Außerordentliche Belastungen drücken Ergebnis

Unisys muß unerwartet hohen Quartalsverlust hinnehmen

10.11.1989

BLUE BELL (IDG/CW) - Die seit geraumer Zeit in Bedrängnis geratene Unisys Corp. schockte Aktionäre und Marktbeobachter mit einem Quartalsverlust von 64892 Millionen Dollar. Die Begründung: Die Umstellung der Produktlinie, die Verkleinerung des Mitarbeiterstabes und die Reorganisation des Gesamtunternehmens seien für den Einbruch verantwortlich.

Obwohl die Argumente, die den riesigen Verlust plausibel und weniger dramatisch machen sollen, nicht neu sind, sind Analysten und Kunden anscheinend bereit, Unisys Glauben zu schenken. Sie hoffen weiter auf die fetten Jahre nach dem Abschluß der Reorganisation. Allerdings wird ihre Geduld auf eine harte Probe gestellt. Ulrich Weil, Analyst bei Weil & Associates, regte sich gegenüber dem "Wall Street Journal" auf. "Unisys wird ausgenommen, einfach geschröpft. Das Quartal war schrecklich, und die Zukunft sieht alles andere als rosig aus."

Das Unternehmen konnte zwar seinen Umsatz im dritten Quartal um 3,7 Prozent auf 2,35 (2,27) Milliarden Dollar steigern, verbuchte aber einen Betriebsverlust von 30 Millionen Dollar.

In den ersten neun Monaten des aktuellen Geschäftsjahres betrug der Nettoverlust 673,3 Millionen gegenüber einem Reingewinn von 462 Millionen Dollar im Vorjahr.

Die 648,2 Millionen Verlust allein im dritten Quartal führen Konzernsprecher auf außerordentliche Belastungen zurück. Dazu zählen 230 Millionen für den geplanten Mitarbeiterabbau und 150 Millionen Dollar, um die Verluste aus preisgebundenen Aufträgen für das Pentagon auszugleichen.

Wegen der Verwicklung in den sogenannten 111-Wind-Bestechungsskandal im militärischen Beschaffungswesen baute das Unternehmen eine zusätzliche Geldreserve in Höhe von 60 bis 70 Millionen Dollar auf die Affäre selbst hatte noch vor der Fusion von Sperry und Burroughs stattgefunden. Vor kurzem erst hatte sich allerdings ein ehemaliger Sperry-Manager schuldig bekannt, und damit liegt die Verantwortung - auch für die Zahlung der Geldstrafe - bei Unisys. Zur Zeit läuft der Prozeß; die Höhe der Geldstrafe liegt noch nicht fest.

Europageschäft schlechter als erwartet

Durch das Schuldbekenntnis sei aber auf jeden Fall sichergestellt, berichtete ein Unternehmenssprecher, daß das Unternehmen wieder Militäraufträge bekommen würde. 78 Millionen Dollar an Steuern hätte man außerdem während des Quartals bezahlen müssen, führten Unisys-Sprecher weiter aus. Durch die, trotz immenser Verluste, hohen Steuerbelastungen in diesem Quartal kann Unisys 225 Millionen Dollar Verluste fortschreiben, was eine erheblich geringere Steuerbelastung in den nächsten Quartalen bedeutet.

Das Europageschäft sei im angeschlossenen Quartal schlechter gelaufen als erwartet, bedauerten die Verantwortlichen. Insider sind darüber besonders beunruhigt, weil der Konzern sich auf solide Resultate in Europa verlassen hatte, um die schlechten US-Geschäfte der letzten Quartale abzufangen. Zum letztjährigen Konzernumsatz von 9,9 Milliarden hatte Unisys Europa immerhin einen Anteil von drei Milliarden Dollar beigetragen.

Jochen Rössner, Fachpressesprecher Unisys Deutschland GmbH, gab sich über diese Verlautbarung der amerikanischen Muttergesellschaft enttäuscht: "Das dritte Quartal ist wegen des Sommerloches eigentlich immer schwach. Wir gehen aber weiterhin davon aus, daß wir unser Ziel - 700 Millionen Mark Umsatz in diesem Geschäftsjahr - erreichen werden." Unisys Europa werde, so Rössner, auch in diesem Jahr einen ganz erheblichen Anteil zum Konzernergebnis beitragen.

Noch schmerzlicher allerdings wird Unisys durch das zu langsame Wachstum ihrer Unix-System-Verkäufe getroffen. Sollte sich das nicht ändern, hätte das Unternehmen plötzlich riesige Probleme. Denn der Erfolg der gesamten Reorganisation hängt nicht zuletzt davon ab, wie der Markt auf die nicht-proprietären Systeme reagiert, auf die man bei Unisys eindeutig gesetzt hat.

Allerdings konnte Rössner das langsame Wachstum der Unix-System-Verkäufe für Unisys Deutschland nicht bestätigen: "Wir werden in Europa und auch in Deutschland die hochgesteckten Ziele im Unix-Bereich erreichen." Für die hiesige Tochter seien die offenen Systeme ein ganz wesentlicher Bereich geworden. "Unser Neukundengeschäft", sagte Rössner auf Anfrage, "kommt in erster Linie aus diesem Bereich." Er wies außerdem darauf hin, daß der amerikanische DV-Markt im Moment insgesamt sehr schwach sei und die Muttergesellschaft den Markt der offenen Systeme deshalb so beurteilt habe.

Mit einer druckenden Schuldenlast von vier Milliarden Dollar, die in jedem Quartal allein 100 Millionen Dollar an Zins verschlingt, muß das Unternehmen bei allen anderen Schwierigkeiten zusätzlich noch fertig werden.

Chief Executive Officer W. Michael Blumenthal nahm während der Ergebnispräsentation eine Ein-Schritt-Rückwärts-Drei-Schritt-Vorwärts-Entwicklung" für sein Unternehmen in Anspruch: "Die durchgeführten Maßnahmen werden 1990 die Konkurrenzfähigkeit, die Profitabilität und den Cash-flow von Unisys signifikant erhöhen."