Web-Content-Management

"Vignette bleibt unabhängig"

11.04.2003
MÜNCHEN (fn) - Vignette will mit dem Produkt "V7" sowie zugekaufter Portalsoftware das Lizenzgeschäft ankurbeln. Zudem versucht der Hersteller, sein Image als Lieferant komplexer und teurer Technik loszuwerden.

Für Tim Wort, Vice President und General Manager für Europa beim Softwareanbieter Vignette, hat der Content-Management-Markt das Schlimmste hinter sich. So stiegen die Lizenzumsätze im vierten gegenüber dem dritten Quartal des Geschäftsjahres 2002 wieder leicht. Allerdings entfielen auf Lizenzen nur 18 Millionen Dollar, während der Gesamtumsatz 40,4 Millionen Dollar betrug. Der große Serviceanteil spiegelt sich auch im Jahresergebnis wider: 62,4 Millionen Dollar nahm Vignette durch Softwareverkäufe ein, bei Gesamteinnahmen von 155,1 Millionen Dollar. Dem steht ein operativer Jahresverlust von 48,4 Millionen Dollar gegenüber. Der Verlust betrug 251 Millionen Dollar, wobei hier die Aufwendungen für die Übernahme der Firma Epicentric in Höhe von 32 Millionen Dollar einfließen. Laut Wort wird Vignette auch in Zukunft unabhängig bleiben. Das Unternehmen verfüge über Barmittel in Höhe von 300 Millionen Dollar. Ein Shareholder Protection Rights Plan soll die Company vor feindlichen Übernahmen schützen. Danach muss der Vorstand mehrheitlich zustimmen, wenn ein Käufer mehr als 15 Prozent der Anteile erwerben möchte. Wegen einer geringen Börsennotierung wechselte schon so manches Softwareunternehmen den Besitzer - zum Redaktionsschluss war das Vignette-Papier 1,50 Dollar wert.

Nach harten Einschnitten in der Belegschaft beschäftigt die Firma weltweit noch 825 Mitarbeiter, 150 davon in Europa, 20 entfallen auf Deutschland. Auf insgesamt rund 1600 Kunden bringt es der Anbieter weltweit, etwa 35 Prozent davon stammen aus Europa. Wie viele deutsche Anwender es gibt, wollte das Unternehmen nicht mitteilen. Vor allem große Firmen haben sich für Vignette entschieden, doch kritisieren manche die Komplexität der Lösung sowie die hohen Administrationskosten. Dem entgegnet der Europa-Chef, die neue Produktversion "V7" lasse sich viel rascher installieren, verfüge über eine vorgefertigte Content-Management-Applikation und sei kostengünstiger zu administrieren. Ferner wurde das Produkt modularisiert und um Web-Services-Schnittstellen erweitert. Die Schwierigkeiten bezögen sich vor allem auf die Vorgängersysteme "V5". "Vor zwei Jahren hatten wir ein sehr komplexes Produkt, doch wir haben unseren Kunden zugehört." Mittlerweile, so versichert Wort, werde die Mehrheit der Content-Management-Projekte innerhalb von zehn bis vierzehn Wochen abgeschlossen. Dies hängt allerdings auch mit den reduzierten Projektumfängen der Anwender zusammen.

Portalsoftware soll Umsatz steigern

Große Hoffnungen setzt Vignette auf das Geschäft mit der Portalsoftware der übernommenen Firma Epicentric. Die Lösung wird als eigenständiges Produkt oder in Kombination mit Vignettes Content-Management-System vertrieben. Etwa 25 Prozent des Lizenzumsatzes will das Untenehmen mit dem Portal erzielen, zu den Gesamteinnahmen soll diese Sparte zehn bis zwölf Prozent beitragen. Doch dieses Produkt wurde bisher in erster Linie in den USA verkauft. Konkurrenten wie IBM, Oracle, SAP und Bea sind in Europa besser aufgestellt.

Mit dem Epicentric-Kauf trat Vignette in Sachen Portalsoftware mit dem Partner IBM in den Wettbewerb. Probleme entständen diesbezüglich nicht, bemerkt Wort: Falls Kunden sich bereits für Big Blues "Websphere Portal Server" entschieden hätten, könne die Vignette-Software dort integriert werden. Die Zusammenarbeit ziele vor allem auf die Service- und Beratungssparte der IBM ab.

Obwohl viele Kunden auch SAP-Software einsetzen, ist keine Portalpartnerschaft mit den Walldorfern geplant. Vignette-Konkurrenten wie Interwoven sowie Documentum sind hingegen solche Kooperationen mit SAP eingegangen. Nach Ansicht von Wort haben sich bisher nur wenige Firmen bereits auf eine Portallösung festgelegt, und da ein Portal immer auch Content-Management-Features benötigt, ist der Hersteller mit seiner integrierten Lösung gut positioniert.

Den Einstieg von Dokumenten-Management-Spezialisten wie Filenet und Ixos Software ins Geschäft mit Web-Content-Software sieht Wort naturgemäß mit Gelassenheit. Diese Firmen hätten noch viel Integrationsarbeit zu leisten. "Unsere Lösungen machen keinen Unterschied zwischen einem Dokument und allen anderen Inhaltstypen."