Veränderte Anforderungen an das Informationsmanagement Dieter Trollmann, Geschäftsstellenleiter Roland Berger & Partner GmbH, Frankfurt Es ist noch gar nicht so lange her, daß in den Rechenzentren mit Lochkarten in Stapelbeziehungsweise Batch-Verarbeitung

28.07.1989

Veränderte Anforderungen an das Informationsmanagement

Dieter Trollmann, Geschäftsstellenleiter Roland Berger & Partner GmbH, Frankfurt

Es ist noch gar nicht so lange her, daß in den Rechenzentren mit Lochkarten in Stapelbeziehungsweise Batch-Verarbeitung Serviceleistungen erbracht wurden. Über Dialogverarbeitung bis zur heutigen 4. Generationssprache, Künstlichen Intelligenz, Vernetzung, ISDN, LAN, WAN etc. haben sich nicht nur die Werkzeuge, sondern auch die Anforderungen an die Mitarbeiter drastisch verändert. Diese innovative Entwicklung bei den Herstellern zwingt zum Mitmachen und verändert auch unter dem Gesichtspunkt

Anforderungen an das Informationsmanagement.

Doch blicken wir zunächst noch einmal zurück: Die damaligen Anforderungen an den Rechenzentrumsleiter waren sicherlich andere als an den dann folgenden DV/Org.-Leiter, und die heutigen Anforderungen an den Informationsmanager haben sicherlich noch wenig gemein mit den Anforderungen an den damaligen RZ-Leiter. Hinzu kommen die sich ständig verändernden Märkte und deren Globalisierung. Trotz Einsatz modernster Werkzeuge wird der Anwendungsstau weiter ansteigen. Dies liegt zum einem darin begründet, daß der heutige Informationsmanager nur ungenügend in die Unternehmensstrategie einbezogen wird, zum anderen, daß oft die Qualifikation hinter den Anforderungen zurückbleibt. Informationsverarbeitung muß stärker an der Unternehmens strategie ausgerichtet werden.

Um schnelle und gesicherte Managemententscheidungen treffen zu können, ist es unabdingbar, eine funktionierende Informationsverarbeitung aufzubauen. Es häufen sich jedoch in letzter Zeit die Anzeichen, daß man immer weniger in der Lage ist, das zentrale Rechenzentrum über die Abteilungsrechner und Server bis hin zu den PCs organisatorisch so in den Griff zu bekommen, daß sie zielgerichtet auf die Unternehmensstrategie ihrer Aufgabe gerecht werden. Hinzu kommt, daß durch die Globalisierung und die sich wesentlich schneller verändernden Märkte weitere Anforderungen an das Informationsmanagement gestellt werden. Die Einbeziehung der Informationsverarbeitung als strategischer Erfolgsfaktor ist in vielen Fällen zum Scheitern verurteilt, da die Einbindung des Topmanagements fehlt und somit ein "Transparentmachen" der Unternehmensziele nicht gewährleistet ist. Die Integration der Informationsverarbeitung erfolgt Bottom-up anstatt Top-down und schafft Inseln. Immense Investitionen in die Ressource strategische Informationsverarbeitung verpuffen.

Eine Einbeziehung und deren Realisierung kann nur erfolgen über die Unternehmensstrategie, organisatorische Anpassung hin zur Auswahl der Werkzeuge (Hardware, Software) und nicht umgekehrt. Dies beginnt mit der Festlegung des strategischen Informationsverarbeitungskonzeptes, also mit der Frage, welchen Stand soll die Informationverarbeitung in den nächsten drei bis fünf Jahren haben, über das Aufzeigen der operativen Vorgehensweise und kurzfristigen Optimierungsmöglichkeiten, die unter anderem folgende Projektphasen durchlaufen sollten:

In einer ersten Analyse Feststellen der Ist-Situation; hieraus ergeben sich Engpässe und Schwachstellen, Anforderungsprofil der Fachbereiche und eine eventuell in Frage kommende Zusammenarbeit mit dem Ziel, Struktur und Ablauforganisation der Informationsverarbeitung, Effizienz der Systementwicklung und Projekte, Unterstützungsgradpotential der Fachbereiche zu verbessern. Hieraus ergeben sich wiederum Entscheidungsgrundlagen hinsichtlich der Organisation der Informationsverarbeitung, der benötigten Ressourcen sowie des Informationsbedarfs der Fachbereiche, deren Infrastruktur und Lösungsalternativen.

