Unrealistische Kriterien für Exportkontrolle

US-Handelsministerium gibt Superrechner-Herstellern nach

16.03.1990

WASHINGTON (CW) - Das US-Handelsministerium wird seine im Januar angekündigten neuen Export-Kontrollregeln reicht von durchsetzen können. Wie das "Wall Street Journal" berichtet, haben scharfe Proteste heimischer Superrechner-Hersteller offenbar zu einer Aufweichung der Regierungsposition geführt.

Der ursprünglichen Absicht der Behörde zufolge wären Rechner mit einer Leistung von 100 Megaflops oder mehr als Superrechner qualifiziert worden; die Hersteller hätten demzufolge nur unter strengen Auflagen Exportlizenzen erhalten. CPUs mit Rechengeschwindigkeiten über 300 Megaflops hätten sogar für den Export in Nato-Länder lizenziert werden müssen.

Der Vorwurf der Industrie: Die Superrechner-Definition sei unrealistisch, weil zu weitgreifend; sie gefährde dadurch die Wettbewerbsposition amerikanischer Hersteller.

Das 100-Megaflop-Kriterium wird inzwischen von einer ganzen Reihe handelsüblicher Computer erfüllt: Der Intel-Chip i860 beispielsweise leistet in der Spitze 160 Megaflops und wird, so hofft wenigstens Intel-Chairman Gordon Moore, bereits im nächsten Jahr hunderttausendfach verwendet werden.

Vor allem unter dem Druck der Geheimdienste wurden bisher die Kriterien so restriktiv gehandhabt. Das Handelsministerium erkennt demgegenüber an, daß sie das Wachstum der Computerindustrie behindern könnten und daher flexibler gehandhabt werden müßten. Laut "Wall Street Journal" befaßt sich die US-Regierung derzeit mit einem Gegenvorschlag der Industrie, wonach die Kontrollgrenze für Superrechner-Exporte in Nato-Länder von 300 auf 600 Megaflops angehoben werden soll.

Zusätzlich will man sich um eine Abstimmung mit den japanischen und westeuropäischen Regeln bemühen, um eine Benachteiligung der US-Hersteller zu vermeiden.