Von der PKI AG bleibt nur ein Drittel uebrig AT&T kauft sich bei Philips die Eintrittskarte ins GSM-Geschaeft

04.08.1995

MUENCHEN (CW) - Philips wird sich von dem Geschaeftsbereich "Oeffentliche Netze" und damit von rund 2000 Mitarbeitern der deutschen Tochter Philips Kommunikations Industrie AG (PKI), Nuernberg, trennen. Sie stehen dann bei der AT&T Corp. auf der Payroll, die sich damit den Zugang zum GSM-Markt erkauft.

Ob Lars Nyberg bei dem geplanten Deal zwischen Philips und AT&T seine Finger im Spiel hatte? Der frischgebackene CEO und Chairman von AT&T GIS tauschte vor wenigen Wochen die Position als CEO und Chairman des Philips-Geschaeftsbereichs Communication Systems mit dem Chefsessel bei der AT&T-Tochter. Allerdings wird der von dem amerikanischen TK-Konzern erworbene Bereich Oeffentliche Netze nicht in seinen neuen Verantwortungsbereich fallen, sondern vermutlich in die Organisationsstruktur von AT&T Network Systems eingegliedert.

Die Uebernahme der Geschaeftsgebiete Funkinfrastruktur-, Netzwerk- und Uebertragungssysteme sowie der Richtfunkttechnik durch AT&T soll den beiden Unternehmen zufolge bis zum Jahresende unter Dach und Fach sein. Nicht betroffen sind die PKI-Divisionen Personal Communications (GSM-Handies, Pager, Telefone), Business Communication Systems (Nebenstellenanlagen), Data Communications (Modems, Multiplexer) sowie Private Mobile Radio (Buendelfunk, Betriebsfunk) und Smart Cards. Sie bleiben bei der Philips-Einheit Communication Systems. Finanzielle Details gaben die Beteiligten nicht bekannt.

Laeuft fuer Philips und AT&T alles nach Plan, werden rund 2000 Mitarbeiter der PKI AG, Nuernberg, einen neuen Arbeitgeber bekommen - ebenso rund 1000 Beschaeftigte von Telecommunications Radioelectriques et Telephoniques (TRT), Paris. Diesen beiden Philips-Toechtern war der Geschaeftsbereich Oeffentliche Netze zugeordnet.

PKI konzentriert sich auf die Endverbraucher

Bei der PKI AG verbleibt eine Restbelegschaft von 1200 Mitarbeitern. Im Rahmen der Uebernahme sollen jedoch noch weitere 200 Arbeitsplaetze abgebaut werden - aus dem "kompletten" und nicht nur aus dem bei der neuen PKI AG verbleibenden Personalstamm, wie Gerd Goetz, Sprecher der in Hamburg ansaessigen Philips GmbH, betont. "Da es eine Reihe von Querschnittsfunktionen gibt, koennen wir noch nicht sagen, wie viele davon auf welchen Teil entfallen."

Philips hofft, die Nuernberger Tochter durch den Teilverkauf wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen. "Philips ist sehr stark diversifiziert und im Consumer-Markt erfolgreich, aber im Geschaeft mit kabellosen Netzen nicht sehr profitabel", urteilt Graham Wilde von der Londoner Marktforschungsfirma CIT Research Ltd. So haben bei PKI denn auch in Zukunft Front-end-Geraete wie Handies, Pager, schnurlose Telefone und Faxgeraete Prioritaet.

"Der Schritt steht im Einklang mit unserer Strategie, uns auf die private Kommunikation zu konzentrieren", erklaert Pieter van der Wal, Vorstandssprecher von Philips Communication Systems, die Politik seines Unternehmens. Die Groesse (des Bereichs Oeffentliche Netztechnik, Anm. d. Red.) reiche nicht aus, um eine ertragsstarke Marktposition sicherzustellen. Deshalb sei die Loesung, den Bereich an AT&T zu geben, sicherlich die beste, kommentiert Philips-Mann Goetz die Verkaufsvereinbarung.

AT&T bescheinigen die Analysten gute Karten, um im boomenden Markt gegen Wettbewerber wie Alcatel, Motorola und Siemens schnell Punkte zu sammeln. Bisher hatte der US-Konzern in Sachen GSM, dem europaeischen Mobilfunkstandard mit Chance auf Weltgeltung, wenig zu bieten. "Die Uebernahme vervollstaendigt AT&T Network Systems' Portfolio von integrierten Loesungen", begruendet Detlef Linssen, Geschaeftsfuehrer der AT&T Network Systems Deutschland GmbH in Bonn, das Engagement.