In dieser zweiten Phase muß die Zielsetzung sein, Optimierung der Informationsverarbeitungsabläufe und Funktion Ermittlung des effektiven Kapazitätsbedarfes in der Systementwicklung und Produktion sowie die Abgrenzung der definitiv benötigten Funktionen der Fachbereiche. Das sich hieraus entwickelnde Informationsverarbeitungs-Gesamtkonzept mit Zielen, Wirtschaftlichkeit, Prioritäten und der Informationsverarbeitungsstrategie beinhaltet eine funktionsgerechte, effiziente Struktur der Informationsverarbeitung, bedarfsgerechte und wirtschaftliche Auslegung der Kapazitäten sowie die Festlegung der Entwicklungsziele zur Unterstützung der Fachbereiche. Weitere Voraussetzung für diese Vorgehensweise ist eine entsprechende Personellausrichtung, qualitativ und quantitativ, in der Informationsverarbeitung als auch im operationalen Bereich, sowie die Einbeziehung eines Projektportfolio mit Kosten Termin und Kapazitäten.

Diese Vorgehensweise ist sicherlich nur beispielhaft und in ihrer Darstellung nicht vollständig und sollte in den weiteren Ausführungen auch nur als Richtschnur dienen. Bei Projekten stoßen wir immer häufiger auf eine sehr stark abteilungsorientierte Ausrichtung, wobei die Hardware noch einigermaßen überschaubar ist. Wildwuchs verbreitet sich sehr stark im Softwarebereich. Synergien werden nicht genutzt.

Häufig werden immense Investitionen an Hard- und Software mit einer schnelleren Verarbeitung begründet. Bei näherem Hinschauen stellen wir jedoch immer wieder fest, daß alleine die immensen Investitionen nicht rechtfertigt. Das Topmanagement muß die Informationsverarbeitung als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie integrieren und die Unternehmensziele über die Abteilungen transparent machen. Der angesprochene Anwendungsstau, im Schnitt bis zu drei Jahren, hat seine Ursache auch darin, daß zu schnell programmiert wird, ohne ein klares Konzept, was automatisch Veränderungen während der Programmierphase nach sich zieht. Der angestrebte Abbau des Anwendungsstaus kann auch unter Einsatz modernster Technologie nicht vollzogen werden, der Stau wird in den nächsten Jahren weiterhin wachsen. Als Faustregel für ein Projekt sollte gelten, daß 50 Prozent der Projektzeit für die konzeptionelle Phase und 50 Prozent für die Programmierphase einzuplanen sind.

Ein paar Beispiele, die uns in unserer täglichen Projektarbeit häufiger begegnen, sind: Relevante Informationen werden häufig nur auf Anforderung an die entsprechenden Arbeitsplätze geleitet. Gleichzeitig werden Informationen ziellos im Unternehmen verteilt. Bei einer funktionierenden Informationsverarbeitung muß der Bedarf an hierarchisch relevanten Informationen ermittelt werden.

Die Relevanz entscheidet sich an der Wertverarbeitungsform der Information. Hierbei ist das Prinzip der nur absolut notwendigen Informationen zur Erledigung der Aufgabe aufzuwenden. Informationen für die Weiterverarbeitung müssen den Arbeitsplatz gezielt und nicht zufällig oder auf Anforderung erreichen.

Die Reaktionsgeschwindigkeit steigt bei einer strukturierten Informationsverarbeitung um ein Vielfaches. Für ihre Erhöhung ist eine klare Kompetenzregelung im Unternehmen notwendig.

Die immer wieder festzustellende hohe Redundanz der Information resultiert aus dem uferlosen Sammeln, Erstellen und Sichern von Daten und Informationen. Aufgabe des Topmanagementsc des Informationsverarbeitungsmanagements, der Organisation und der operationalen Bereiche muß es sein, nur notwendige aktuelle Informationen zu verarbeiten. Dies führt zu einem verminderten Personaleinsatz und einer erhöhten Flexibilität. Hierbei ist ein Standardisieren der Verfahren "Make or Buy" anzustreben.

Die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal, das sowohl über informationstechnische, fertigungstechnische, organisatorische und betriebswirtschaftliche Kenntnisse verfüg, stellt sicherlich einen Engpaßfaktor bei der weiteren Durchdringung der Informationsverarbeitung im Unternehmen dar. Die erkannten Mängel müssen im Unternehmen verstärkt durch Ausbildung und Trainingsmaßnahmen ausgeglichen werden. Unsere Erfahrung zeigt, daß situationsspezifisch die Einbeziehung externen Know-hows eine sinnvolle und effiziente Möglichkeit für häufig nicht lösbare Konflikte darstellt und dazu beiträgt, unnötige Kompromisse und damit Zielverfehlungen zu vermeiden.