Durchgängige Konzeption ist unerläßlich

Unternehmensweite Logistik verbessert die Lieferfähigkeit

25.05.1990

Beschaffungslogistik und operatives Einkaufen müssen in zukunftsorientierte DV-Logistiksysteme integriert sein, meint Rudolf Ehrbar*. Seiner Ansicht nach bedürfen Kandels- und Fertigungsunternehmen einer durchgängigen Logistikkonzeption, und mit wirtschaftlichen lagerbeständen den Markt störungsfrei beliefern zu können.

Unternehmen, die mit dem Vertrieb von Ware beschäftigt sind, zählen entweder zu den Fertigungs- oder zu den Handelsunternehmen. Fertigungsbetriebe übernehmen die Aufgaben eines Handelsunternehmens dann, wenn bestimmte Waren, zum Beispiel Ersatzteile, vermarktet werden sollen. Beide Unternehmen benötigen in der Regel ein Warenwirtschaftssystem, das die Bereiche Planung, Disposition, Einkauf, Lager und Vertrieb abdeckt.

Auf den Absatzmärkten der meisten Branchen werden in immer kürzeren Zeitabständen neue Produkte verlangt. Dabei steigt die Produktvielfalt zusehends. Der Abnehmer will seine Ware nach Möglichkeit schnell und in kleinen Losgrößen angeliefert haben. Oft schreibt er vor, wie die Ware verpackt und ausgezeichnet werden soll. In vielen Fertigungsunternehmen geht der Anteil der eigenen Produktionsleistungen erheblich zurück.

Spezifische Verarbeitungen werden immer häufiger an Dritte übergeben oder durch externe Halb- und Fertigfabrikate ersetzt. Innerhalb des Beschaffungs- und Herstellungsprozesses wird auf diese Weise bei gleichem Zeitaufwand bedeutend mehr Ware umgeschlagen.

Diese Beschleunigung bedingt einen reibungslosen Material- und Informationsfluß bis hin zum Beschaffungsmarkt. Logistik-Lösungskonzepte, die nur Teilgebiete dieser Aufgabenstellung berücksichtigen, müssen zwangsläufig zu unbefriedigenden Ergebnissen führen.

Aufgrund der Kundenforderung, die Logistik als verknüpfendes System eines gesamten Unternehmens zu betrachten, hat die ADV/Orga - ausgehend von der MRPII-Planungsphilosophie - mit dem Logistiksystem "Ilas" ein Gesamtkonzept entwickelt. Als Dialogsystem konzipiert soll das Produkt alle Funktionen der gesamten logistischen Versorgungskette abdecken. Nicht nur Serien- und Prozeßfertigung, sondern auch die hohen Ansprüche der Einzelfertigung von Kleinserien sind zu befriedigen.

Durch die Funktionen eines Warenwirtschaftssystems werden auch die Anforderungen für Handelsunternehmen erfüllt. Die vollständige Integration der logischen Prozesse und die enge Verzahnung mit FIBU, KORE, Anlagenbuchhaltung und Personalverwaltung machen das Produkt zu einem absatzorientierten Instrument. Außerdem erhält das Management zuverlässige Führungsinformationen.

Für Disposition und Fertigung, aber auch für die externe Beschaffung ist die Programmplanung besonders wichtig. In den meisten Fällen genügen mathematische und statistische Prognosemodelle zur Ermittlung von Absatzmengen und für Bedarfsvorhersagen nicht mehr. Diese Modelle bisieren auf Vergangenheitswerten. Strategische Vorgaben für den neuen Planungszeitraum werden darin nicht berücksichtigt.

Umfassende und flexibel anpaßbare Funktionen sind notwendig, um die Varianten- und Ressourcenpanung oder die Varianten- und Ressourcenplanung oder die Erstellung von Konfigurationen für Endmontage und -konfektionierung durchgeführen zu können. Nur wenn auch Informationen aus der Planung entsprechend aufbereitet werden und in der gesamten logistischen Kette zur Verfügung stehen, sind wirtschaftliche Lagerbestände und eine störungsfreie Belieferung möglich. Eine durchgängige Planungslogik, die in einen kybernetischen Regelkreis integriert ist, ermöglicht die Koppelung der Disposition mit den Vorgängen des Tagesgeschäftes. Soll-Ist-Abweichungen, beziehungsweise Störquellen können auf keinen Fall manuell beseitigt werden.

Die systemtechnische Integration ist auch mit historisch gewachsenen Datenbeständen kaum erreichbar. Dafür sind eine moderne Software-Technologie und vor allem ein bereichsübergreifendes Datenbankdesign notwendig.

In das Logistiksystem von ADV/Orga ist die Planungsebene integriert. Eine durchgängige Logik wurde mit kybernetischen Regelkreisen realisiert. In der Programmplanung legen Absatzvorgaben fest, weiche Mengen oder Werte, pro Zeiteinheit verkauft werden sollen. Macht die Produktvielfalt diese Erhebung zu aufwendig, so hat der Planer die Möglichkeit, die Absatzdisposition auf Familienbeziehungsweise Gruppenebene vorzunehmen.

Abhängig von den festgelegten Absatzzahlen werden der Aufbau der Planungsstrukturen sowie strategische Maßnahmen simuliert. Von diesen Ergebnissen kann der Benutzer bestimmte Mengen ableiten, zum Beispiel:

- Materialeinheiten für die Disposition,

- Planmengen für kritische Rohmaterialien oder Sammelmengen von Materialien (zum Beispiel Kupfer, Gold) für Verhandlungen im Börsengeschäft, - Ressourcenbedarf und Engpässe (zum Beispiel Kapazitäts-, Platz-, Finanzbedarf).

