Vom Cost-Center zum Wertschöpfer

05.09.2005
Von Per Kall  
Mit Fokussierung der Unternehmensziele, einem bedarfsgerechten Serviceportfolio und einemkontinuierlichen Prozess zur Kostenkontrolle können IT-Abteilungen ihr Image aufpolieren.
Diese Fragen geben Aufschluss über den Status einer IT-Service-Management-Umgebung. Maßgeblich sind hierfür die Best Practices nach Itil.
Diese Fragen geben Aufschluss über den Status einer IT-Service-Management-Umgebung. Maßgeblich sind hierfür die Best Practices nach Itil.

Nicht selten sehen sich Leitung und Mitarbeiter der IT-Abteilung eines Unternehmens mit der Frage konfrontiert "Warum ist der von der IT-Abteilung verursachte Kostenblock so hoch?" Eine Frage, die viele IT-Verantwortliche in Bedrängnis bringen könnte. Oft sind Anforderungen an IT-Leistungen nicht konsequent definiert und noch seltener mit der Geschäftsstrategie und den damit verbundenen Zielen abgestimmt. Ein konkreter Nutzen des IT-Betriebs ist meist nicht zu beziffern. Vielmehr unterhält die IT-Abteilung Server, Netze und Arbeitsplatzrechner und wird im Pannenfall für Fehler verantwortlich gemacht. Hieraus ergibt sich ein Negativ-Image, von dem sich die IT nur schwer lösen kann.

Vier Schritte zur Kostenkontrolle

Transformation der IT-Abteilung vom Cost Center zum Wertschöpfer.

Etablierung eines kundenorientierten Serviceportfolios.

Berücksichtigung der Aufwände für Service- und Prozessentwicklung sowie Qualitätssicherung.

Implementierung des Itil-Prozesses "Financial Management for IT Services" als solide Basis für Finanzplanung, Kostenrechnung und Leistungsverrechnung.

Financial Management for IT-Services

Der Prozess "Financial Management for IT Services" aus dem Set "Service Delivery" der IT Infrastructure Library (Itil) stellt Kerninformationen bereit, die essentiell für die Betrachtung finanzwirtschaftlicher Aspekte sind. Diese Informationen werden innerhalb der Sub-Prozesse "Budgeting", "Accounting" und "Charging" erhoben, ausgewertet und dokumentiert. Sie decken von der Finanzplanung über die Kostenrechnung bis hin zur Leistungsverrechnung alle relevanten Themenfelder ab.

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www.computerwoche.de/go/

*74547: Itil bringt IT-Abteilungen auf Trab;

*69445: Itil zum Schnäppchenpreis;

*62983: Geschäftsvorteile durch IT lassen sich messen;

*62257: Service-Levels in Echtzeit überwachen.

Es ist kein adäquates Verfahren, ausschließlich den IT-Kostenblock zu betrachten. Zuallererst ist es wichtig, in der IT-Abteilung Ziele zu definieren, die sich ausschließlich an den Ge-schäftszielen des Unternehmens orientieren. Ist das geschafft und sind kritische Erfolgsfaktoren und Handlungsfelder identifiziert, stehen der Begründung für Investitionen keine wesentlichen Hindernisse mehr entgegen.

Die IT-Abteilung als Dienstleister

Eine IT-Abteilung, die sich als Dienstleister versteht und als solcher auch innerhalb des gesamten Unternehmens wahrgenommen wird, ist bereits auf einem guten Weg. Die nächste Herausforderung der IT-Abteilung lässt sich mit folgenden Fragen beschreiben: "Wer sind die Abnehmer der Dienstleistungen?" und "Welche Dienstleistungen werden nachgefragt?"

Bislang bestimmten vorrangig die IT-Ausstattung eines Unternehmens und die Fähigkeiten der IT-Mitarbeiter das Serviceangebot einer IT-Abteilung. Nachfragen bezüglich IT-Services, die nicht Bestandteil des Portfolios waren, wurden - wenn überhaupt - nur sporadisch formuliert.

Dieses Vorgehen lässt sich aber nicht mit dem dem Selbstverständnis der IT-Abteilung als Dienstleister vereinbaren. Relativ fix ist zunächst einmal ausschließlich der Kundenstamm, der aus den unternehmensinternen Anwendern besteht und keine homogene Gruppe ist. Der Anwenderkreis lässt sich weiter segmentieren, wobei jedes Segment individuelle Anforderungen an die IT-Services hat; analog sind auch alle Lieferanten der IT-Abteilung zu segmentieren. Der Servicekatalog mit dem darin enthaltenen IT-Serviceportfolio ist somit ein Spiegelbild der Kundenanforderungen, die es zu erfüllen, bestenfalls zu übertreffen gilt und damit auch die Antwort auf die Frage, welche Dienstleistungen in Rechnung zu stellen sind.

Service- und Prozessqualität

Die Entwicklung und Verabschiedung eines gemeinsam mit Kunden und Lieferanten abgestimmten Servicekatalogs ist ein wichtiger Schritt. Die Erbringung von IT-Services ist jedoch kein binärer Vorgang, der einfach nur funktioniert oder nicht funktioniert. Das optimale Zusammenspiel der Prozesse seitens der IT-Abteilung einerseits und die exakte Vereinbarung und Überwachung der Servicequalität andererseits bildet ein hochsensibles Gefüge.

