Kommentar

Unterm Strich ein Mißtrauensantrag

01.05.1998

Wenn der größte Lufthansa-Bereich die Ausrüstung und den Betrieb seiner Bildschirm-Arbeitsplätze an einen externen Anbieter vergibt, bedeutet das für die Dienstleistungs-Division LH Systems eine Umsatzeinbuße von mindestens 20 Prozent. Schlimmer noch: Das Beispiel könnte Schule machen. Sollten andere Business Units ihre IT-Infrastruktur ebenfalls einem Fremdunternehmen anvertrauen, brächen dem Anfang 1995 gegründeten Profit-Center vermutlich weitere 40 Prozent seiner Einnahmen weg.

Selbstredend steht es LH Systems frei, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Die Frage ist nur, ob die Lufthansa-eigenen IT-Spezialisten überhaupt in der Lage sind, mit selbständig operierenden Dienstleistern in den Wettbewerb zu treten: Dem einen oder anderen Konkurrenten dürfte wohl mehr daran liegen, einen solchen Prestige-Auftrag an Land zu ziehen, als einen anständigen Profit zu erzielen.

Dieser Effekt wäre Ricardo Diaz Rohr, dem obersten Informations-Manager der LH Passage, sicher recht. Er muß die bestmögliche Leistung zum günstigsten Preis einkaufen. Zwar vermeidet er peinlichst jede Bemerkung, aus der hervorgehen könnte, daß LH Systems einen schlechten Job gemacht habe. Doch die von ihm ins Spiel gebrachten Gartner-Group-Zahlen sprechen für sich. Unter dem Strich bleibt der Eindruck, daß die öffentliche Ausschreibung ein Mißtrauensantrag gegen die konzerneigene IT-Mannschaft ist.