Tipps für den Umstieg auf SAP BI 7.0

08.12.2008
Nutzer von SAP Business Intelligence, die einen Wechsel zur Version 7.0 ins Auge fassen, müssen eine Reihe von Vorkehrungen treffen, da sich mit dem neuen Release ein Architekturwechsel vollzieht.

Firmen haben großes Interesse an Analyse- und Planungssoftware - neudeutsch Business Intelligence (BI). Schließlich hat sich Business Intelligence in den vergangenen zehn Jahren vom simplen Berichtswesen zu einem Werkzeug entwickelt, mit dem sich die gesamte Unternehmensleistung steuern lässt. SAP will dieses Geschäft erschließen und hat den Spezialisten Business Objects gekauft. Zuvor schon hatten die Walldorfer mit dem Kauf der kleineren Anbieter Outlooksoft und Pilot Software zwei BI-Firmen übernommen.

Die noch nicht greifbare künftige Produktstrategie des Konzerns in Sachen BI und deren Einfluss auf das SAP-eigene BI-Angebot rund um das "SAP Business Warehouse" ("SAP BI") verunsichert die SAP-Nutzer. Viele beschäftigen sich jedoch noch mit näherliegenden Themen: Einige überlegen, ob und wie sie auf das aktuelle Release "SAP BI 7.0" wechseln sollen. Die Firmen stehen hier unter Zugzwang, da beispielsweise die Wartung für das Business Warehouse (BW) 3.0/3.1 bereits Ende 2006 auslief.

Neue Architektur für SAP BI beachten

Doch mit einem simplen Produkt-Update ist es nicht getan, will die Firma die neuen Funktionen von BI 7.0 nutzen. Der Umstieg erfordert einen technischen Architekturwechsel und eine fachliche Prozessmigration. Das trifft insbesondere auf die Funktionen am Frontend zu. Das Produkt stützt sich hier auf Java und setzt das "Netweaver Portal" ("Enterprise Portal") voraus. Anwender müssen eine Fülle an Aufgaben im Bereich Administration und Betrieb erledigen und dabei wohlbedacht vorgehen.

Java ist nur bei neuen BI-Funktionen zwingend

Fasst die Firma dagegen nur ein technisches Upgrade auf das aktuelle BI-Produkt ins Auge, muss sie sich mit dem Portal und Java nicht befassen. Anwender können in diesem Fall für das Reporting weiterhin die bekannten Tools verwenden und auch die Berichts- und Planungsoberflächen weiternutzen. Zum Betrieb des Datenmodells stehen Anwendern mit der bekannten "Admin Workbench" sowie der neuen "Datawarehouse Workbench" zwei Werkzeuge zur Verfügung.

Wer dagegen eine der neuen Funktionen des BI 7.0 wie das alternative Planungs-Tool für die "integrierte Planung", den "Adobe Document Service (ADS)" oder andere Features des Netweaver Portal nutzen möchte, kommt um Java nicht mehr herum. Hier ist zunächst zu unterscheiden, auf welchem Weg man zu einer Java-Instanz gelangt.

Web Application Server: Single oder Double Stack

Das für BI 7.0 erforderliche Netweaver Portal sowie einige neue Funktionen des Produkts benötigen eine Java-Ablaufumgebung. Der Web Application Server stellt neben der Abap- eine Java-Engine bereit.

Grundsätzlich gibt es hier zwei Installationsvarianten: "Single" und "Double Stack". Bei der Double-Stack-Installation werden die Abap- und die Java-Runtime auf einem Server aufgesetzt und zu einer Instanz zusammengefasst. Dies lässt sich in einem Vorgang erledigen. SAP-System-ID und die Instanznummer sind dabei identisch.

Die Single-Installation führt dazu, dass die Applikations-Server für Abap und Java in separaten Instanzen und gegebenenfalls auch auf unterschiedlichen Systemen installiert werden.

Ein Sonderfall ist das nachträgliche Einfügen des Java-Stack in einen vorhandenen Abap-Server ("Add-in"). Dies erfordert zwar einen zusätzlichen Installationsschritt. Im Ergebnis entspricht der Vorgang aber dem der Double-Stack-Installation.

