Nicht nur Technologie ist ein wettbewerbsbestimmender Faktor

Transfer: Schnelles Handeln für Zielgruppen

18.07.1986

KÖLN (CW) - Kooperationswilligkeit und die Fähigkeit dazu bilden die Grundlagen für einen effizienten Technologietransfer zwischen Wissenschaft und dem mittelständischen Anwender, formuliert Dietmar Born, Geschäftsführer der Toni-MFL-Prüfsysteme in Berlin. Er skizziert für beide Seiten seiner Meinung nach unerläßliche Voraussetzungen.

Im Gesamtinnovationsprozeß wurde dem Technologie-Transfer allein seit etwa zehn Jahren zu viel Bedeutung gegeben. Man sollte heute, nach zehn Jahren Erfahrung, kritisch betrachten, was Technologie-Transfer kann beziehungsweise nicht kann, um dann die realistischen Ansätze kontinuierlich weiter zu entwickeln.

In den Wachstumsphasen der 50er und 60er Jahre war der Schlüsselfaktor das Kapital. In den 60er und 70er Jahren weiteren Wachstums kam der Wachstumsfortschritt durch Arbeit. Nach vorübergehenden instabilen Krisenjahren befinden wir uns nun am Beginn einer anhaltenden Strukturveränderungsphase, die andere Verhaltensweisen und andere Faktoren notwendig macht.

Fünf Schlüsselfaktoren bestimmen die Strukturänderungs-/Innovationsphase:

- Wagniskapital

- Information

- Technologie

- Unternehmensstrategie

- Organisation und Führung

Technologie ist also nur einer von fünf gleich wichtigen Faktoren. Welcher dieser fünf Faktoren jeweils den Engpaß darstellt, ist unternehmensspezifisch individuell sehr verschieden. Die Mißachtung dieser Wirkungszusammenhänge und gar die Konzentration nur auf "Technologie" können ein Unternehmen schnell an den Rand der Existenz bringen. Eine Relativierung des Technologieansatzes im Innovationsprozeß ist daher erforderlich. Daraus ergibt sich auch, daß die Gesamtzusammenhänge viel komplexer sind. Aus dieser Relativierung erklärt sich aber auch, daß viele politische Erwartungen nicht - oder noch nicht - erfüllt werden konnten.

Dem Technologie-Transfer zwischen Wissenschaft und Anwendung liegt grundsätzlich die Kooperationswilligkeit und

-fähigkeit in beidseitigem Interesse zugrunde. Dazu bedarf es Voraussetzungen auf beiden Seiten.

Voraussetzung auf der Nachfrageseite sind einerseits die Problemdefinition aus der Sicht des Absatzmarktes sowie Adaptionsfähigkeit einer technischen Lösung im Rahmen der technischen, organisatorischen und sozialen Struktur des Unternehmens und andererseits die Kommunikationsfähigkeit mit wissenschaftlichen und administrativen/juristischen Institutionen.

Voraussetzung auf der Angebotsseite ist Kommunikationsfähigkeit mit Praktikern der Unternehmen. Technologie-Entwicklungs-Know-how muß dem formulierten Problem adäquat sein ("angepaßte Technologie"). Auch Organisationsstrukturen sollten den Anforderungen der Nachfrageseite hinsichtlich Flexibilität und Zeitablauf gerecht werden.

Diese wenigen, aber entscheidenden Voraussetzungen für den erfolgreichen Technologie-Transfer zeigen zugleich die Grenzen deutlich auf. Noch zu wenige Unternehmen können ihr technologisches Problem unter marktstrategischen Gesichtspunkten definieren und nicht alle transferwilligen Hochschulinstitutionen sind auch transferfähig.

Transferstellen qualitativ entwickeln

Auf der anderen Seite ist die Bundesrepublik Deutschland inzwischen mit einem Netz von Transferstellen mit den verschiedensten Kooperationskonzepten überzogen. Diese gilt es nun qualitativ, das heißt in ihrer Wirkungsweise, fortzuentwickeln mit dem Ziel eines organisierten Technologie-Transfers. Dieser organisierte, funktionstüchtige Technologie-Transfer ist dann unter anderem insbesondere für mittelständische Unternehmen die Voraussetzung, marktnah auf die immer kürzer werdenden Produktionslebenszyklen ohne hohe Fixkosten erfolgreich zu reagieren.

Nicht der Besitz von Technologie ist dann der wettbewerbsentscheidende Faktor auf veränderte Bedürfnisse. Angesichts der überwiegend mittelständischen Wirtschaftsstruktur ist dies auch eine Frage der Strukturpolitik beziehungsweise der volkswirtschaftlichen Effizienz.

Die wichtigsten Instrumente - je nach Situation und Entwicklungsstand des Technologieanwenders - sind Information (Messen, Literatur, Besuche) und Beratung (zum Beispiel über Projektträger) sowie Lizenznahme, Auftragsentwicklung/Auftragsforschung, weiterhin Kooperationsentwicklung/Kooperationsforschung und nicht zuletzt der Personaltransfer.

Hierbei ist auch auf die zahlreichen Informationsschriften zu verweisen, die viele Industrie- und Handelskammern als "Ratgeber für Forschung und Technologie" bereithalten.

Die Wirksamkeit der einzelnen Instrumente ist sehr unterschiedlich. Unter Beachtung bestimmter Randbedingungen stellt der Personaltransfer die effizienteste Form des Technologietransfers dar.

Diese Gedanken waren Fundament zu einem Vortrag, den der Autor auf dem DIHT-Fachsymposium 1985 "Herausforderung Technologie - Neue Aufgaben für die berufliche Weiterbildung", veranstaltet vom Deutschen Industrie- und Handelstag in Köln, hielt.