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Versicherungsmakler Onsecure geht im Netz auf Kundenfang

14.04.2000
MÜNCHEN (uo) - Mitte April soll es richtig losgehen: Der Online-Versicherungsmakler Onsecure AG, Hamburg, ist zwar bereits seit dem 6. Dezember im Netz und zählt etwa zwei Abschlüsse pro Tag, doch quasi im Testbetrieb. Mit dem Vorstandsvorsitzenden Klaus-Dieter Läßker, bis 1999 Vorstandsvorsitzender der Axa Colonia und der Colonia Nordstern, sprach CW-Mitarbeiterin Ulrike Ostler über die Unternehmensstrategie.

CW: Schildern Sie bitte die Geschäftsidee Ihres Unternehmens.

LÄssKER: Wir verstehen uns als reiner Internet-Versicherungs-Broker. In der Anfangsphase bieten wir zunächst in Deutschland Standardprodukte für Privatkunden an, die wenig Beratung brauchen. Kranken- und Kapitallebensversicherungen sollen folgen. Ab der zweiten Jahreshälfte 2000 wollen wir auch eine Kfz-Versicherung offerieren. Außerdem ist in kurzer Folge die Expansion in europäische Länder geplant.

CW: Welche Länder kommen in welchem Zeitraum in Frage?

LÄssKER: Zur Auswahl stehen Frankreich, Spanien und Italien. Innerhalb der kommenden zwölf Monate wollen wir in einem Land zusätzlich präsent sein.

CW: Was grenzt Sie von den windigen Anbietern ab, die in der Werbung versprechen, das individuell günstigste Versicherungsprodukt zu finden, tatsächlich aber teure verkaufen?

LÄssKER: Wir treffen eine Vorauswahl unter den Produktgebern und den Versicherungsleistungen. Derzeit gibt es für jede Sparte einen Partner. Das macht ein halbes Dutzend. Allerdings soll sich der Produktgeberkreis erweitern; denn für manchen Verbraucher ist nicht allein der günstige Preis das ausschlaggebende Kriterium für eine Versicherung. Auch diese Klientel wollen wir bedienen.

CW: Erfahren Ihre Kunden, von wem die Versicherung stammt.

LÄssKER: Ja, wenn sie einen Vertrag abschließen.

CW: Verändert sich Ihr Angebot, wenn es neue, attraktivere Produkte auf dem Markt gibt?

LÄssKER: Das ist ein gewisses Dilemma. Doch wir können einen anderen Produktgeber zusätzlich aufnehmen und unsere Kunden darüber informieren. Diese müssen sich dann entscheiden, ob sie die Versicherung wechseln.

CW: Wer zahlt für Ihre Vermittlung - der Kunde oder der Produktgeber?

LÄssKER: Wir bekommen Provisionen, jedoch keine Abschlussprämien, die bei herkömmlichen Anbietern um ein Vielfaches höher liegen können als ein Jahresbeitrag. Das ermöglicht uns unter anderem eine zuverlässige Kalkulation. Daraus resultiert beispielsweise, dass unsere Kunden ihre Verträge jederzeit und ohne Begründung kündigen können, da es keine Mindestlaufzei-ten gibt.

CW: Die Kulanz gegenüber den Verbrauchern können Sie sich aber nur durch geringe Vertriebskosten leisten.

LÄssKER: Gegenüber klassischen Vertriebswegen haben wir Einsparungen bis zum Faktor 100 - gerechnet von der Kontaktaufnahme bis zur Ausstellung der Policen. Für den Vertrieb geben die klassischen Versicherungen 20 bis 30 Prozent ihres Budgets aus.

CW: Inwieweit kommen Sie ohne Briefverkehr und Call-Center aus?

LÄssKER: Wir benötigen die Unterschrift des Kunden zum Vertragsabschluss. Da sind wir von gesetzlichen Regelungen abhängig. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen schreibt eine Widerrufsklausel vor. Das ist eine Regel, die Verbraucherschützer durchgesetzt haben: Jeder Versicherungsvertrag kann innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen werden. Dass dieser Vertragsbestandteil gelesen wurde, bekunden die Kunden mit ihrer Unterschrift. Darüber hinaus sollen die Geschäftsbeziehungen jedoch komplett über das Internet abgewickelt werden. Unsere Telefonnummer ist keine geplante Alternative zu diesem Kommunikationsweg.

