Die Helical-Scan-Technologie für Magnetbandaufzeichnung:

Vom Nischenprodukt zum universellen Speichermedium

19.05.1989

Die Helical-Scan-Technologie setzt sich zunehmend auch bei EDV-Anwendungen als Aufzeichnungsmethode zur Speicherung von Massendaten durch und ist auf dem besten Wege, sich von einem Nischenprodukt zu einem universellen Speichermedium zu entwickeln.

Die Begründung liegt in der mittlerweile ausgereiften Technologie, der sehr hohen Speicherdichte und den damit insgesamt niedrigeren Speicherkosten im Verhältnis zu anderen Daten-Aufzeichnungstechnologien. Das Verfahren vereint die Wirtschaftlichkeit des Magnetbandes und die Flexibilität der Magnetplatten.

In den 50er Jahren wurde in den Labors der Ampex Corp. ein System für die Aufzeichnung von Rundfunk- und Fernsehsendungen entwickelt. Das Verfahren hat sich besonders in den letzten Jahren in den Heim-Videorekordern und den DAT-Rekordern für Audioaufnahmen bewährt.

Es lag also nahe, dieses Verfahren auch für die ständig steigenden Anforderungen im Bereich der EDV-Massendatenspeicherung zu übernehmen.

Die ersten Versuche mit diesem Konzept Ende der 70er Jahre (zum Beispiel die IBM-3850-Massenspeicher und das sehr ähnliche System CDC 38500 von Control Data) entsprachen in der Zuverlässigkeit und Transparenz kaum den Anforderungen und Erwartungen. Trotzdem sind immer noch etwa 300 Systeme weltweit und mehr als zehn Systeme in Deutschland im Einsatz. Für die Helical-Scan-Technologie wurden und werden aber große Beträge für Forschung und Entwicklung investiert, da sich das Verfahren auch in vielen weiteren Anwendungen durchgesetzt hat. So werden für die Aufzeichnung der immensen Datenmengen aus der Satelliten-Beobachtung Systeme mit Helical-Scan-Technologie verwandt.

In den letzten Jahren ist eine Reihe von Firmen mit Produkten für die Datenaufzeichnung mit der Helical-Scan-Technologie auf den Markt gekommen. Alle Konzepte verwenden Magnetbandkassetten, die als Speichersystem für den Einsatz in PCs Mini- oder Microcomputern bis hin zu größten Hostsystemen entwickelt wurden.

Das Rekordersystem von Exabyte basiert auf dem von Sony entwickelten DAT-Konzept, nach dem selben Verfahren arbeitet das Gigatape von der ausschließlich für die Entwicklung, Produktion und Vermarktung dieses Systemkonzeptes gegründeten Gigatape GmbH in Puchheim bei München. Ähnliche Systeme fertigen beziehungsweise planen Hitachi und eine Kooperationsgruppe von Hewlett-Packard und Sony. Die für die Datenaufzeichnung verwendete 8-mm-Datenkassette in der Größe einer Kreditkarte ermöglicht die Speicherung von mehr als 2 Gigabytes an Informationen.

In den Entwicklungslabors verschiedener Unternehmen wird an der Produktionsreife von 4-Millimeter-Kassetten gearbeitet, die mehr als 1 Gigabyte speichern sollen.

Helical-Scan und das IBM 3480-Konzept

Für den Einsatz als Online-Massenspeichersystem für Hostcomputer bietet die Masstor Corp. ein Robotergesteuertes System an, das Kassetten mit einer Kapazität von bis zu 62,5 Gigabyte in komprimierter Form verwendet.

Die IBM 3480-Magnetkassetten zeichnen auf einem Standard-0,5-Zoll breiten und rund 180 Meter langen Magnetband auf 18 parallelen Datenspuren etwa 200 Megabyte Daten auf. (Bild 1) Auf der Helical-Scan-Kassette von Masstor werden auf einem etwas breiteren Magnetband mit etwa 20 Metern Länge aber 350 Megabyte gespeichert. Der gravierende Unterschied resultiert aus den unterschiedlichen Aufzeichnungsverfahren. (Bild 2)

Bei traditionellen Magnetbandlaufwerken werden bei der Datenaufzeichnung zwischen den Datenblöcken Start-/Stop-Bereiche eingefügt. Im Lese- oder Schreibvorgang werden diese Zwischenräume für eine einwandfreie Arbeitsweise benötigt. Daher kann ein großer Bereich der Oberfläche nicht für die Datenaufzeichnung verwendet werden.

Größere Packungsdichte, kontinuierlicher Betrieb

Im Gegensatz zu diesem Start-/ Stop-Verfahren wird bei der Helical-Scan-Technologie der Aufzeichnungs- /Wiedergabe-Kopf kontinuierlich am Band entlang geführt, oder fliegt darüber, während des .Aufzeichnungs-/Wiedergabevorganges.

Für eine optimale Ausnutzung der Bandfläche wird das Band schraubenförmig um zwei feststehende Spindeln gewickelt. Zwischen diesen beiden Spindeln ist der freifliegende Aufnahme- /Wiedergabekopf angeordnet. Die Spindeln und das Band stehen fest während des Schreib-/Lesevorganges, danach wird das Band ein winziges Stück weiterbewegt für den folgenden Vorgang. Der schnell bewegte Schreib-/Lesekopf hält keinen direkten Kontakt zu dem Magnetband. (Bild 3)

Die höhere Aufzeichnungsmöglichkeit auf dem Magnetband erlaubt die Verwendung von kürzeren Bändern. Dadurch sind zusätzlich kürzere Such- und Rückspulzeiten möglich. Die einzelnen Datenstreifen mit gespeicherten Informationen enthalten Identifizierungsmerkmale, die eine direkte Ansteuerung eines einzelnen Datenstreifens bei hoher Geschwindigkeit ermöglichen. Ebenfalls können die einzelnen Streifen nicht nur direkt gelesen, sondern auch gezielt überschrieben werden.

Insgesamt betrachtet sind die Helical-Scan-Produkte für PCs, Abteilungsrechner oder RZ-Hostanwendungen eine attraktive und dabei auch äußerst wirtschaftliche Alternative zum konventionellen Magnetband, den Streamertapekassetten und der Magnetplatte beziehungsweise Floppy Disk. Die Helical-Scan-Technologie ist noch längst nicht ausgereizt. Es ist durchaus realistisch, Kassetten mit bis zu -zig, wenn nicht gar Hunderten von Gigabyte Datenkapazität in der nahen Zukunft einzusetzen.

Peter Rasp ist Technischer Direktor bei der Masstor Systems Deutschland GmbH in Frankfurt.