Unternehmensweite Outsourcing-Projekte werden seltener EDS-Chef Graeber rechnet mit zweiter Re-Engineering-Welle

08.12.1995

FRANKFURT/M. (CW) - Die ganz grossen Outsourcing-Deals fehlten 1995 in Deutschland. Wie Horst Graeber, Geschaeftsfuehrer der EDS Deutschland GmbH in Ruesselsheim, beobachtet, geht der Trend zu kleineren Auftraegen mit einem Wert von 50 bis 100 Millionen Mark. Der Markt habe sich beruhigt, Kunden legten zunehmend Wert auf "paketierte Loesungen".

Auch 1995 wird die deutsche EDS-Tochter, so Graeber, um eine zweistellige Prozentzahl zulegen, wenngleich die Zeiten, in denen alljaehrlich ein Geschaeftszuwachs von 30 Prozent erreicht wurde, vorueber seien. Im vergangenen Jahr hatte EDS hierzulande erstmals einen Umsatz von einer Milliarde Mark erzielt.

Graeber rechnet eigenen Angaben zufolge mit einer zweiten, staerkeren Re-Engineering-Welle, da vielerorts die Erkenntnis reife, dass viele Prozesse in den Unternehmen beziehungsweise Branchen sehr aehnlich ablaufen. Vor allem im administrativen Bereich gebe es viel Reorganisations-Potential, besonders bei Banken und Versicherungen. "90 Prozent aller Aufgaben sind Routine und im Kern aehnlich oder gleich", so Graeber. Sie koennten mit Hilfe der IT vereinfacht und automatisiert werden. EDS werde dazu verfuegbare "Technologiestandards" in firmenspezifischer Adaption anbieten.

Um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen, biete EDS vermehrt an, "in das Risiko zu gehen" und die Preise erfolgsabhaengig zu gestalten. Der Dienstleister analysiert mit Hilfe der in diesem Jahr uebernommenen Management-Beratung A.T. Kearney die Vorgaenge beim Kunden und erarbeitet gemeinsam mit ihm massgeschneiderte Loesungen.

Prozesse, die nicht als Kerngeschaeft gelten, uebernimmt bei Bedarf der Dienstleister - davon kann sogar der komplette Einkauf oder die Buchhaltung betroffen sein. Die Verguetung richtet sich nach Zielvereinbarungen, die auf der Basis objektiver Messverfahren entstehen muessen.

Zukunftsmaerkteim Blickpunkt

Neben dem "Cosourcing-Geschaeft" (O-Ton EDS) will sich die General- Motors-Tochter kuenftig wichtigen Zukunftsmaerkten widmen. Dazu zaehlt die Einrichtung von Abrechnungssystemen fuer Grosskunden, die mit komplizierten Tarifstrukturen und den Abrechnungsdaten einer Vielzahl von Kunden umgehen muessen.

Als Beispiel fuehrt Graeber die Konzerne Thyssen, Viag und Veba sowie die Deutsche Telekom an. Fuer die DeTeMobil GmbH betreibt EDS bereits im Rahmen eines Pilotprojektes ein Clearing-House. Sie ist damit fuer den Austausch der Abrechnungsdaten mit allen D1-Roaming- Partnern der DeTeMobil im pazifisch-asiatischen Raum verantwortlich. Ausserdem sollen Call-Center eingerichtet werden, um im Auftrag von Kunden Telefoninformationen herauszugeben.

Graeber entwarf die Vision, Informations- und Servicezentren fuer Kommunen zu schaffen, um Stadtbewohner mit Informationen und Dienstleistungen zu versorgen. Ueber oeffentliche Terminals liessen sich diverse Verwaltungsfunktionen vom Bau- ueber das Meldeamt bis hin zur Buergerinformation abdecken. Auch nichtkommerzielle, private Aufgaben fuer Verbaende, Vereine, Beratungsstellen oder Volkshochschulen koennten in das Prinzip des "One-stop-Shopping" einbezogen werden.

Hoffnungen setzt EDS ferner auf ein Joint-venture mit der Duesseldorfer Thyssen Telecom AG, das Online-Services ausschliesslich fuer Geschaeftskunden bieten soll. Mit Hilfe eines von EDS entwickelten Toolsets werden Applikationen im World Wide Web erstellt, die es Kunden ermoeglichen, einen eigenen Online- Dienst aufzubauen. Auf Basis dieser Technik und der Telecom- Infrastruktur von Thyssen koennte beispielsweise ein Automobilhersteller gemeinsam mit seinen Haendlern eine Multimedia- Praesentation entwickeln