CW: Wem gehören die Vertrags- und Kundendaten?

LÄssKER: Die gehören uns. Zum Teil liegen sie beim Produktgeber überhaupt nicht vor.

CW: Was machen Sie mit den Informationen?

LÄssKER: Wenn die Datenmenge groß genug ist, werden wir zum Beispiel Data Mining betreiben.

CW: Um Ideen für neue Produkte zu gewinnen?

LÄssKER: Nein. Wir generieren unsere Produktideen aus der eigenen Erfahrung oder aus dem, worüber sich Bekannte geärgert haben. Dazu kommen Innovationen unserer Partner, die wir ruckzuck umsetzen können. Zwar gibt es auch bei den großen Versicherern attraktive Ideen. Die können sie aber mit ihrer DV, mit ihren großen Hobeln, nicht so schnell verwirklichen.

CW: Können Sie dafür Beispiele nennen?

LÄssKER: Wir bieten eine PC-Versicherung an. Für eine Mark im Monat können sich unsere Kunden bei der Versicherung Tela, München, gegen Datenverlust auf ihrem Desktop versichern. Diese Idee war möglicherweise auch bei einem der Marktführer vorhanden, doch der kann keine Policen für zwölf Mark pro Jahr produzieren.

CW: Online mit Versicherungen zu makeln ist für die Versicherungsbranche noch ein neues Terrain. Doch auf der E-Business-Schiene scheint diese Geschäftsidee schon überholt zu werden - von den themenbezogenen, anbieterübergreifenden Portalen. Läuft Ihr Geschäft auf eine schnelle Mark hinaus, um sich dann unter die Fittiche eines potenten Portalanbieters zu begeben?

LÄssKER: Das Versicherungsgeschäft hat eine besondere Qualität; es bedarf des Sachverstands. Natürlich könnte eine Bank über ein Portal auch Brötchen anbieten, sogar Versicherungen. Das ist prinzipiell denkbar. Aber dass ein qualifizierter Anbieter wie wir gegenüber diesem Konzept Vorzüge zu bieten hat, nehme ich doch stark an.

Eckdaten rund um OnsecureDie Onsecure AG, Hamburg, beschäftigt 15 IT-Spezialisten und will bis zum Jahresende auf 50 Mitarbeiter wachsen, die hauptsächlich aus der Versicherungsbranche kommen sollen. Die Gestaltung der Web-Seiten obliegt der Agentur Juno GbR, Hamburg. Onsecure-Vorstand Christian Dagg geht davon aus, dass es sich bei den Nutzern des Versicherungs-Angebots um "heavy user" handelt, die sich selbst die neuesten Plugins über das Web besorgen. Von der Anwenderseite wurden der Site-Gestaltung daher kaum Restriktionen auferlegt. Da das Frames-Konzept einen schnellen Ausdruck der Seiten verhindert, verzichtet Onsecure jedoch bisher auf die Rahmen.

Als einziges Zahlungsverfahren für die Versicherungsbeiträge lässt der Online-Makler mit einer Eigenregulierungsvollmacht bis zu 5000 Mark das Lastschriftverfahren zu. Wollen Kunden ihre Vertragsdaten oder den Status eines Schadensfalls abrufen, identifizieren sie sich mit Hilfe einer Nummer, die sie sich beim Vertragsabschluss selbst geben, und mit einem Passwort. Sicherheit bei der Übertragung bieten zudem die 128-Bit-Verschlüsselung und Firewalls des Herstellers Checkpoint Software Technologies.

Das Web-System läuft auf "Web Logic", einem Applikations-Server von Bea Systems Inc., und verwendet die Datenbank "Oracle 8.i". Bis jetzt zählt Onsecure rund 2000 Hits pro Tag. Um nach dem offiziellen Start Mitte April für den erhofften Ansturm intern gewappnet zu sein, bedient sich der Online-Broker des Transaktionssystems "Tuxedo" von Bea.

Die Back-Office-Anwendung wurde mit einem auf dem Markt befindlichen Agentursystem entwickelt. Es dient hauptsächlich zur Erstellung von Policen und läuft auf einer HP-Maschine.