Mitarbeiterzahl soll um 10 0000 reduziert werden

Unisys steckt 1,2 Milliarden Dollar in Umstukturierungen

02.08.1991

BLUE BELL/SULZBACH (CW) - Trotz der vielen schlechten Nachrichten der letzten Jahre geben die Verantwortlichen der Unisys Corp. die Hoffnung nicht auf: Jetzt soll eine Sonderbelastung in Höhe von 1,2 Milliarden Dollar, die das Ergebnis des zweiten Quartals auf das Rekordminus von 1,3 Milliarden Dollar drückte, helfen, die überarbeitete Unternehmensstrategie zu realisieren und den Stellenabbau von 10 000 Mitarbeitern finanziell abzusichern. Chairman James A. Unruh jedenfalls sieht das Unternehmen bereits am Ende dieses Jahres wieder in der profitablen Zone.

Obwohl auch der Umsatz in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um knapp elf Prozent zurückging, sieht man nach eingehender Prüfung der Produktlinie, der Marktsegmente und der Organisation der Konzernmutter sowie der Dependancen keinen Grund, die Strategie grundlegend zu ändern. Unruh erklärte aber, daß "es fundamentale Änderungen in der Umsetzung" geben werde, um den ökonomischen Bedingungen gerecht zu werden, die "die beispiellosen strukturellen Veränderungen in der Computerindustrie" erzeugten.

Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres mußte der 1986 aus Sperry und Burroughs entstandene Mainframer inklusive der außerodentlichen Belastung einen Nettoverlust von 1,39 Milliarden hinnehmen, nachdem er in den ersten sechs Monaten des Vorjahres noch einen Gewinn von 8,6 Millionen Dollar ausweisen konnte. Der Umsatz ging um 515 Millionen auf 4,26 Milliarden Dollar zurück. Ohne die außerordentliche Belastung hätte der Verlust des zweiten Quartals nach Angaben des Unternehmens "nur" 100,2 Millionen Dollar betragen.

Das aufgelegte Restrukturierungsprogramm sieht unter anderem vor, die Produktlinien in Übereinstimmung mit der im Herbst letzten Jahres vorgestellten "Unisys-Architecture" zu straffen, die es proprietären und offenen Systemen erlauben soll, in Multivendor-Netzen zusammenzuarbeiten. Konzentrieren will man sich bei den Mainframes auf die 2200- und die A-Serie, die V-Serie wird dagegen eingestellt. Den Anwendern sollen Migrationswege zu entsprechenden Maschinen der A-Serie eröffnet werden. Weiter verkaufen und entwickeln will der Hersteller die Unix-Systeme. Für die noch aus Sperry-Zeiten stammende OS/3-Serie hat man bereits eine sogenannte Öffnungsstrategie angeboten, die den Kunden sukzessive zu offenen Systemen bringen soll.

Außerdem wird die Zahl der Marktsegmente reduziert. Man will die Ressourcen auf die Bereiche konzentrieren, in denen das Unternehmen Mehrwert schaffen und sich von den Angeboten des Mitbewerbs abheben kann. Insidern zufolge dürften die Felder verstärkter Aktivität Finanz-Services, Fluggesellschaften, Kommunikation und die öffentliche Hand sein. Dafür sollen die Geschäftsbereiche Industrie und Energie nur noch mit begrenztem Engagement betreut werden. Darüber hinaus will man verstärkt Technologie- und Marketing-Allianzen eingehen, die das Produkt-Portfolio kosteneffektiv vervollständigen sollen .

Was die Analysten und Beobachter trotz der schweren Verluste des Unternehmens hoffnungsvoll stimmt, sind vor allem die eingeleiteten Maßnahmen zur Kostenreduzierung. Die ausgewiesene Belastung enthält demnach 925 Millionen Dollar zur Finanzierung der geplanten Mitarbeiterreduktion um rund 10 000 Angestellte, Ausgaben für die Bereinigung der Produktpalette und Geschäftsfelder sowie für die Konsolidierung der Fabriken Mehr als 60 Prozent des Stellenabbaus sollen bereits bis Ende des Jahres, der Rest bis zum Juni 1992 vollzogen sein.

Hüben wie drüben herrscht Optimismus

Bei den restlichen 275 Millionen Dollar handelt es sich um Buchwertabschreibungen, und zwar in erster Linie um eine Wertkorrektur von noch zu Burroughs-Zeiten gekauften Memorex-Vorzugsaktien, von denen sich Unisys nun getrennt hat. "Allein die Höhe der Belastung zeigt das Ausmaß unserer Aktivitäten und unser Commitment, das Unternehmen wieder auf finanziell gesunde Füße zu stellen", erklärte Unruh. Vertreter des Unternehmens betonten, daß sie durch die Maßnahmen bis Ende 1992 rund 800 Millionen Dollar pro Jahr einsparen wollen.

Genauso wie sich Unruh in Optimismus übt, gibt sich auch der deutsche Geschäftsführer der Unisys GmbH, Götz H. Siebrecht, der Hoffnung auf eine baldige Rückkehr zu schwarzen Zahlen hin. Im ersten Halbjahr kam die deutsche Dependance mit etwa 180 Millionen Mark jedoch nicht über das Umsatzniveau des Vorjahreszeitraumes hinaus. Für die Produktkategorien Hardware und Professional Services meldete das Unternehmen allerdings deutliche Zuwächse.

In Ermangelung von Umsatzwachstum hat man sich offenbar die Ausgaben vorgenommen und auf der Kostenseite bereits "vielfältige Verbesserungen" erreicht: So seien die Bankverbindlichkeiten auf Null reduziert, die ausstehenden Forderungen um 40 Prozent abgebaut, die Lagerbestände stark vermindert und die Personalkosten auf den Stand von 1989 zurückgeführt worden. Außerdem sollen auch in Sulzbach künftig weniger Mitarbeiter auf der Payroll stehen. Im Einvernehmen mit der Arbeitnehmervertretung wurde ein Frühpensionierungsprogramm für 55- bis 62jährige Arbeitnehmer gestartet, für das rund zehn Prozent der Angestellten in Frage kommen.

Von den heute 1000 Angestellten sollen in der nächsten Zeit zwischen 150 und 200 Mitarbeiter gehen. Bis zum Ende des Jahres will Unisys Deutschland die Neuausrichtung abgeschlossen und die Verlustzone verlassen haben.