Vorsprung fuer Peoplesoft in puncto Funktionalitaet SAP-Grosskunde Siemens geht bei der Personalsoftware fremd

28.10.1994

MUENCHEN (hv) - Die Muenchner Siemens AG, groesster deutscher Kunde der SAP AG, hat eine konzernweite Entscheidung fuer die Personalverwaltungs-Loesung des US-Softwarehauses Peoplesoft gefaellt. Siemens begruendet die Wahl schlicht mit der besseren Funktionalitaet der Software.

Rund vier Millionen Mark ist der Auftrag wert, der den Walldorfern verlorenging - eine Summe, die die Softwerker zur Zeit leicht verschmerzen koennen (siehe Kasten). Weit schlimmer wiegt wohl der Prestigeverlust fuer das groesste deutsche Softwarehaus.

Siemens-Managerin Ursula Fellberg, verantwortlich fuer die Organisation und Informationsverarbeitung im Personalbereich und somit fuer die Projektsteuerung des Peoplesoft-Einsatzes, nennt die Erfahrung des US-Softwarehauses bei der Verarbeitung grosser Datenmengen in Client-Server-Umgebungen als einen der wichtigsten Gruende fuer die Entscheidung. Man wolle die DV-Unterstuetzung im Personalbereich prozessorientiert ausrichten und dabei mit einem einschlaegig erfahrenen Anbieter zusammenarbeiten.

"Ein wichtiger Entscheidungsfaktor war, dass einige unserer US- Gesellschaften im Personalbereich bereits Peoplesoft-Software einsetzen", kommentiert Fellberg. "Das kommt unserer Zielsetzung entgegen, ein weltweites Personalinformations-System einzufuehren."

Die Wahl schmaelere keineswegs die Bedeutung, die der Siemens- Konzern der SAP-Software beimesse. Man arbeite weiterhin in geschaeftskritischen Bereichen wie Rechnungswesen, Fertigungssteuerung oder Materialwirtschaft mit den Produkten der Walldorfer, die damit der wichtigste Softwarelieferant blieben.

Das Argument, Siemens muesse Nachteile hinnehmen, weil die Peoplesoft-Loesung nicht in die SAP-Welt hineinpasse, laesst Fellberg nicht gelten, da die gesamte Loesung aus Komponenten mit definierten Interfaces bestehe.

"Die Realisierung von Schnittstellen wird durch vorhandene Peoplesoft-Tools unterstuetzt", betont Fellberg. Es gebe eine Reihe von Unternehmen, die die Finanzsoftware von SAP und den Human- Resource-Baustein von Peoplesoft verwendeten. Ausserdem habe Peoplesoft zur Zeit insofern Vorteile, als sich eine Workflow- Komponente einbinden lasse.

SAP-Pressesprecher Michael Pfister zeigt sich gelassen ob der Untreue des groessten deutschen Kunden. Daran werde die SAP nicht zugrunde gehen. Allerdings raeumt er ein: "Es ist schon schmerzhaft, wenn wir zu Hause so einen Auftrag verlieren." Der Walldorfer macht das Beste aus der Niederlage, indem er argumentiert: "Es zeigt, dass wir nicht der Monopolist sind, fuer den wir oft gehalten werden." Das Nachsehen habe nun Siemens: Die SAP-Loesung stehe der Peoplesoft-Variante funktional in nichts nach, allerdings werde Siemens einige integrationsbedingte Synergien nicht nutzen koennen.

Der Hoehenflug der SAP dauert an

Die SAP AG hat in den ersten neun Monaten des Geschaeftsjahres 1994 mit 1,14 Milliarden Mark bereits einen hoeheren Umsatz erzielt als im gesamten letzten Jahr (1,10 Milliarden Mark). Das Ergebnis der gewoehnlichen Geschaeftstaetigkeit erhoehte sich im gleichen Zeitraum um 194 Prozent auf 262 Millionen Mark. Der Auftragseingang bei Produkten stieg um 107 Prozent.