Die Server-seitige Kommunikation zwischen beiden Applikations-Servern im Backend erfolgt über die RFCs (Remote Function Calls), welche Java-seitig als SAP Java Connector (JCo) implementiert sind. Der Anwender nutzt die BI-Funktionen im Portal über einen Web-Browser via HTTPS.

Augenmerk auf das Portal

Die SAP-Portal-Infrastruktur - genauer ausgedrückt der "Usage Type EP" - ist eine Voraussetzung, um die neuen Java-basierenden BI-Funktionen nutzen zu können. Erst über die Integration in das Portal wird die weitestgehend plattformunabhängige Nutzung des "BEx Web Tools" möglich. Der unter Umständen anfallende Mehraufwand durch die Portaleinbindung wird jedoch gemildert durch die weiteren Möglichkeiten, welche die Portalwendung mit sich bringt (Knowledge-Management, Collaboration oder den zentralen Arbeitsvorrat). Der gewöhnliche Anwender muss dagegen nicht zwangsläufig mit dem Portal selbst in Berührung kommen, sieht man einmal von dem Login-Bildschirm zu Beginn ab.

Auch wenn BI 7.0 die Version 7.0 von Netweaver (vormals 2004s) voraussetzt, lassen sich Portale von Drittherstellern sowie ältere SAP-Portalversionen weiterverwenden. In diesem Fall kann der Anwender das Netweaver Portal 7.0 nebst dessen Java-Laufzeitumgebung vor das Abap-basierende BI-System schalten und lediglich die Inhalte in die vorhandene Portaloberfläche einbinden.

Zudem können Firmen mehrere SAPPortale innerhalb eines föderierten Portalnetzwerks nutzen. SAP spricht hier von einem "Federated Portal Network" (FPN), welches aus einem Hauptportal sowie weiteren eingebundenen Portalen besteht. Das Portal des BI-Systems ließe sich in ein Hauptportal integrieren. Ein solches Portal Network hat den Vorteil, dass Unternehmen ihre für BI-Funktionen reservierten Portalsysteme unabhängig von ihrer übrigen Systemlandschaft pflegen können, etwa beim Einspielen von Support-Packages.

User-Management und Rollenkonzepte

Im Rahmen der Upgrade-Planung sollten sich Firmen überlegen, ob sie die Portal/Java-Server ausschließlich für den BI-Betrieb oder auch für andere Aufgaben nutzen möchten. Dies muss bei der Gestaltung und Dimensionierung der SAP-Infrastruktur berücksichtigt werden, hat aber auch Einfluss auf das User-Management und Rollenkonzepte.

Je nach Einsatzbereich des BI-Java-Portals und vorhandener Portalinfrastruktur müssen verschiedene Ansätze zur Ablage der User Management Engine (UME) geprüft werden. Bei einer reinen Nutzung als BI-Laufzeitumgebung würde die "UME Data Source ABAP" die meisten Vorteile mit sich bringen, da alle User des BI-Systems automatisch auch Anwender im Java-basierenden BI-Produkt wären. Diese Variante ist aber sehr statisch, da eine Migration zu anderen UME Data Sources nicht mehr möglich ist.

Verwendet das Unternehmen das Portal nicht nur für BI, kann eine LDAP-Integration sinnvoll sein. In diesem Fall ist es nicht zwingend gegeben, dass alle im Java-Server angelegten Nutzer auch dem BW bekannt sind. Firmen sollten jedoch darauf achten, die User-IDs und DNS-Namen zwischen allen im Portal eingebundenen Systemen konsistent zu halten, weil sonst ein Single-Sign-on nicht möglich ist.

Unicode, Datenbank und Betriebssystem

Ferner sollten Firmen prüfen, ob eine Unicodekonvertierung erforderlich ist. Bei einer Neuinstallation von SAP BI 7.0 kommt der Anwender um Unicode nicht herum, bei einem Upgrade dagegen schon. Der Anwender kann später auf Unicode umstellen. Empfehlenswert ist dies auf alle Fälle, wenn die Java-Komponenten des BI-Produkts genutzt werden sollen.

Neben grundsätzlichen Entscheidungen zur Architektur müssen mitunter weitere Punkte im Projekt- und Phasenplan berücksichtigt werden. Darunter fallen die mit BI 7.0 kompatiblen Datenbank- und Betriebssystem-Versionen sowie die Releases der eingebundenen Add-ons und Drittprodukte. Gerade bei Lösungen von Fremdanbietern müssen Firmen frühzeitig klären, ob beziehungsweise wann diese mit BI 7.0 zusammenarbeiten.

