Datenfernverarbeiter unterliegen mit Beschwerde:

Verfassungsgericht stützt Postmonopol

16.12.1977

KARLSRUHE/OFFENBACH/BIELEFELD - Die Verfassungsbeschwerde gegen eine Reihe von Bestimmungen der Direktrufverordnung ist abgewiesen worden. Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seiner Entscheidung (Az 1 BvR 217/ 75 v. 12. I0. 77) das Postmonopol auch im Bereich der Datenfernübertragung abgesichert, durch seinen Beschluß aber dennoch die hauptsächlich inkriminierten Paragraphen 6 Absatz 6 und Paragraph 9 so eng ausgelegt, daß nun erst Spezialisten ausloten müssen, wieviel vom Beschwerdeziel trotz der Niederlage erreicht worden ist.

Die Beschwerdeführer (EDV-Hersteller, Vertriebsfirmen, Rechenzentren) stützten sich auf ein Gutachten des Bielefelder Rechtsprofessors Dr. Emmerich, der die Klage auch vor dem Verfassungsgericht betreut hat. Emmerich hatte, wie von der COMPUTERWOCHE mehrfach berichtet, zunächst in seinem Gutachten für den "Arbeitskreis Datenfernverarbeitung" im "Verband der Postbenutzer" die Verfassungsmäßigkeit des Paragraphen 3 Absatz 4 (der die Postkunden zwingt, Modems ausschließlich bei der Post zu mieten), den Paragraphen 6 Absatz 6 (der den Zusammenschluß interessierter Unternehmen zu gemeinsamer Datenfernverarbeitung verbietet) sowie die Paragraphen 9 und 10 der Direktrufverordnung (durch die die Teilnehmer gezwungen werden, nur Anlagen zu benutzen, die von der Bundespost zugelassen sind) verneint.

Dem Vernehmen nach waren die Verfassungsrichter geneigt, die Direktrufverordnung hinsichtlich des Paragraphen 6 Absatz 6 und des Paragraphen 9 aufzuheben. Nach dem Auftreten der Post sahen die Verfassungsrichter aber keinen Anlaß "an den glaubwürdigen Ausführungen der Bundespost zu zweifeln", zumal Gscheidles Justitiare von sich aus die hauptsächlich angegriffenen Bestimmungen sehr eng interpretierten.

Die Karlsruher Richter befanden in ihrem mehr als 50 Seiten langen Beschluß zum Paragraphen 6 Absatz 6: Die Bestimmung, daß Datenfernverarbeitung für Dritte nicht zulässig sei habe nur gebührentechnische Bedeutung. Sie sei nur so zu verstehen, daß sich private Vermittler nicht einschalten dürften, weil dann das Gebührenaufkommen der Post gefährdet wäre, zumal eine verkehrsabhängige Gebührenbemessung heute technisch noch nicht möglich sei. Die Klausel habe nicht den Sinn und dürfe ihn auch nicht haben, so urteilten die Verfassungsrichter, daß Datenfernverarbeitung für Dritte ausgeschlossen werde. Es ist also zulässig, Daten für andere zu verarbeiten und sie dann weiterzugeben. Es ist aber nicht zulässig, einen privaten Knoten zu schaffen und über diesen unverarbeitete Daten laufen zu lassen. Auch die Bestimmungen des Paragraphen 9 klassifizierten die Richter als die äußerste Grenze des noch Tragbaren, und dies müsse deshalb so eingeschränkt werden, daß die Post in allen Fällen stets nur und ausschließlich fernmeldetechnische Gründe berücksichtigen dürfe, aber sonst überhaupt keine anderen Gründe.