Weiterer Spezifikations-Layer für Web-Services

UDDI: Mehr als nur Gelbe Seiten für B-to-B

08.12.2000
MÜNCHEN (CW) - Die UDDI-Initiative hat Mitte November eine erste Implementierung ihrer "Business Registry" vorgenommen. Unternehmen etwa aus Industrie und Handel, die bestimmte Geschäftsprozesse als Web-Service anbieten wollen, können sich jetzt kostenfrei in diesem Verzeichnisdienst registrieren lassen.

Wer heute einen Geschäftspartner sucht, kann dies über eine Business Registry tun, in Deutschland zum Beispiel über die Firmensuche von German Business (www.german-business.de). Derartigen Verzeichnisdiensten gemein ist in der Regel, dass sie ausschließlich Basisinformationen wie Firmenname, Ort, Kontaktmöglichkeit und einige Produkt- und Serviceangaben bereitstellen. Eine Aussage darüber, ob und wie der gefundene Partner im Rahmen von E-Commerce aus technischer Sicht erreichbar ist, fehlt dagegen. Das gilt vor allem für Geschäftsfunktionen, die etwa in Form eines elektronischen Bestellwesens oder Auftragseingangs als Web-Services angeboten werden.

Dieses Manko wird umso auffälliger, je mehr Unternehmen E-Business betreiben und dafür ihre internen Applikationen zur Interaktion mit den Systemen von Geschäftspartnern öffnen wollen. Hinzu kommt, dass dieser B-to-B-Trend den Integrationsbedarf unterschiedlicher Kommunikationsprotokolle und Methodenaufrufe enorm hat steigen lassen. UDDI steht für Universal Description, Discovery and Integration - die dahinter liegende Spezifikation will das Problem umfassend lösen. Einerseits sollen Firmen damit die Möglichkeit erhalten, sich mit Grunddaten wie Name, Branche und Standort sowie mit Informationen zu den als Web-Services angebotenen Geschäftsfunktionen in eine Business Registry einzutragen. Darüber hinaus soll der Eintrag auf Informationen verweisen, wie sich die Web-Services eines potenziellen Geschäftspartners programmtechnisch erreichen lassen. Um das Thema Integration zu vereinfachen, arbeitet UDDI auf Basis von W3C-Standards wie der Extensible Markup Language (XML), HTTP und DNS sowie den ersten Versionen des Simple Object Access Protocol (Soap) als Messaging-Spezifikation.

Damit will UDDI einen Weg definieren, wie sich Web-Services im Internet publizieren und finden lassen. Die Idee zu dem Projekt hatten vor mehreren Monaten Microsoft, IBM und Ariba - mittlerweile sind 130 Firmen der Initiative (www.uddi.org) beigetreten. Zu den Mitgliedern zählen nahezu alle Größen der IT-Branche. Selbst Hewlett-Packard hat seine Zurückhaltung aufgrund des eigenen Konkurrenzprodukts "E-Speak" aufgegeben, und Sun wie jüngst auch Oracle wollen sich trotz ihrer Rivalität zu Microsoft UDDI öffnen.

Die Aussichten auf einen Erfolg des zur Zeit noch wenig ausgereiften, im nächsten Jahr aber mit ehrgeizigen Zielen versehenen Projekts stehen also nicht schlecht. Das Herzstück von UDDI ist eine "Business Registration" in Form eines XML-Files, in dem sich die Firma oder der Geschäftsbereich und die darüber angebotenen Web-Services beschreiben lassen. Das Konzept arbeitet dafür mit drei Komponenten: White, Yellow und Green Pages.

Die im November von den drei Gründungsmitgliedern vorgenommene erste Implementierung der UDDI-Spezifikation spiegelt in etwa den technischen Stand der White und Yellow Pages wider. Ohne nationale Einschränkungen können sich hier Unternehmen aller Branchen mit Name, Adresse und anderen Identifizierungsmerkmalen eintragen. Konkreter wird es auf den Gelben Seiten, wo zum Beispiel Branchenzugehörigkeit, Produktspektrum und die dazugehörigen Kontaktmöglichkeiten hinterlegt sind.