Release-Fragen zum SAP GUI

Doch der Release-Wechsel auf BI 7.0 betrifft nicht nur das Backend. Gegebenenfalls müssen auch die Clients aktualisiert werden. Dies kann aber unabhängig vom Server-Update erfolgen. Vorhandene Clients der Version "SAP GUI 6.20" benötigen ein Upgrade, für SAP GUI 6.40 ist unter Umständen ein Patch erforderlich. Auch gilt zu prüfen, ab der Web-Browser sowie die Microsoft-Office-Software auf dem PC zum neuen SAP GUI kompatibel ist.

Neues oder altes Berechtigungswesen?

Zu guter Letzt müssen Systemverwalter das Berechtigungswesen durchdenken, da BI 7.0 standardmäßig ein neues Berechtigungskonzept aufsetzt. Wer zunächst das bisherige behalten möchte, muss diese Einstellung im Customizing zurückdrehen.

Will die Firma jedoch das neue Berechtigungswesen verwenden, sind neue Berechtigungsobjekte zu entwickeln. Das alte Berechtigungswesen wird nicht länger von der SAP unterstützt. Somit muss der BI-Nutzer entscheiden, wann und wie er auf die neue Technik umstellen will. Der Umstieg ist nicht trivial und bedarf einer guten Planung. Will das Unternehmen gleich mit dem neuen Konzept starten, so muss es eventuell die Phasen zwischen Entwicklungs- und Qualitätssicherungssystem entzerren, um die Entwicklung des neuen Berechtigungskonzepts einzuplanen. Alternativ kann der Anwender das BI-Projekt mit dem alten Konzept beginnen und in einem späteren Schritt die Berechtigungstechnik einführen.

Projektplan und Tests

Besondere Aufmerksamkeit muss der Anwender dem Projekt-, Zeit- und Ressourcenplan für die Java-Installation, der (eventuell erforderlichen) Unicode-Konvertierung und der Umstellung des Berechtigungswesens sowie den Hardware- und Software-Updates widmen. Ferner sollten sich die Beteiligten bereits im Vorfeld auf geeignete Testszenarien unter Mithilfe der Fachabteilungen einigen.

Die Umstellung auf SAP BI 7.0 bedingt insgesamt zweifellos einen gewissen Aufwand, da sich der Anwender an vielen Stellen auf Änderungen einstellen muss. (fn)

Unsicherheit über Analysewerkzeuge

Nach der Übernahme von Business Objects herrscht unter den SAP-Nutzern eine gewisse Unsicherheit in Sachen Analysewerkzeuge, da sich die Produktlinien überschneiden. Einige Veränderungen sind bereits heute erkennbar. So steht beispielsweise unter dem Namen "Pionier" ein Nachfolger sowohl für das SAP-Programm "BEx Analyzer" als auch für Business Objects Voyager an.

Bekannt ist ferner, dass die von Business Objects stammende Berichtssoftware "BEx Report Designer" eingestellt wird. Stattdessen soll es an Netweaver angepasste Versionen von "Crystal Reports" geben. Der "Web Application Designer" wird nicht weiter ausgebaut, wobei er aber weiterhin eine Komponente von Netweaver bleiben soll.

An anderer Stelle verspricht SAP eine Integration. Kunden sollen selbst entwickelte Dashboards von BI 3.x auch unter BI 7.0 weiterhin nutzen können. Künftig sind Anwender in der Lage, ihre Dashboards mit auf der Business-Objects-Technik "Xcelsius" basierenden Dashboards im Portal zu kombinieren.

Ob die neuen Werkzeuge, die aus der Vereinigung der BI-Frontends und der Business-Objects-Frontends entstehen, wirklich notwendig sind, bleibt offen, da weder deren Funktionsumfang noch das Lizenzmodell feststehen. Viele Anforderungen lassen sich bereits jetzt mit BI 7.0 abdecken. Beispielsweise können Anwender mit Hilfe des Visual Composer (VC) Portalinhalte, die aus beliebigen SAP-Anwendungen stammen, flexibel gestalten und darstellen. Am Backend von SAP BI dürfte sich trotz der Übernahme von Business Objects wenig ändern.