Anwendervereinigung DVPT befürchtet

Telekom will ISDN abschalten

27.05.2009
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Vor dem Hintergrund der Kündigungsschreiben der Telekom an ISDN-Komfort-Kunden befürchtet der Deutscher Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation e.V. (DVPT), dass der Carrier die ISDN-Abschaltung vorbereite. Deshalb fordert die Anwendervereinigung, endlich Standards für die IP-basierende Nachfolgetechnologie einzuführen.

Der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation e.V. (DVPT), eine Interessensvertretung für Anwender im geschäftlichen Umfeld, sieht in den Kündigungsschreiben des Ex-Monopolisten Telekom erste Vorbereitungen für das schrittweise Abschalten von ISDN und den Wechsel auf rein IP-basierte Produkte. Die Ablösung von ISDN ist nach Darstellung des DVPT bereits eine branchenintern beschlossene Sache, da nahezu alle Anbieter künftig nur noch IP-basierende Netze betreiben werden.

"Die Übertragung von Sprache mittels VoIP ist damit nur noch einer von vielen Diensten im Netz", erläutert DVPT-Vorstand Hans Joachim Wolff. Allerdings gäbe es für SIP als populärem Steuerungsprotokoll für VoIP noch keine entsprechende Standardisierung mit eindeutigen Schnittstellen und Leistungsmerkmalen, wie die Anwender sie von ISDN gewohnt seien. "Die Anbieter im Markt testen und zertifizieren sich gegenseitig. Diese Abstimmungen sind aber in höchstem Maße von der eingesetzten Technik, netz- und anschlussseitig wie auch von den jeweiligen Softwareversionen abhängig", kritisiert Wolff die derzeitige Diskussion.

Wolff zufolge ist die Telekom offenbar jetzt schon dabei, den Wechsel auf die neue Technologie einzuleiten und führt eine Produktbereinigung durch. Während viele Kunden im privaten Umfeld bereits auf VoIP umgestellt hätten, sehe es im Geschäftskunden-Segment anders aus: "Geschäftliche Nutzer von ISDN-Anschlüssen haben zur Zeit keinerlei Planungssicherheit in welche Technologie sie in Zukunft investieren sollen", bemängelt Verbandsvorstand Wolff.

Etliche Indizien sprechen dafür, dass die Befürchtungen des DVPT nicht aus der Luft gegriffen sind. So hat die Telekom bereits angekündigt, die Zahl der Hauptverteiler, also der Ortsvermittlungsstellen, drastisch zu verringern. Zudem habe der Bonner Carrier, so Insider, sein Netz intern schon auf einen All-IP-Betrieb umgestellt. Könnte er auf die Umwandlung von IP zu ISDN verzichten, würde das Unternehmen seine Betriebskosten senken. Andere Branchennahe Kreise wollen wiederum wissen, dass der Konzern angesichts der Knappheit von IPv4-Adressen die durch ISDN blockierten IP-Nummern dringend für die zahlungskräftige, junge iPhone-Kundschaft benötige, da jedes Apple-Handy ja ebenfalls als IP-Device fungiere. Und die iPhone-Kundschaft verspreche ein höheres Umsatzpotenzial als die alte ISDN-Klientel.