Gruppe von Aktionären sorgt für Irritationen

Übernahme von Baan durch Invensys ist noch nicht sicher

23.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Die Akquisition von Baan durch Invensys plc. ist noch nicht ausgemachte Sache. Eine Gruppe von Aktionären, die 19,6 Prozent der Baan-Anteile hält, will nach verschiedenen Meldungen ihre Wertpapiere nicht an Invensys verkaufen, sondern selbst eine Finanzierung für das ERP-Softwarehaus organisieren.

Derzeit ist aber nicht klar, ob die abtrünnige Aktionärsgruppe tatsächlich ein solches Konkurrenzangebot ausarbeiten wird. Das britische Unternehmen Invensys plc. plant, wie berichtet, mindestens 95 Prozent der ausstehenden Baan-Aktien zu einem Preis von 2,85 Euro pro Anteil beziehungsweise zu einem Gesamtpreis von rund 1,5 Milliarden Mark zu übernehmen. Allerdings soll Baan auch weiterhin von seiner Zentrale im niederländischen Barneveld aus das komplette Produktportfolio entwickeln und vertreiben.

Wie Laurens Van der Tang, Baan-Entwicklungschef und künftig dessen President, gegenüber der CW sagte, wird nach den Übernahmeplänen Baan auch weiterhin selbständig und unter seinem alten Namen firmieren (siehe Seite 8).

Innerhalb einer neu gegründeten Software-Division gebe es mit Wonderware, Foxboro und eben jetzt auch Baan verschiedene Gruppen. Jede dieser Firmen habe ihre eigene Identität und verkaufe ihre Produkte auf dem Markt, so der Baan-Manager. Übergreifend werde allerdings eine Vertriebs- und Dienstleistungs-Infrastruktur eingerichtet: "Diese wird es uns erlauben, Kunden integrierte Lösungen anzubieten. Entsprechende Teile der jeweiligen Einzelgesellschaften sollen zusammengeführt werden." Der Baan-Betriebsrat hatte Ende vergangener Woche die Übernahme einstimmig gebilligt. Die Akquisition sei im besten Interesse der Beschäftigten, sagte ein Sprecher des Betriebsrates.

Gegen die Übernahme wehrt sich allerdings eine Gruppe von Baan-Aktionären. Diese verfügt nach Aussagen des Sprechers dieser Aktionärsgruppe Ernst Sonneveldt über 19,6 Prozent der gesamten Baan-Anteile. Nach den Informationen wollen die Sonneveldt-Aktionäre 250 Millionen neue Baan-Aktien ausgeben. Auf diese Weise könnten rund 625 Millionen Euro Kapital aufgebracht werden. Damit würde die Selbständigkeit Baans gewährleistet, sagte Sonneveldt.

Alternative Offerte noch unsicher

Die nicht näher bezeichnete Aktionärsgruppe soll nach Presseberichten aus 14 Niederländern, sechs Amerikanern und zwei Belgiern bestehen. Zur Gruppe der abweichlerischen Aktionäre sollen laut Sonneveldt auch Top-Manager aus international operierenden Softwarehäusern gehören. Nach dem Plan der Sonneveldt-Gruppe würden Baan-Aktionäre pro Aktie fast doppelt so viel Geld erhalten als bei dem Invensys-Angebot, weil die Sonneveldt-Offerte die Baan-Aktie mit 5,72 Euro bewertet.

Wie ernst die Sonneveldt-Gruppe ihr Angebot nimmt, ist nicht klar. Ein Treffen mit Gewerkschaftsvertretern zur Erörterung des Alternativangebots hatte die Investorengruppe kurzfristig wieder abgeblasen. Von offizieller Seite aus dem Hause Baan verlautete zudem, dass es keine Gespräche mit Sonneveldt gegeben habe.

Darüber hinaus wurde bekannt, dass niederländische Aktionärsvertreter die Börsenaufsicht ihres Landes aufgefordert haben, die Umstände aufzuklären, die zu Aktienverkäufen der Baan-Gründer Jan und Paul Baan führten. Ein Sprecher der Vereinigung der Effektenbesitzer (VEB) sagte, man müsse die Veräußerungen von Baan-Anteilen der beiden Brüder über die Vanenburg-Gruppe untersuchen. Die niederländische Aufsichtsbehörde (STE) gab zu den Informationen keine Stellungnahme ab. Eine Sprecherin bestätigte lediglich, man habe "Kenntnis" von der Angelegenheit.

Nach den vorliegenden Informationen hatten die Baan-Brüder mehr als zehn Prozent ihrer Aktienanteile verkauft. Dies ist die meldepflichtige Grenze, ab der Wertpapierverkäufe nach den Börsenbestimmungen des niederländischen Aktiengesetzes gemeldet werden müssen.