieter Eckbauer (Redaktionsdirektor CW-Publikationen), Richard Kerler (Redaktionsdirektor im Vogel-Verlag), Fides Krause-Brewer (Wirtschaftsredakteurin beim ZDF), Peter Radunski (Bundesgeschäftsführer CDU), Professor Gertrud Höhler (Universität Paderborn), Klaus Ullrich (Ressortleiter Westdeutscher Rundfunk) und Helmut Haussmann (Generalsekretär der FDP). Der Schirmherr des neuen Wang-Preises war der Bundesarbeitsminister Norbert Blüm.

Es ist geplant, den Journalistenwettbewerb jährlich zu wiederholen. Weiterhin sollen Leistungen honoriert werden, die sich publizistisch mit den technischen Entwicklungstendenzen von Computer- beziehungsweise Bürokommunikationssystemen, deren Auswirkungen auf den Arbeitsplatz und auf gesellschaftliche Strukturen sowie den pädagogischen Aspekten der neuen Informations- und Kommunikationstechniken auseinandersetzen.

Semantisches Feld mit giftigen Blüten

Der Geschäftsführer der Wang Deutschland GmbH aus Frankfurt, Dieter Basziszta, führte bei der Preisverleihung in diesem Zusammenhang aus, daß die Mitwirkung der Publizistik zur Durchsetzung der neuen DV-Techniken jedoch nicht zur Bildung von elitären Sprachinseln und Worthülsen führen darf. "Es gibt eine Vielzahl von Schaumstoffwörtern gerade in unserem Bereich, die der Wirklichkeit ihren Ausdruck nehmen wollen. Ein großes semantisches Feld mit schönen schillernden und auch giftigen Blüten tut sich vor uns auf. Wir tun uns aber keinen Gefallen damit, diese Wörter inhaltlich nicht zu präzisieren und unverständlich auszudrücken."