Tiefgreifender Wandel fordert IT

12.03.2009
Anstatt die Krise zu beweinen, diskutierten die Teilnehmer der zweiten CW-Konferenz "IT@Automotive" Wege aus der Misere und wegweisende IT-Konzepte für die Zeit danach.

Nach der Krise wird niemand zu Fuß gehen – außer vielleicht einige Bank-Manager." Mit diesem Bonmot unterstrich Prof. Dr. Willi Diez vom Institut für Autowirtschaft seine Prognose, daß die Automobilbranche langfristig eine Wachstumsbranche bleiben wird. Seinen Berechnungen zufolge wird die Zahl der verkauften Fahrzeuge von rund 50 Millionen im Jahr 2009 auf 65,5 Millionen im Jahr 2015 ansteigen. Bis zum Jahr 2050 werden demnach rund zwei Milliarden Fahrzeuge weltweit unterwegs sein. Heute beläuft sich deren Zahl noch auf zirka 750 Millionen.

Neue Wachstumsschwerpunkte

Die aktuelle Situation wächst sich jedoch für einige Automobilhersteller zur existenziellen Krise aus. "Die Branche war schon seit Jahren angeschlagen, hat die Probleme vor sich hergeschoben und sich in falscher Sicherheit gewiegt", fasste der renomierte Automotive-Experte zusammen. Wer im Geschäft bleiben wolle, komme um eine strukturelle Neuausrichtung nicht herum.

Dies umfasse eine globale Neuaufstellung, da sich die Wachstumsschwerpunkte in die Emerging Markets wie allen voran China und Russland verschöben. Automobilhersteller müssten nicht nur neue Produktionsstandorte, sondern auch neue Vertriebswege etablieren. Außerdem gelte es, sich den ökologischen Herausforderungen stellen, so Diez, vor allem der erwartbar stark steigende Ölpreis verlange nach neuen Konzepten. Um diesen und weiteren Anforderungen gewachsen zu sein, müssten die einzelnen Hersteller Diskontinuitäten als Regel und nicht als die Ausnahme ansehen und sich insgesamt globaler ausrichten.

Wie letzteres die IT-Abteilungen beschäftigt, zeigte Otto Schell, SAP Program Manager bei General Motors Powertrain am Beispiel der internationalen Harmonisierung von ERP-Systemen. Voraussetzung dafür ist eine globale IT-Governance sowie ein stringenter Top-down-Ansatz bei der Umsetzung, da die einzelnen Werke von der ERP-Einführung nicht direkt profitieren. Laut Schell verlieren hierbei die bisherigen Prozesstreiber Macht, weshalb der Aufwand für das Change-Management nicht unterschätzt werden sollte. Derzeit wird SAP in den "Emerging Markets" ausgerollt, weitere Projekte stehen an, wobei für einige der betroffenen Länder noch keine ausreichenden SAP-Landesversionen angeboten werden. In der EU ist die Harmonisierung von diversen SAP-Instanzen auf dem Weg, hier arbeiten insgesamt 15 000 User mit SAP.

Im Anschluss stellte Ryan Gaul, CIO des Automobilzulieferers WET Automotive Systems AG, klar, dass Kosteneinsparungen in der IT allein keine geeignete Strategie sind, um den derzeitigen Abschwung zu überleben. Outsourcing könne aber einen positiven Beitrag leisten, wenn der Vertrag mit dem Partner es erlaube, flexibel auf neue Anforderungen oder Kapazitätsänderungen zu reagieren. "Diese Flexibilität kostet, aber unter dem Strich rechnet sich das deutlich", fasst der CIO zusammen. Bei W.E.T. standen bei der Auslagerung verschiedener IT-Bereiche weniger die Kosten im Vordergrund als vielmehr die Umstrukturierung der internen IT. So konnte Gaul beispielsweise eine Abteilung "Business Process Consulting" formieren und damit die IT besser in den Fachabteilungen positionieren.

Schlanke IT für schlanke Prozesse

Wie sich durch den verbesserten IT-Einsatz direkt Kosten sparen lassen, verdeutlichte Bernhard Winkler am Einsatz von ERP-Systemen in der Lean Production. Der Senior Manager BI bei Mieschke Hofmann und Partner wies darauf hin, dass ERP-Systeme bei einer ungenügenden Synchronisierung häufig Probleme verursachen, die in Fehl- und Überbeständen resultieren können. Durch eine Wertstromanalyse ließen sich Abweichungen im Materialfluss und den Informationen im ERP-System sichtbar machen und Asynchronitäten beseitigen. Ziel der schlanken Produktion sei es schließlich, Verschwendung möglichst zu reduzieren. Das müsse auch für den IT-Einsatz gelten, solange er nicht direkt zur Wertschöpfung beitrage.