Viel Ärger um die PC-Abgabe

22.08.2005
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.
Die Urheberpauschale auf PCs, Drucker und Multifunktionsgeräte ist heftig umkämpft. Derzeit wird in drei Gerichtsverfahren über die Einführung gestritten.

Bei Multifunktionsgeräten ist die Abgabe nach dem letzten Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 6. Juli 2005 teilweise höher als der Preis für das Gerät, schimpft Jörg-Stefan Schmitt: "Das halten wir für absurd." Der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit beim Druckerhersteller Brother ist zugleich Pressesprecher der Initiative "Druck-gegen-Abgaben.de", die von Druckerherstellern gegen die Urheberrechtsabgabe gegründet wurde.

Chronik der Urteile

23. Dezember 2004 (PCs)

Urteil des Landgerichts München gegen Fujitsu-Siemens Computers:

Abgabe beträgt zwölf Euro pro PC (VG Wort forderte 30 Euro); Fujitsu-Siemens legte Berufung ein; neue Verhandlungen vor dem Oberlandesgericht München ab Dezember 2005.

11. Mai 2005 (Drucker)

Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen HP: Abgabenpflicht auf Drucker grundsätzlich bestätigt, Höhe noch nicht festgelegt (VG Wort fordert zwischen zehn und 300 Euro, abhängig von der Leistung); HP hat Revision eingelegt, jetzt ist der Bundesgerichtshof (BGH) zuständig.

6. Juli 2005 (Multifunktionsgeräte)

Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart gegen HP: Abgabe zwischen 38,35 und 613,56 Euro pro Gerät, abhängig von der Leistung; HP hat Revision eingelegt, jetzt ist der BGH zuständig.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

*79858: Google im Gegenwind der Buchrechte-Inhaber;

*70961: EU kritisiert DRM;

*69289: FSCs Schlappe vor Gericht;

146591: Hintergrund Urheberrechtsnovelle;

134683: Hintergrund Urheberrecht.

Im besagten Urteil gegen Hewlett-Packard (HP) legte das Stuttgarter Gericht die Höhe der Urheberrechtsabgabe für Multifunktionsgeräte fest. Für jedes der Geräte, die Drucker, Scanner und Kopierer vereinen, sind demnach je nach Leistung zwischen 38,35 und 613,56 Euro fällig. Zur Orientierung: Anfang August bot Brother in Penny-Märkten ein Farb-Multifunktionsgerät für 74,95 Euro an. Die Abgabe darauf würde 76,70 Euro betragen: "Unter diesen Vorzeichen wird sich in Deutschland der Ver- trieb von Multifunktionsgeräten nicht mehr lohnen", befürchtet Schmitt. Doch noch ist die Urheberrechtsabgabe für Multifunktionsgeräte Zukunftsmusik, da HP Revision eingelegt hat.

Rechtsgrundlage der Vergütung von Urheberrechtsansprüchen für die private Vervielfältigung sind die Paragrafen 54 ff. des Urheberrechtsgesetzes. Das Gesetz legt fest, dass Urhebern von Werken (etwa Text, Ton, Film) eine Vergütung zusteht, wenn Dritte sie durch Vervielfältigung nutzen. Die Vergütungssätze in Form einer Pauschalgebühr sind in der Anlage zum Paragrafen 54 d Urheberrechtsgesetz aus dem Jahr 1985 festgelegt.

Die Pauschale muss jeder Kunde automatisch mit dem Kaufpreis eines analogen oder digitalen Geräts entrichten, mit dem sich Werke kopieren lassen. Die Hersteller und Importeure der Geräte führen die Vergütungspauschale zunächst an Verwertungsgesellschaften wie VG Wort, VG Bild-Kunst oder die Gema ab. Diese schütten das Geld jährlich in Form von Tantiemen an Rechteinhaber wie Autoren, Journalisten, Fotografen und Verleger aus.

9,21 Euro pro DVD-Brenner

Bislang werden Vergütungen gezahlt für Videorekorder (9,21 Euro pro Gerät), Kassettenrekorder (1,28 Euro) sowie Kopierer, Faxgeräte und Scanner (8,18 Euro bis 306,78 Euro je nach Leistung). Im Juli 2002 kamen noch CD-Brenner (7,50 Euro) hinzu, im August 2003 DVD-Brenner (9,21 Euro). Noch keine Einigung gibt es bisher über Abgaben auf Multifunktionsgeräte, Drucker und PCs.

