EU-Kommission und Internet Society kritisieren Zentralismus

US-Papier zur Domain-Name-Vergabe stößt auf breite Ablehnungsfront

03.04.1998

In seltener Einmütigkeit verurteilen sowohl die EU-Kommission, Privatunternehmen als auch Organisationen, die sich der Unabhängigkeit des Web widmen, das Vorgehen der USA im Streit um die Freigabe der Domain-Registrierung. Im Kern geht es darum, wer zukünftig zu welchen Bedingungen die begehrten Top-Level-Domains (TLDs) wie ".com" oder ".org") vergeben und verwalten darf. Die US-Regierung hatte angekündigt, noch im Laufe dieses Jahres ihr Monopol zugunsten eines freien Wettbewerbs aufzugeben.

Martin Burack, Executive Director der Internet Society, befürchtet eine zu starke Einflußnahme der US-Regierung auf den Übergangsprozeß. So schreibe der Entwurf beispielsweise vor, wie viele Registrierungsinstanzen und Top-Level-Domains es geben solle. In die gleiche Kerbe schlägt die EU-Kommission mit ihrer offiziellen Stellungnahme. Es bestehe die Gefahr einer dauerhaften Kontrolle der US-Gesetzgebung über die Belange des Internet einschließlich der Konfliktbewältigung und Markenzeichen-Verwendung.

Damit erhielt das Council of Registrars (Core), eine Vereinigung von 90 Unternehmen aus 23 Ländern mit Sitz in Genf, unerwartet deutliche Schützenhilfe. Core hatte bereits begonnen, auf eigene Faust neue Domains zu registrieren, als die US-Regierung ihre ursprünglichen Freigabepläne wieder auf Eis legte (siehe CW Nr. 7 vom 13. Februar 1998, Seite 23). Nach Ansicht von Core verlängert und konsolidiert der jetzige Entwurf die Macht des US-Unternehmens Network Solutions Inc. (NSI) - im Auftrag der US-Regierung Inhaber der exklusiven Verwaltungsrechte. NSI hingegen beurteilt die amerikanischen Vorschläge, wen wundert es, ausgesprochen positiv. Ein Ende des Streits ist also nicht in Sicht.