Verwirrspiele um Schmiergeld

26.02.1988

Für "Bild-Zeitung" und "Spiegel" war es ein gefundenes Fressen, ging es doch um die Lieblings-High-Tech-Firma der Sensationspresse: "Nixdorf- Skandal um Schmiergelder?" Leider stimmte so manches nicht, was da zu Schlagzeilen verarbeitet wurde.

Wahr ist, daß vier Mitarbeiter der Nixdorf Computer AG jahrelang Prämien von Lieferanten dafür kassiert haben, daß sie überhöhte Preise durchgehen ließen. Nicht wahr ist dagegen, daß - wie Bild den Ermittlungsbehörden in den Mund legte - die Schuldigen am Tag nach der Bild-Veröffentlichung ins Ausland geflüchtet sind. Seitdem hält sich aber Nixdorfs geschaßter Chef der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit, Rolf Prey, vom häuslichen Fernsprecher fern, um möglichem Telefonterror zu entgehen.

Wahr ist, daß die Missetäter gegenüber dem Nixdorf-Management sozusagen auf privater Basis Geständnisse ablegten, unwahr hingegen, daß diese bereits dem Staatsanwalt in rechtskräftiger Form vorliegen. Bei Redaktionsschluß gab es auch noch keine formellen Strafanzeigen des Ex-Arbeitgebers von der Pader gegen Vertriebsprokurist Hans Heitele, PR-Chef Rolf Prey und dessen zwei Mitarbeiter, die - obwohl selber Empfänger saftiger "Leistungen von Lieferanten" - mit ihrer Aussage der Paderborner Staatsanwaltschaft auf die Sprünge geholfen hatten. Die Justiz ermittelte zunächst ohne Auftrag eines Klägers, da Verdacht auf Offizialdelikte bestand.

Unwahr ist höchstwahrscheinlich, daß sich die ungetreuen Nixdorfer um bis zu 40 Millionen Mark bereichert haben, wie Informanten des Spiegel" spekulierten; so teuer, daß derartige Trinkgelder abfallen, können selbst Nixdorfs aufwendige Hochglanzdrucksachen nicht sein. Wahr ist aber, daß Nixdorf offiziell schon 3,5 Millionen nennt, so daß die ursprüngliche "Bild-Schätzung" von elf Millionen nicht gänzlich aus dem Luft gegriffen scheint.

Wahr ist aber peinlicherweise, daß die Nixdorf AG zuerst noch versucht hatte, die Öffentlichkeit auf recht unglaubwürdige Weise hinters Licht zu führen. Bei Hans Heitele seien "persönliche", bei Rolf Prey. "gesundheitliche" Gründe für das plötzliche Ausscheiden ausschlaggebend gewesen, beschied man zunächst nachfragende Journalisten.

Noch peinlicher dürfte freilich sein, daß sich der FDP-Kreisvorsitzende Prey, dessen Einkommen offenbar zwischen 150 000 Mark (Spiegel) und 200 000 Mark (Bild) bewegte, ausgerechnet von der Düsseldorfer Anwaltskanzlei vertreten läßt, der auch der liberale Steuer-Musterknabe Otto Graf Lambsdorff angehört. Der Anwalt war, obwohl anwesend, nicht zu erreichen.