Der jeweilige Bedarf wird entweder direkt oder gemeinsam mit der Disposition bearbeitet. Dabei finden die vom Benutzer festgelegten Parameter für Abgleich- und Freigabeverfahren Berücksichtigung. In der Disposition ist der Bedarf sowohl in stochastischer als auch in deterministischer Hinsicht ausschlaggebend. Auf Details der verschiedenen Verfahren, zum Beispiel auf die Strukturauflösung, die Durchsteuerung ohne Zwischenlagerung oder das Abgleichverfahren, möchte ich in diesen Ausführungen nicht eingehen.

Grundsätzlich findet eine Gegenüberstellung von Bedarfsmeldungen und den vorhanden nen Beständen beziehungsweise Bestellungen statt. Anforderungen werden auf Termin und Menge überprüft. Den Bedarf, der nicht durch Bestände und Bestellungen gedeckt ist, faßt die festgelegte Los-Bildung zu Bestellvorschlägen mit Menge und Termin zusammen. Dabei sind minimale beziehungsweise maximale Bestell- und Verpakkungsmengen zu berücksichtigen.

Die im Dispo-Lauf ermittelten Bestellvorschläge dienen dem Einkäufer zusammen mit Menge und Termin für die Lieferantenauswahl. Preis, gewünschter Liefertermin und die vereinbarten Rabattstaffeln werden dabei berücksichtigt. Darüber hinaus besteht die Mögichkeit der automatischen Bestellschreibung aufgrund von Rahmenbestellungen.

Die operative Ebene der Beschaffung, bestehend aus den Funktionen Einkaufsabwicklung, Wareneingang und Rechnungsprüfung, ist das erste Glied der logistischen Beschaffungskette. Bei den Bedarfsmeldungen, die von der Disposition weitergegeben worden sind, muß die Rückkopplung der Ist-Meldungen aus Einkauf und Wareneingang bis zum Primärbedarf - das heißt aus Absatzplanung oder Kundenaufträgen - oder aufgrund ungeplanter Bezüge ab Lager entstanden sind.

Neben den Erfordernissen an Rohmaterialien, Halb- und Fertigfabrikaten sowie Ressourcen, die aus dem Primärbedarf abgeleitet wurden, sind auch Beschaffungen durchzuführen, die nicht mit der Bedarfsauflösung verknüpft sind. Dazu zählen zum Beispiel Drucksachen oder Verbrauchs- und, Büromaterialien.

Logistik entspricht Firma-Werk-Struktur

Zusammenfassend sollen hier einige Funktionen genannt werden, die ebenfalls für eine integrativ funktionierende Beschaffung auf der operativen Ebene notwendig sind:

- Aufbau einer der Logistik entsprechenden Firma-Werk-Struktur: Für die Beschaffung bedeutet dies, daß Einkaufs- und Wareneingangsabwicklung sowohl zentral als auch dezentral möglich sind.

- Lieferantenbeziehungen mit Bezugsquellennachweis inklusive Preis- und Konditionenverwaltung. Dadurch sind maschinelle Preisvergleiche und -kalkulationen im Dialog möglich;

- Abwicklung von Anfragen, Angeboten, normalen Bestellungen sowie weiteren Vertragsarten (zum Beispiel Konsignations-, Garantie-, Rahmenbestellungen sowie Lohnaufträge) mit Integration in den Regelkreis und Kooperation mit der Kreditorenbuchhaltung: Als Beispiel seien hier vertragsabhängige Buchungsverfahren oder gemeinsame Geschäftspartnerbeziehungen genannt.

- Geplante Eingänge im Wareneingang als Arbeitsvorrat im Dialog abrufbar;

- Bestellüberwachung nach festen und relativen Terminen - zum Beispiel zehn Tage vor Lieferung;

- Erfassung und Verwaltung von vorgangsbezogenen Standard- und Individualtexten: Dazu zählen Ergänzungstexte in der Bestellung, Wareneingangsvermerke und Dokumentationshinweise.

- Nachführung der für die Lieferantenbewertung relevanten statistischen Daten (zum Beispiel Terminkreuz).

Im Wareneingang und in der Rechnungsprüfung sind die eingehenden Lieferungen und Rechnungen im Dialog identifizierbar. Die Ware kann direkt oder über die Qualitätssicherung an Lager, Auftraggeber oder Kostenstelle weitergegeben werden.

Sogenannte Sonderbestände lassen sich mit einer Merkmalskombination (zum Beispiel Charge, Zertifikat, Qualitäts- und Zollvermerk) deklarieren und verwalten.

Die eingehenden Rechnungen werden mit dem in der Bestellung vereinbarten Preis, der bestellten, gelieferten und akzeptierten Menge verglichen. Anschließend werden sie an die Buchhaltung weitergegeben, damit,. die ordnungsgemäße Zahlung erfolgen kann. Die Kosten werden in einem automatischen Verfahren ermittelt. Dabei kann die Kostenfindung per Parameter auf jedes FIBU-System angepaßt werden.

*Rudolf Ehrbar, Organisationsberater Logistik bei der ADV/Orga AG, 8600 Dübendorf (Schweiz).