Spezialisierung auf verschiedene Einsatzgebiete

Verlage aktualisieren Bücher auf die neueste Java-Version

06.03.1998

Auffällig und bedauernswert ist der Umstand, daß viele der besten Werke entweder Übersetzungen aus dem Amerikanischen sind oder gleich nur auf Englisch vorliegen. Gibt es schon mal ein gutes Java-Buch in deutscher Sprache, wie beispielsweise Stefan Middendorfs "Java" (dpunkt 1996), dann zögert der einheimische Verlag sehr viel länger mit einer Aktualisierung. Es ist ein offenes Geheimnis, daß dieser Mißstand vor allem mit den finanziellen Möglichkeiten der englischsprachigen Verlage zusammenhängt. Sie bedienen einen viel größeren Markt und können wohl daher auch bessere Honorare zahlen. Dies erklärt auch, warum im folgenden überdurchschnittlich viele Bücher aus Übersee empfohlen werden.

Einführungen

Das Komplizierte einfach klingen zu lassen und doch alle wesentlichen Informationen zu vermitteln erfordert neben didaktischem Geschick auch eine souveräne Beherrschung der Materie. Viele Bücher überschütten den Leser mit seitenlangen Listen von Klassen und Methoden oder sehen dessen letztes Glück im Brüten über unkommentiertem Code.

Dirk Louis und Peter Müllers Buch "Jetzt lerne ich Java" (Markt & Technik 1997) wirbt mit dem Versprechen, Vorwissen sei nicht erforderlich. Tatsächlich gelingt es den Autoren, auf 450 Seiten eine umfassende Einführung in die wesentlichen Sprachkonzepte und die Grundkenntnis der zentralen APIs des JDK 1.1 zu vermitteln. Die Autoren vermeiden weitgehend jede Fachsprache, was ihr Buch gerade für Einsteiger geeignet macht, während es für den programmiererfahrenen Umsteiger zu redundant ist.

Eine etwas akademischere Gangart schlägt Judy Bishop mit "Java Gently. Programming Principles Explained" (Addison-Wesley 1997) ein. Die Professorin für Computer Sciences an der Universität von Pretoria konzentriert sich sehr viel stärker auf Fragen des Softwaredesigns und visualisiert mittels einer Variante von Rumbaughs Objekt-Modell-Technik die Klassenstruktur der Beispielprojekte. Das API wird nur sehr knapp behandelt, dafür geht Bishop aber etwas ausführlicher auf einfache Datenstrukturen und Algorithmen zum Suchen und Sortieren ein.

Nachschlagewerke

Nachschlagewerke zu Java Application Programming Interfaces (APIs) gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Allerdings bieten viele Autoren nicht mehr als eine Auflistung aller Klassen und Methoden, die kaum über die HTML-Dokumentation des Java Development Kit von Sun hinausgeht.

Zum Glück existieren aber auch einige hervorragende Nachschlagewerke, die man jedem Java-Verwender empfehlen kann. Da ist zuerst "The Java Class Libraries: An Annotated Reference" von Patrick Chan und Rosanna Lee (Addison-Wesley 1997) zu nennen.

Auf 1700 Seiten werden alle Klassen streng alphabetisch aufgelistet: Neben kurzen Hinweisen zur Position der Klasse in der Klassenhierarchie und der Syntax aller Methoden wird ausführlich die Aufgabe der Klasse beschrieben. Allein die zahlreichen Beispiele machen das Buch des Java-Team-Mitglieds Chan und seiner Kollegin Lee zur Nummer eins der Nachschlagewerke. Der Nachfolger, der auch das JDK 1.1 behandelt, wurde in zwei Bände unterteilt und erscheint im Frühjahr 1998.

Bereits auf diesem neueren Stand sind die beiden Bände des Verlags O'Reilly "Java AWT Reference" (John Zukowski) und "Java Fundamental Classes Reference" (Mark Grand, Jonathan Knudsen). Besonders gelungen ist das Lexikon zum "Abstract Window Toolkit" (AWT), das nur in der zweiten Hälfte ein reines Nachschlagewerk ist und im ersten Teil sehr umfassend und kenntnisreich die Funktionsweise des AWT darstellt.

Eines der erfolgreichsten Java-Bücher überhaupt ist David Flanagans "Java in a Nutshell" (O'Reilly, 2. Auflage 1997), das eine beeindruckende Informationsfülle bietet. Die erste Hälfte des erfreulich preisgünstigen Buchs, das auch auf Deutsch erschienen ist, bietet in sehr kompakter Form einen Überblick über die Möglichkeiten von Java, die zweite Hälfte ein Nachschlagewerk. Zur Ergänzung gibt es nun einen Band mit Beispielen, Flanagan: "Java Examples in a Nutshell" (O'Reilly 1997), der all die Beispiele enthält, für die in der Nußschale kein Platz war.