Theoretisch wäre ein Web-Service wie UDDI gar nicht nötig, hat doch ein B-to-B-Interessent selbst die Möglichkeit, einen entsprechenden Description-File auf seiner eigenen Website unterzubringen. Fraglich bleibt in diesem Fall jedoch, ob der von einer Suchmaschine angesetzte Crawler die Site und die darin enthaltene Datei überhaupt entdeckt. Ebenso wenig ist gesichert, ob der Crawler mit einer als "Robot.txt" bezeichneten Anweisung darüber, was er auf der Website aufspüren und indizieren soll, überhaupt umgehen kann. Schließlich verfügt dieses Vorgehen über keine Mechanismen, die unterschiedlichen Formate der Description-Files konsistent verwalten oder Veränderungen darin schnell entdecken können.

Bei der UDDI-Registry handelt es sich dagegen um einen logisch zentralen, physikalisch jedoch über mehrere Knoten verteilten und geregelt replizierten Dienst. Dass die ersten Registry-Server bei Ariba, IBM und Microsoft stehen, soll in erster Linie die Startphase vereinfachen und beschleunigen. Grundsätzlich ist im kommenden Jahr geplant, die Arbeit an den Spezifikationen in die Hände einer Standardisierungsorganisation zu legen. Für den Betrieb von Registry-Knoten werden weitere Interessenten erwartet, wobei ein Operators Council zur Definition von Qualitätsmerkmalen eingerichtet wird.

Von diesen Gremien wird auch stark die Arbeit an den Green Pages abhängen, der eigentlichen Herausforderung des UDDI-Projekts. Hier sollen künftig Angaben über die von einem registrierten Unternehmen offerierten Web-Services und den technischen Umgang damit stehen. Unter Web-Service verstehen die Initiatoren modulare Applikationen, die etwa in Form von Javabeans spezielle Geschäftsfunktionen repräsentieren und von Partnern über das Internet aufgerufen werden können. Einfache Beispiele dafür sind die Bereitstellung von Katalogdaten, der Web-basierte Auftragseingang oder die Applikation eines Carriers, mit der sich die Transportkosten für ein Paket in Abhängigkeit von Gewicht und anderen Parametern ermitteln lassen.

Die dynamische Kombination künftiger Web-Services soll völlig neue Geschäftsmodelle und Partnerbeziehungen hervorbringen, da sie aufgrund der konsequenten Verwendung von Internet-Standards auch komplexe Transaktionen bei minimalem Programmieraufwand erlaubt. Die Applikationsintegration "Just-in-Time", so die UDDI-Organisation, stellt den nächsten Evolutionsschritt im Web dar. Die Rolle der Business Regisry mit ihren Green Pages reduziert sich dabei in gewisser Hinsicht auf eine Art Vermittlungsstelle. Sie enthält nicht die Web-Services selbst, sondern nur Metadaten darüber, um welche Art von Diensten es sich handelt und wo sie sich finden lassen. Auch die programmtechnischen Anweisungen, wie man mit einem Service in Verbindung treten kann, wird von den Green Pages nur in Form einer Referenz auf die Adresse des Anbieters repräsentiert.

Die weit reichende Bedeutung der UDDI-Spezifikation liegt darin, dass sie über die Business Registry hinaus ein Framework anbietet, innerhalb dessen sich die Anbieter von Web-Services auf einheitliche Publishing- und Discovery-Mechanismen festlegen. Aus technischer Sicht besteht die Spezifikation aus einem XML-Schema für Soap-Messages sowie aus einer API-Beschreibung. XML wurde wegen seiner Plattformneutralität und leichten Handhabbarkeit bei der Beschreibung von Informationsmodellen zur Codierung und Formatierung der Daten gewählt; die Soap-Bindings für HTTP erlauben einen Weg, Remote Procedure Calls unabhängig von den auf den Zielsystemen eingesetzten Komponentenmodellen zu verschicken.

Das XML-Schema von UDDI definiert vier Kerntypen von Informationen, die jemand wissen muss, will er sich mit einem Partnerunternehmen in Verbindung setzen:

-Die "Business Entity" enthält grundlegende Angaben wie Unternehmensbezeichnung, Kontaktoptionen oder andere Schlüsselelemente, die ein verwechslungsfreies Auffinden des Unternehmens ermöglichen. In diesem Bereich lässt sich auch eine Kategorisierung des Angebots wie etwa die Zugehörigkeit nach Branchen im Sinne der Yellow Pages vornehmen.

