Elitenbildung vermeiden - Technik-Wissen fördern:

Verkürztes Studium noch auf langer Bank

08.05.1987

BERLIN/MÜNCHEN (lo) - Das Studium verkürzen, um rechtzeitig Berufschancen nutzen zu können, ist das Thema: Bildungsinstitutionen wie auch Fachverbände denken über Neuregelungen von Lehrplänen nach. Kritik ernten dabei vor allem Vorschläge, die den Aufwand unterschätzen, sich praxisnahes Wissen über neue Techniken anzueignen.

Studienzeitverkürzung lautete das Thema eines Fachgesprächs zwischen Vertretern des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft (BMFT), der Westdeutschen Rektorenkonferenz, des Kölner Wissenschaftsrats und des gastgebenden Berliner Senats. Mögliche Lösungswege seien, Lehrangebote und Prüfungszeiten durchzustrukturieren sowie zu straffen. Hilfreich wäre auch mehr Transparenz über fachspezifische Studienzeiten im Vergleich bundesdeutscher Hochschulen untereinander.

Von seiten der Arbeitgeberverbände wurde auf das späte Berufseintrittsalter vieler Studenten verwiesen. Wenn ein Absolvent mit 28 Jahren - und älter - in den Job käme, würde er zu lange von "außeruniversitären Entfaltungsmöglichkeiten" ferngehalten.

Der Bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Wild hatte kürzlich mit seinem Vorschlag, die Studienzeit auf vier Jahre zu beschränken, Ablehnung provoziert. Der Vorwurf der Studentenvertreter lautete "Elitenbildung". Aber auch Wilds Nachfolger als Präsident der Technischen Universität in München, Herbert Kupfer, wandte gegen diese "Idealvorstellung" ein: "Beim hohen Stand der Technik können beispielsweise Ingenieure nicht in diesem Zeitraum ausgebildet werden." Und Aufbaustudiengänge in Wirtschaftswissen oder Management könne die Hochschule nicht "für alle" zur Verfügung stellen.