Handbücher

Ein umfassendes Handbuch zu den Standardthemen wie Sprachumfang, Überblick über die API, AWT und Netzwerk-Programmierung hat Michael Morrison mit "Java 1.1 Unleashed" (SAMS.NET, 3. Auflage 1997) herausgegeben. Außerdem werden in dem 1300 Seiten starken Wälzer auch neuere Aspekte von Java wie Javabeans, Datenbankverbindungen mit JDBC, die Optimierung von Java-Code und die Zusammenarbeit von Java mit anderen Sprachen behandelt. Die Qualität der Kapitel, die von unterschiedlichen Autoren stammen, schwankt deutlich. Insgesamt aber gibt es kaum ein Buch, das so umfassend über die verschiedenen Aspekte von Java berichtet. Die beiliegende CD enthält unter anderem zwei vollständige Bücher über Java-Programmierung und die Einbettung des Codes in HTML-Dateien. Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel "Java 1.1 für Insider" erschienen, allerdings um mehrere Kapitel gekürzt - dafür aber in langlebigem Hardcover.

Die Schwäche dieser Kategorie von Buch zeigt sich in den dünneren Brüdern, beispielsweise Philip Heller, Simon Robert: "Java 1.1 Developer's Handbook" (Sybex 1997) oder Karanjit Siyan, James Weaver: "Inside Java" (New Riders 1997). Seitenlange Listings, dazwischen teilweise sehr gut recherchierte Informationen lassen den Anfänger oft hilflos zurück, während der erfahrene Programmierer angesichts dieser redundanten Informationsflut bald aufgibt und auch die kleinen Goldkörner übersieht.

Einen anderen Weg geht der Band "Industrial Strength Java" (New Riders 1997), der von Cassady-Dorion herausgegeben wurde. Er fängt dort an, wo die meisten Java-Einführungen aufhören, und führt den schon etwas geübten, aber nicht professionellen Programmierer noch einmal durch die bekannten Themenfelder wie AWT und Netzwerkprogrammierung. Neben den Kapiteln Javabeans, JDBC und Servlets verdienen vor allem die 80 Seiten zur Integration von Java und C/ C++ Erwähnung. Ärgerlich sind allerdings die zahlreichen Fehler wie falsche Bildunterschriften und verstümmelte Beispiele.

JDBC und Corba

Die Datenbank-Schnittstelle JDBC hat Java für die Geschäftswelt erst richtig interessant gemacht. Eine gut lesbare und kompetente Einführung in diese nicht unkomplizierte Materie findet sich in dem Gemeinschaftswerk von Graham Hamilton, Rick Cattell and Maydene Fisher: "JDBC Database Access with Java: A Tutorial and Annotated Reference", das ebenfalls in der Java-Serie von Addison-Wesley erschienen ist. Allerdings wird der größere Teil von einer Referenz der einschlägigen APIs eingenommen, die im besten Fall durchschnittlich zu nennen ist. George Reese hat seinen rund 200 Seiten zwar den Titel "JDBC and Java" (O'Reilly 1997) gegeben, aber das ist wohl auf Druck des Verlags geschehen, da der Inhalt eher einen Titel wie "Programmieren verteilter Anwendungen mit RMI und JDBC" verdient hätte. Bemerkenswerter als die Behandlung von JDBC ist diejenige von grundsätzlichen Designproblemen in verteilten Anwendungen und die Diskussion von RMI. Einen besonders guten Ruf genießt "Client/Server Programming with Java and Corba" von Robert Orfali und Dan Harkey (Wiley 1997). Kenntnisreich und engagiert werden die Unterschiede und jeweiligen Vorzüge von Kommunikationstechniken wie Sockets, Corba, DCOM, RMI und HTTP/CGI diskutiert.

Zuletzt sei noch ein Java-Buch empfohlen, das fast ganz ohne Code auskommt: Peter van Linden erklärt in "Not just Java" (Prentice Hall 1997) die wesentlichen Konzepte objektorientierten Programmierens, beschreibt Komponentenarchitekturen wie Javabeans und Active X, die Funktionsweise von JDBC sowie von Corba und COM - stets informiert und oft erstaunlich witzig. Das Buch richtet sich an Entscheider, die wissen möchten, was sich hinter dem ausufernden Akronymsalat verbirgt, ohne gleich mit dem Programmieren beginnen zu wollen. Mit diesem Band ist van Linden der Anschluß an sein zu Recht erfolgreiches "Just Java" gelungen.

*Fotis Jannidis arbeitet als freier Autor in München.