Viel Lärm um Peanuts

09.09.1983

Das Hin und Her in der Presse um einen IBM Personal Computer, den es noch gar nicht gibt (Codename "Peanut"), beweist einmal mehr, daß Dementis die beste Reklame sind. Wirtschaftsmagazine apostrophieren "die Erdnuß" nach eigenem Gusto mal als "lBMs ersten Heimcomputer" (so die "Wirtschaftswoche"), mal als "Zweitcomputer für erfahrene PC-Benutzer" (so das "Wall Street Journal").

Daß die Redakteure Spekulation mit Fakten mischen, ist ihnen freilich nicht allein zuzuschreiben. Die Sphinx IBM betrachtet Journalisten zwar nicht mehr als Hofnarren - aber leicht macht sie es ihnen immer noch nicht. "Wir spekulieren nicht über zukünftige Produkte", ist denn auch im Falle Peanut die stereotype Phrase, auf die sich Big Blue zurückzieht. Dieses halbe Dementi ist wahrlich nicht dazu angetan, Neugier im Keime zu ersticken. Im Gegenteil: Je mehr sich der Mainframe-Gigant ziert, desto interessanter wird er für Kaffeesatz-Astrologen.

Doch soviel auch über Peanut geschrieben wurde, bislang blieb verborgen, daß eine ganz andere IBM in den Kampf gegen die PC-Konkurrenten geht, als sie die Mikrocomputerwelt kennt. Als der Rechnerriese 1981 ins PC-Geschäft einstieg, geschah dies eher tastend. In Armonk hatte man wohl noch nicht überrissen, wie sich der Mickymaus-Boom auf die Großcomputerei auswirken würde. Nur halbherzig wurden die ersten Schritte in die PC-Serienfertigung gemacht. Mit Mißvergnügen hatten die Mainframe-Leute der IBM allerdings beobachten müssen, daß sich die Mikros zu Volkscomputern mauserten.

Nun entsprechen hohe Marktanteile anderer Computerhersteller nicht dem IBM-Selbstverständnis. In einer bisher einzigartigen Werbeaktion meldete sich Charly Chaplin posthum als PC-Interessent zu Wort Die PC-Einführungskampagne vollzog gleichwohl nur nach, was Anbieter wie Apple, Commodore oder Tandy überaus erfolgreich vorexerziert hatten: Die Computerwelt gehöre, so die Botschaft der Mikro-Väter, nicht mehr den DV-Spezialisten, sondern den Endbenutzern. Entsprechend wurde gehandelt.

Gewiß, mit der von Intel ausgeliehenen 16-Bit-Architektur setzte sich der Jumbo-Dompteur technologisch gleich an die Spitze der PC-Bewegung, doch wirkte Big Blue zunächst wie ein verkalkter Alt-Manager unter dynamischen Junior-Chefs. Die Wettbewerber mußten indes bald zur Kenntnis nehmen, daß die drei Großbuchstaben auch im Kleincomputer-Busineß ihre Wirkung auf die potentiellen Käufer nicht verfehlten. Der PC wurde zum Rennen. Jetzt sind die Armonker wegen Lieferschwierigkeiten breit in die Zeitung gekommen. Es bleibt PC-Vertreibern unbenommen, ihren Lieferanten zu schelten, wenn der mit der Produktion nicht nachkommt. Anders als Händler und Kunden können IBMs Marketingstrategen der Situation auch positive Seiten abgewinnen.

Das hat etwas mit der "neuen" IBM zu tun (siehe oben). Das Argument, die IBM müsse im Mikromarkt nachziehen, sticht längst nicht mehr. Big Blue diktien, was in der PC-Szene passiert. Rund 25 Prozent vom kommerziellen Desktopgeschäft werden heute bereits von IBM kontrolliert. Und der IBM-Einfluß wächst stetig. Aggressivität gegenüber dem Mitbewerb, wie sie von etlichen Peanut-Propheten unterstellt wird, ist nirgendwo auszumachen.

50 sollte man sich denn nicht wundern, daß die IBM-Produktmanager noch eine Weile an dem Peanut-Ankündigungstermin herumdrehen. Eine verzwickte Sache für Apple, Commodore und die anderen. Zumal es sich die IBM erlauben kann, zunächst an die eigene PC-Kundenbasis zu denken. Die ist ja mittlerweile breit genug.