Viertes Quartal mit angeblichem Rekordergebnis

Übernahme von Digital bringt Compaq den erwarteten Verlust

05.02.1999
MÜNCHEN (CW/IDG) - Die Jahresbilanz 1998 von Compaq löste ein zwiespältiges Echo aus. Während die Börse das auf den ersten Blick ausgezeichnete Ergebnis des vierten Quartals mit einem kurzfristigen Kursanstieg der Aktie quittierte, zeigten sich viele Analysten im nachhinein eher skeptisch. Der PC-Krösus habe die Übernahme von Digital Equipment (DEC) keineswegs verdaut und lediglich von Sonderabschreibungen profitiert.

Compaq-Chef Eckhard Pfeiffer haute kräftig auf die Pauke: Mit einem Rekordumsatz und -gewinn im vierten Quartal 1998 habe seine Company unter Beweis gestellt, daß die Integration von Digital gelungen sei. Immerhin meldeten die Texaner für das Schlußquartal eine im Vergleich zum Vorjahr 48 prozentige Umsatzsteigerung von 7,3 auf 10,9 Milliarden Dollar. Der Gewinn erhöhte sich von 667 auf 758 Millionen Dollar beziehungsweise von 42 auf 43 Cent je Aktie.

Bezogen auf die ausgewiesenen Zahlen ist Compaq damit im Plan. Im dritten Quartal 1998 sollte der Ende Juni vergangenen Jahres unter Dach und Fach gebrachte Kauf von DEC abgeschrieben werden, das Folgequartal war als "wieder profitabel" angekündigt worden. Entsprechend bereinigt liest sich der Jahresabschluß 1998: So sind zwar die konsolidierten Einnahmen der Texaner gegenüber dem Vorjahr von 24,6 auf 31,2 Milliarden Dollar gestiegen; die letztlich 8,6 Milliarden Dollar teure Digital-Übernahme brachte aber - abzüglich entsprechender Rückflüsse aus Barvermögen und Immobilienbesitz - einen Verlust von 2,7 Milliarden Dollar.

Die Wallstreet reagierte zunächst positiv. Nachdem das Ergebnis des vierten Quartals weit über den Prognosen der Analysten (37 Cent je Aktie) lag, kletterte der Kurs der Compaq-Aktie kurzfristig auf über 50 Dollar, fiel dann jedoch wieder auf einen Wert unter 48 Dollar. Die Euphorie vieler Experten verschwand offenbar beim näheren Blick auf die Bilanz der Texaner. Compaq habe im vierten Quartal weniger von der Umsatzsteigerung und einer höheren Marge profitiert als vielmehr von einem vergleichsweise geringen Einkommenssteuersatz, der noch in Folge alter Abschreibungen wie dem Kauf von Tandem Computers geltend gemacht werden konnte, hieß es. Hinzu komme die Tatsache, daß der PC-Krösus dank eines glänzenden Weihnachtsgeschäfts zwar im Markt für Consumer-PCs kräftig zulegen konnte, sich andererseits aber die Unternehmenskunden in Sachen Server und Workstations eher zurückhielten.

Compaq selbst gab traditionsgemäß zu seinen Geschäftszahlen nur wenige weitergehende Informationen heraus. Offiziell ist - im Vergleich zwischen drittem und viertem Quartal 1998 - von einem Anstieg der Marge um 1,5 auf 26,4 Prozent die Rede. Der Abverkauf aus den Vertriebskanälen konnte gegenüber dem vierten Quartal 1997 um 43 Prozent gesteigert werden, heißt es weiter. Bei der entscheidenderen Frage - wieviel hat die "Serviceperle" Digital zum Ergebnis beigetragen? - ist man indes auf Mutmaßungen angewiesen. Insgesamt werden für 1998 rund 3,8 Milliarden Dollar als Dienstleistungs-Umsätze ausgewiesen. Im Jahr zuvor hatte Compaq (ohne Digital) es hier lediglich auf 462 Millionen Dollar gebracht.

Früherer Digital-Umsatz nur noch Makulatur

Wie wenig vom alten Digital-Geschäft übrigblieb, macht auch der Blick auf die Konzernabschlüsse 1997 beider Firmen deutlich (siehe Abbildung). Die 13 Milliarden Dollar Umsatz, die DEC im letzten Geschäftsjahr als eigenständige Company auswies, sind - gemessen an der aktuellen Compaq-Bilanz - nur noch Makulatur. Die Aufgabe von Geschäftsbereichen, Stillegung von Werken und die Entlassung von (Digital-)Mitarbeitern zeigen Wirkung. Kritiker befürchten zudem versteckte Kosten des Mergers, die erst während des laufenden Geschäftsjahres auftauchen werden.