Der Kunde der IT-Abteilung ist nicht daran interessiert, welche Prozesse in der IT-Abteilung ablaufen, um die von ihm angeforderten Services bereitzustellen. Für ihn ist ausschließlich die Bereitstellung der geforderten Services von Belang.

Hochwertige Services bereitzustellen, setzt effektive und effiziente IT-Prozesse voraus. Hier hat sich in den vergangenen Jahren die IT Infrastructure Library (Itil) als "De-facto"-Standard für die Prozessorganisation im IT-Dienstleistungssektor etabliert. Ein Prozessaudit nach Itil führt zu einer aussagekräftigen Standortbestimmung und ermöglicht die Vereinbarung konkreter Ziele.

Prozesse innerhalb der IT-Abteilung können effektiv, effizient und hochgradig nach Itil ausgerichtet sein. Der Kunde kann die Servicequalität unter Umständen dennoch als minderwertig empfinden. Es muss daher regelmäßig überprüft werden, ob sie die Anforderungen auch erfüllt. Das ist aufwändig und kostet Geld. Diese Qualitätssicherungsmaßnahmen haben daher signifikante Auswirkungen auf die Kostenstruktur einer IT-Abteilung - ein weiterer Aspekt, den es bei Planung, Budgetierung und Kostenrechnung zu beachten gilt.

Insbesondere intern ausgerichtete IT-Abteilungen sehen sich nur selten in der Verantwortung, in finanzwirtschaftlicher Hinsicht aktiv zu werden. Die Etablierung eines kontinuierlichen Prozesses für Finanzplanung, Kostenrechnung und Leistungsverrechnung angebotener und erbrachter IT-Services ist heute jedoch unbedingt erforderlich. Itil bietet hier Best Practices für eine umfassende Gesamtbetrachtung.

Das "Budgeting" entwickelt kurz- und mittelfristige Prognosen, die auf abstrakter Ebene den erforderlichen Finanzbedarf fixieren. Dies ist keine neue Aufgabe für IT-Abteilungen. Allerdings sind die Basisannahmen für die Budgetierung selten begründbar. Meist will die IT-Abteilung lediglich das Vorjahresbudget sicherstellen. Bestenfalls geht es um einen Faktor, der auf das Vorjahresbudget angewendet wird und zu einer Erhöhung des aktuellen Budgets führt. Anstelle fundierter Informationen und Prognosen werden hier noch zu oft "Bauchentscheidungen" herangezogen.

Das "Accounting" bereitet die nötigen Basisannahmen für die Budgetierung auf. Ausgangspunkt ist das Portfolio der angebotenen IT-Services. Für jeden IT-Service werden die erforderlichen Prozess- und Infrastrukturelemente erhoben und die jeweils anfallenden Kosten detailliert charakterisiert (zum Beispiel: direkt oder indirekt, fix oder variabel, Kapital- oder Betriebskosten). In diesem Zusammenhang sind auch alle Aufwände zur Sicherstellung der Service- und Prozessqualität zu identifizieren und - soweit möglich - servicespezifisch zu verrechnen.

Die Kür des Financial Managements ist die Implementierung einer angemessenen Verrechnung erbrachter IT-Services (Charging). Hier wird konsequent das Verursacherprinzip beachtet: Nur wer einen IT-Service in Anspruch genommen hat, kann auch zur Begleichung der dabei entstandenen Kosten herangezogen werden.

Angemessene Verrechnung

Unternehmensspezifische Verrechnungsgrundsätze flankieren dieses Verfahren und legen zum Beispiel fest, ob sich die Preisbildung am Marktpreis orientiert oder ob lediglich die Kosten kompensiert werden sollen. Auch wenn IT-Abteilungen ausschließlich interne Kunden bedienen, so müssen ihre Preise mit Anbietern des freien Marktes vergleichbar sein. Die kontinuierliche Beobachtung des Marktpreisniveaus gehört daher zum Pflichtprogramm einer IT-Abteilung, um einem eventuellen Fremdbezug einzelner IT-Services vorzubeugen.

Des Weiteren ist zu fixieren, welche Services pauschal abgerechnet beziehungsweise je nach Inanspruchnahme berechnet werden. So könnte etwa eine initiale Analyse des IT-Serviceportfolios ergeben haben, dass ein angebotener IT-Service nur von einem Kundensegment regelmäßig genutzt wird, die diesem IT-Service zurechenbaren Kosten aber seit Jahren pauschal auf alle Kunden umgelegt werden.

IT steht vor Bewährungsprobe

Traditionelle IT-Abteilungen stehen vor einer Bewährungsprobe: Sie müssen den Wandel zum Dienstleister mit ausgeprägter Kundenorientierung auch in den Köpfen ihrer Mitarbeiter vollziehen und finanzwirtschaftliche Aspekte in ihr Tagesgeschäft einfließen lassen. Hier ist auch die Unternehmensleitung gefordert. Nur ihre Unterstützung verleiht das erforderliche Gewicht, um nachhaltige Veränderungen zu bewirken.

Wie andere Prozessprojekte auch, ist die Implementierung des Prozesses "Financial Management" zwingend in die gesamte Unternehmenskommunikation einzubetten. Versäumnisse lassen sich hier - wenn überhaupt - nur mit hohem Aufwand wieder bereinigen. (rg)