Topic-TV macht's möglichWetterbericht mit Live-Bildern vom Urlaub im Fernseher

25.10.1991

"Nach Tagesanbruch setzt sich Herr Müller mit seinem Kaffee vor den Fernseher, schaltet am TV-Gerät den Service-Kanal ein und sieht vor seinen Augen glaubhaft die Wetter- und Schneesituation von 32 Stationen in Farbe ablaufen." So stellt sich Mitinitiant Andreas Brühwiler von der Pinfor in Horgen vor, daß das Topic genannte Projekt dereinst funktionieren soll.

Dahinter steckt die Idee, täglich ab Tagesanbruch bis elf Uhr vormittags nur minutenalte Videobilder von verschiedenen schweizerischen und nahegelegenen ausländischen Ausflugs- und Ferienorten mit integriertem Informationstext zu zeigen. Topic-TV funktioniert heute bereits mit zwölf Stationen aus dem Bündnerland, dem Berner Oberland und der Innerschweiz.

Ein Ausbau ist geplant, doch steht die Kapazitätsgrenze noch nicht fest. Noch scheinen sich die Väter des Projekts nicht ganz klar zu sein, wieviele Stationen überhaupt Platz haben, damit der TV-Zuschauer bei der Stange, respektive am Bildschirm bleibt. Andreas Brühwiler sprach in Bern auf der Swissnet-Tagung von 40, bei der Rediffusion in Zürich fiel die Zahl 32.

Wieviele Stationen es im Endausbau schließlich sein werden, hängt jedoch nicht in erster Linie von der technischen Machbarkeit, sondern von der Bereitschaft der TV-Kundschaft ab, wieviele Stationen sie akzeptieren will und davon, wieviele Orte überhaupt mitmachen. Zur Zeit verbreitet die Rediffusion solche Wetterbilder in ihren Kabelnetzen von Zürich, Bern und St. Gallen. "Wir werden den Dienst nach dem bevorstehenden Ausbau auch anderen Kabelbetreibern anbieten", sagte Peter Uehlinger, Verkaufsleiter Kommunikation Technik bei Rediffusion. Die Reaktionen der TV-Zuschauer auf das Angebot waren bis jetzt "überraschend gut", sagte Uehlinger, was ihn erstaunt, denn anfänglich hatte das System noch Schwächen, die jetzt allerdings ausgeräumt sind.

Die von Videokameras aufgenommenen Bilder machen bis zum Konsumenten eine erstaunliche Zahl von Verwandlungen und Anpassungen durch, ohne daß sie deshalb an Qualität merklich einbüßen. Die eigentlichen Verwandlungskünstler sind Personal Computer, die aus dem Analogbild der Kamera nach PAL-Norm ein problemlos übertragbares File machen und daraus wieder ein analoges Bild, das dann in die Kabelnetze eingespeist wird.

Interaktivität ist nicht gefragt

Der Weg der Bilddaten sieht im einzelnen so aus: Das von der RGB-Video-Kamera alle 20 Minuten gelieferte Bild wird von einem am gleichen Standort stehenden PC digitalisiert und komprimiert, wobei die Kompression einen Faktor von 50 erreicht. Das so entstandene File wird zusätzlich mit einem Absender, mit Datum und Zeit versehen und dann über Telefonwählleitung nach Zürich geschickt. Die Übertragung geschieht mit Modems V.32 und - in der Regel - mit Geschwindigkeit von 9600 Baud. In einem Fall geschieht die Übertragung gar drahtlos über ein UKW-Telefon, berichtete Andreas Brühwiler. In der Zentrale in Zürich werden die Bilder dann in einem PC-Netz weiterverarbeitet. Das heißt, mit dem Werbelogo der Absender und, sofern vorhanden, mit aktuellen Informationen versehen. Das können Informationen über ein an diesem Tag stattfindendes Sommernachtsfest sein oder über die Schneequalität.

Von der Bildzentrale aus gehen die Bilder dann zu den Zentralen der Kabelnetze, wo ein weiterer Personalcomputer, die Betreiber nennen ihn "Headend", steht, der die ankommenden Files dekomprimiert, wieder in Analogbilder zurück wandelt und dann in das TV-Kabelnetz einspeist. Für diese Übertragung wurde das Swissnet gewählt, damit die große Datenmenge auch mit großer Geschwindigkeit übermittelt werden kann.

Jede Station liefert alle 20 Minuten ein Bild. Die Zentrale ihrerseits schickt alle zwei Minuten ein Bild an die Headends. Das ist die gegenwärtig benutzte Kadenz mit zwölf Stationen. Diese Geschwindigkeit kann noch erhöht werden. Die Kapazitätsgrenze ist bei 40 Bildern erreicht, weil dem Zuschauer nicht zugemutet werden kann, allzulange vor dem TV-Schirm zu warten, nur um während einige Sekunden sein mögliches Reiseziel zu sehen.

Topic-TV ist eine Einbahnstraße, das heißt der Zuschauer kann keinen Einfluß darauf nehmen, welches mögliche Reiseziel er jetzt sehen will. Interaktivität sei auch gar nicht gefragt, meinte Brühwiler. Etwas differenzierter äußerte sich Peter Uehlinger von der Rediffusion: "Das kommt auf die Kundenwünsche an. Wie das System jetzt ausgelegt ist, ist Interaktivität nicht möglich. Wenn jedoch der Wunsch an uns herangetragen wird, läßt sich das bestimmt realisieren."

Die Rediffusion beabsichtigt, das System auch für andere Anwendungen anzubieten, bei denen kein ständiges Live-Bild notwendig ist. Denkbar sind etwa eine ganze Reihe von Überwachungsaufgaben oder spezielle Informationssysteme, die in kurzen Abständen Bildinformationen über weite Distanzen liefern müssen, für die sich aber eine aufwendige Analog-Bildübertragung nicht aufdrängt.

Ein Topic-ähnliches System hat der Österreichische Rundfunk realisiert - "nach Topic", sagte Uehlinger stolz -, das aber auf der klassischen und damit aufwendigeren und teureren Übertragung von analogen Fernsehbildern beruht.