-Die technischen und inhaltlichen Beschreibungen der Services, wie sie in die Green Pages einfließen, sind als Substruktur der Business Entity untergebracht. Ebenso das "Binding Template", das Auskunft über den Aufruf eines Service gibt.

-Über die "Specification Pointers" lässt sich in Erfahrung bringen, in welchem Format der Geschäftspartner zum Beispiel elektronische Auftragseingänge entgegennimmt, welche Protokolle und Sicherheitsmechanismen zu berücksichtigen sind und ob die Form der Auftragsbestätigung vom eigenen System gelesen werden kann. Das Binding-Template wird innerhalb der Registry als Referenzliste mit URL-Pointern zu den entsprechenden Spezifikationen abgebildet und dort auch als "T Models" bezeichnet.

Die auf Soap basierende API-Beschreibung (Programmers API Specification) definiert, wie sich Web-Services mit einer Schnittstelle für den Zugriff auf die UDDI-Registry-Informationen ausstatten lassen. Grundsätzlich werden hier ein API für "Inquiry" und "Publishing" unterschieden. Interessant ist vor allem das Inquiry-API, da es neben dem herkömmlichen Web-Zugriff auf die Registry die Entwicklung von Programmen erlaubt, die Services automatisiert suchen und kombinieren können.

Die Mitglieder der UDDI-Initiative betonen, dass sie mit ihrem Projekt bestehende Verzeichnisdienste oder Suchmaschinen nicht ablösen wollen. Vielmehr sieht man die Business Registry als Erweiterung dieser Dienste um eine Quelle mit zentral gehaltenen Geschäftsinformationen. Von Marktplätzen heben sich die Organisatoren jedoch deutlich ab: Abgesehen davon, dass UDDI keinen Einfluss darauf hat, wo die Transaktionen stattfinden, vergleicht die Initiative Marktplätze mit einem geschlossenen Ökosystem, dessen Mitglieder sich auf eine dort gültige technische Infrastruktur geeinigt haben. Bei UDDI werde es diese Einschränkungen nicht geben. Statt dessen soll eine für B-to-B standardisierte Infrastruktur entstehen, bei der das XML-Format der Web Services Description Language (WSDL) die Beschreibungsanleitung der Web-Services darstellt, UDDI diese mit normierten Interfaces für Publishing und Inquiry ausstattet, während Soap als neutrales Übertragungsprotokoll für den Aufruf der Web-Services fungiert.

RegistrierenDie UDDI-Gründungsmitglieder Ariba, IBM und Microsoft haben eine erste Implementierung der Business Registry vorgenommen. Weltweit können sich nun Firmen in den Verzeichnisdienst eintragen lassen. Das den Angaben zufolge einfache Prozedere beginnt auf der Website www.uddi.org, von wo aus Links zu den Aufnahmeformularen führen. Basisinformationen wie Firmenname, Kontaktmöglichkeiten zu den angebotenen Produkten beziehungsweise Diensten sollten bereitgehalten werden. Sind Services wie der elektronische Auftragseingang via Web oder E-Mail vorhanden, sollte man dies ebenfalls vermerken. Wer nicht alle Informationen zur Verfügung hat, kann diese zu einem späteren Zeitpunkt aktualisieren. Die drei Registry-Operatoren haben zugesagt, keine Gebühr für den Eintrag erheben zu wollen.

Abb.1: Effektive Partnersuche

Mit Hilfe der UDDI-Spezifikationen können Programmierer die von einem Unternehmen ins Web gestellten Geschäftsfunktionen mit so genannten Discovery-Services und einem Publishing-Interface ausstatten. Die Verweise darauf stehen in einer Referenzliste der UDDI-Business-Registry. Fortgeschrittene Suchfunktionen erlauben dann Geschäftsanwendern via Suchmaschine die Registry nach den gewünschten B-to-B-Partnern zu durchforsten. Quelle: UDDI

Abb.2: Nächste Ebene

Auf Basis von Internet-Standards und den Spezifikationen für XML und Soap bildet UDDI die nächste Ebene zum Aufbau einer Web-basierten Kommunikationsinfrastruktur für B-to-B. Quelle: UDDI

Abb.3: Die Business Entity

Das XML-Schema der Business Entity enthält ein hierachisches Informationsmodell zur Beschreibung der angebotenen Web-Services. Quelle: UDDI