Während es bei den Multifunktionsgeräten nur noch um die Höhe der Abgabe geht, sieht es bei Druckern und PCs anders aus. Hier lehnen die Hersteller Abgaben grundsätzlich ab. "Drucker sind keine Kopiergeräte, sondern Ausgabegeräte. Daher fallen sie nicht unter die Abgabenpflicht", argumentiert Regine Stachelhaus, Geschäftsführerin der Imaging and Printing Group von HP in Deutschland.

Für Susanne Dehmel, Bereichsleiterin Urheberrecht und Intellectual Property beim Branchenverband Bitkom, gilt Gleiches auch für den PC: Er sei ein Universalgerät, "das alleine nicht zum Kopieren geeignet ist. Man braucht dazu mindestens einen Scanner oder CD-Brenner." Da für CD-Brenner und Scanner bereits Abgaben entrichtet werden müssen, sei auf PCs keine Abgabe mehr notwendig, meint Dehmel.

"Die Verbraucher müssten dann doppelt bezahlen", bestätigt Martina Seidl, Rechtsanwältin bei Fujitsu-Siemens Computers. Der größte deutsche PC-Anbieter führt seit geraumer Zeit einen Musterprozess über die PC-Abgabe gegen die VG Wort. "Das Arbeitsergebnis von PCs sind Bits und Bytes, daher ist die Abgabe nicht durch den Paragrafen 54a des heutigen Urheberrechtsgesetzes abgedeckt", so Seidl. Dessen Modernisierung sei zudem überfällig.

Ganz anders sieht das naturgemäß die VG Wort, die bei ihrem Kampf um die Vergütung der Urheber die geballte Macht der IT-Industrie gegen sich hat. Bislang sind die Rechteschützer vor Gericht aber immer als Sieger hervorgegangen. "Die Abgabe auf Drucker und PCs ist rechtens", erklärt Frank Thoms, stellvertretender Geschäftsführer der VG Wort. Schließlich bestehe ein Kopiergerät, für das die Pauschale erhoben werde, aus den Komponenten Scanner, Drucker und Recheneinheit. "Trennt man das Ganze, sind analog auch für die Einzelkomponenten Abgaben fällig."

Saugen, speichern, drucken

Thoms verweist zudem auf eine Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) von 2001. Diese zeige, dass Drucker von rund zwei Dritteln der Befragten genutzt werden, um urheberrechtlich geschützte Werke zu vervielfältigen. "Die Texte werden aus dem Internet auf die Festplatte des PC kopiert und dann ausgedruckt", argumentiert der VG-Wort-Manager. Im Urheberrechtsgesetz sei die Rede von "Ablichtung oder Verfahren gleichartiger Wirkung" - daher fallen für Thoms auch PCs und Drucker unter die Abgabenpflicht.

Urheberrechtsexpertin Dehmel vom Bitkom befürchtet negative Folgen für die Industrie, sollten sich die Rechteverwerter mit ihren Forderungen durchsetzen: "Die Urheberrechtsabgabe auf digitale Geräte bringt Wettbewerbsnachteile für die deutschen Firmen, da in benachbarten Ländern gar keine oder nur geringfügige Abgaben erhoben werden." Allein durch die Abgabe auf Drucker, PCs und Multifunktionsgeräte entstünden jährliche Mehrkosten von 480 Millionen Euro, die dann zumindest teilweise auf die Verbraucher umgeschlagen werden müssten. Zudem wären heimische Arbeitsplätze vor allem in Handel und Vertrieb gefährdet.

Als bessere Alternative zur Pauschale auf digitale Geräte sieht die IT-Industrie individuelle Vergütungssysteme wie DRM-Lösungen (Digital-Rights-Management), die digitale Werke vor unkontrollierten Kopien schützen und die Rechte daran verwalten sollen. "DRM-Systeme wären die gerechtere Lösung, denn der Anwender zahlt nur dann, wenn er das Werk auch wirklich nutzen will", betont Michael Fassbender, Vice President und General Manager von Toshiba Computersysteme in Deutschland. Damit werde eine Pauschalabgabe auf einen PC umgangen, der beispielsweise zur Steuerung von Fertigungsprozessen eingesetzt wird.

Die VG Wort sieht diese Vorschläge mit gemischten Gefühlen. "Wir haben nichts gegen die Einführung von DRM-Systemen, nur müssen sie ausgereift sein", gibt Manager Thoms zu bedenken. Es sei derzeit noch nicht möglich, Werke absolut sicher zu schützen, und ein Kopierschutz sei schnell geknackt. "Außerdem sind DRM-Systeme für kleinere Verlage zu teuer, wir müssen aber trotzdem die Tantiemen ausschütten." (ajf)