Heimarbeit für Bürofachkräfte konkretisiert sich:

Textverarbeitungsautomaten und Telefon ersparen den Weg

14.03.1980

Büro- und Dienstleistungsfachkräfte werden ihre Arbeit in Zukunft oft am Bildschirm zu Hause erledigen können. Daß an dieser Vision fortschrittsbegeisterter Prognostiker offenbar allerhand dran ist, zeigt sich jetzt in Chicago: Nach einem Probejahr fand die dortige Continental Bank heraus, daß etwa drei Viertel aller Schreib- und Sekretärinnenarbeiten leicht daheim am Textverarbeitungs-Terminal erledigt werden können.

Das Trust-Departement dieser Bank, es fungiert seit letzten November praktisch als "Versuchskaninchen", war schon zuvor mit einem hochmodernem Textsystem ausgestattet: Fünf Textverarbeitungs-Stationen waren dort installiert, die von jedem, der einen Brief zu schreiben hat, über Telefon angewählt werden können und den durchgesprochenen Text zunächst auf Band zwischenspeichern. Gleichzeitig fixieren sie die Uhrzeit und eine dem Anrufer zugeordnete Nummer. Durchschnittlich dreieinhalb Stunden später liegt der Brief dann getippt auf dem Tisch.

Versuchshalber installierte die Continental Bank zwei Schreib-Stationen in den Wohnungen zweier bewährter Schreibdamen, von denen übrigens nur eine etwas Erfahrung mit dieser Art Textverarbeitung hatte. Das Heim-Terminal erübrigte für die Vorortbewohnerinnen den täglichen Pendelverkehr in die City, kam deren Wunsch nach einer Heim-Arbeitsmöglichkeit entgegen und eröffnete der Bank zugleich die Möglichkeit, das in Chicago-City chronisch knappe Angebot an Schreibkräften auszuweiten.

Fernschreibkräfte

Nach mehreren Modifikationen des Systems arbeiten die beiden "Fernschreibkräfte" nunmehr nach folgendem Modus: Ein Mitarbeiter in der Zentrale überspielt ihnen per Telefon die gesprochenen Diktate auf ihr heimisches Diktiergerät, von dem sie den Text dann mit einer Bildschirm-Maschine auf eine 80 Textseiten fassende Platte übertragen. Ist diese vollgeschrieben, wird der Platteninhalt wieder per Telefon zur Zentrale geschickt und dort, nach kurzer Kontrolle auf Plausibilität, automatisch ausgedruckt.

Zwar kommt dieses auf vollelektronischer Übermittlung fußende System schon völlig ohne zeitraubende Postläufe aus, doch noch haftet ihm der Nachteil an, daß die telefonische Übertragung der gesprochenen Diktate eine gewisse Zeit beansprucht. Die Schreibkraft erreicht so nur 90 Prozent der Stundenleistung, die sie im Büro erbringen könnte. Doch schon steht eine neue Hardware in Aussicht, die die Aufnahme neuer Diktate während des Schreibprozesses erlauben soll.

Die neue Organisation bringt der Bank nicht allein den Vorteil, zusätzliche Mitarbeiter zu finden. Die knapp kalkulierenden Bankiers rechnen sich auch Ersparnisse an Büroraum samt Nebenkosten wie Heizung und Kantinenkapazität sowie allgemein den Nutzeffekt größerer Flexibilität aus.

Und auch die Mitarbeiterinnen scheinen ihre Heimarbeit bislang recht gern zu haben - zumindest solange, wie daraus nicht neue, psychische Gefahren in Folge der zunehmenden Vereinzelung beim isolierten Arbeiten an technischen Apparaten zu erwachsen drohen.