Gute Berufschancen in einem weiten Arbeitsfeld

Technischer Redakteur: Makler zwischen Produkt und Benutzer

18.05.1990

Technischer Redakteur ist ein Beruf mit Zukunft. Glaubt man den Prognosen von Fachleuten, fehlen bereits heute 250 000 Autoren von Handbüchern und Produktbeschreibungen. Um in diesen Beruf einzusteigen, sollte man zumindest über gute sprachliche Fähigkeiten verfügen oder technische Kenntnisse vorweisen können.

Die wachsende Bedeutung technischer Dokumentation hat verschiedene Ursachen: zum einen fordern die Kunden lautstark gute, zielgruppengerechte und verständliche Beschreibungen; zum anderen gibt es immer mehr Produkte, für die eine technische Dokumentation verfaßt werden muß. Aber auch die zu beschreibenden Produkte werden immer komplexer und erfordern daher auch eine ausführlichere Dokumentation.

Die Zeiten, in denen der Entwickler eines Produkts "nebenbei" die Benutzerdokumentation verfaßte, gehören bald endgültig der Vergangenheit an. Heute haben jedoch noch nicht alle Anbieter erkannt, daß die Qualität der Beschreibung eines Produkts ein entscheidendes Marketingargument geworden ist.

Das Arbeitsfeld technischer Redakteure ist einer größeren Öffentlichkeit bisher weitgehend unbekannt geblieben. So verbinden die meisten Menschen mit dem Begriff "Redakteur" das Berufsbild des Journalisten, der bei einer Zeitung oder Zeitschrift, beim Rundfunk oder Fernsehen arbeitet. Technische Redakteure haben mit dem Geschäft des Journalismus in der Regel jedoch nichts zu tun.

Sie verfassen technische Dokumentationen, das heißt, sie beschreiben technische Sachverhalte, gleichgültig, ob es sich um eine Kaffeemaschine oder den neuesten Supercomputer handelt. Hier tut sich nun ein weites Feld auf, das sich zum einen nach Branchen, zum anderen nach der Art der Dokumentation orientiert:

- Es gibt technische Redakteure im Maschinen-, Fahrzeug-, Anlagen- und Schiffbau, in der Elektrotechnik, Luft- und Raumfahrtindustrie, Datenverarbeitung sowie in vielen anderen Bereichen, die hier nicht vollständig aufgezählt werden können.

- Die verschiedenen Arten technischer Dokumentationen lassen sich grob dadurch klassifizieren, wie stark der Werbecharakter beziehungsweise der Aspekt der Fachinformation betont wird. Die Spanne reicht hier von der Werbeschrift über Betriebsanleitungen, Schulungsunterlagen und Übungshefte, Handbücher bis zur Freigabemitteilung.

Der Autor muß die Zielgruppe kennen

Die Bedeutung der Adressatenanalyse für die Arbeit eines technischen Redakteurs kann nicht stark genug betont werden, denn ein Manko der heutigen Dokumentationen liegt gerade darin, daß sie oftmals nicht gut genug auf die Vorkenntnisse, Vorerfahrungen und die Anwendungsbedürfnisse der Benutzer abgestimmt sind.

Der technische Redakteur muß wissen, wie sich die Zielgruppe seines Handbuches zusammensetzt, um Inhalt, Aufbau und Sprache der Publikation entsprechend wählen zu können. Häufig wird es erforderlich sein, ein Handbuch für heterogene Zielgruppen aufzubereiten, indem man zum Beispiel eigene Kapitel für den Sachbearbeiter, den Programmierer und den Systemverwalter vorsieht.

Um das zu beschreibende Produkt kennenzulernen, hat der technische Redakteur selbst mit diesem zu arbeiten. Insbesondere müssen alle im Handbuch vorkommenden Beispiele ablauffähig sein. Oftmals werden die Beispiele auf einer Diskette mit dem Handbuch zusammen geliefert. Bei einer Datenbankbeschreibung enthält eine solche Diskette etwa eine komplette kleine Beispieldatenbank zusammen mit verschiedenen Listen- und Formatprogrammen, auf die in den Beispielen des Handbuchs dann jeweils Bezug genommen wird. Der Kunde kann so ohne großen Schreibaufwand die Beispiele sofort nachvollziehen und selbst ausprobieren.

Der Technikautor muß das zu beschreibende Produkt kennen und verstehen lernen. Dazu steht ihm neben der eigenen Arbeit mit dem Produkt vor allem die Dokumentation der Produktentwickler zur Verfügung. Viele wichtige Informationen wird der technische Redakteur darüber hinaus lediglich in mündlicher Form von den Entwicklern erhalten. Daneben kann er auf Korrekturvorschläge von Kunden, auf Fachbücher und Konkurrenzliteratur zurückgreifen.

Beim eigentlichen Schreiben des Handbuches sollte neben Vollständigkeit, Präzision und fachlicher Richtigkeit des Textes vor allem die Verständlichkeit im Vordergrund stehen.

Viele Zusammenhänge lassen sich besser durch Tabellen oder Grafiken darstellen als durch reinen Text. Der Technikredakteur fertigt diese Grafiken selbst an oder ist zumindest für ihren Entwurf verantwortlich. Außerdem muß er für die richtige, das heißt verständlichkeitsfördernde Zusammenstellung von Text, Tabellen, Bildern und Grafiken sorgen.

Bei seiner Arbeit ist der technische Redakteur auf die Zusammenarbeit und den ständigen Kontakt mit vielen anderen Abteilungen angewiesen. Dazu zählen:

- Entwicklung,

- Vertrieb,

- Kundendienst,

- Software-Testgruppe,

- Übersetzungsbüro,

- Schule.

Dazu kommt natürlich noch der Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit den Kollegen der eigenen Abteilung und der Kontakt zu den Kunden.

Der Prozeß der Erstellung der Dokumentation läuft parallel zum gesamten Software Entwicklungsprozeß. Der technische Autor ist verpflichtet, seine eigene Arbeit so zu planen, daß termingerecht zur Lieferfreigabe des Produkts auch die Dokumentation fertig ist. Der Redakteur muß insbesondere Zeit einplanen für Korrekturläufe während der Manuskriptarbeit, für die Erstellung von Grafiken und Bildern sowie für den Satz und die Produktion des fertigen Manuskripts.

Wissen muß der Technikautor natürlich auch, was eine Seite und was das gesamte Handbuch kosten. Der Aufwand für ein Handbuch (mit oder ohne zweite Druckfarbe, Grafiken, Übersetzung einer fremdsprachigen Originaldokumentation oder gründliche fachliche und sprachliche Überarbeitung) richtet sich in erster Linie nach der Markt- und/oder Vertriebsbedeutung des Produkts.

Eigener Studiengang für technische Redakteure

Zu den Verdienstmöglichkeiten in diesem Beruf ist folgen des anzumerken: Hochschulabsolventen mit mehr oder weniger EDV- und/oder Schreiberfahrung, aber ohne Berufserfahrung verdienen zwischen 45 000 und 56 000 Mark im Jahr. Redakteure mit rund fünf Jahren Berufserfahrung kommen auf 65 000 bis 70 000 Mark zwischen 70 000 bis 80 000 Mark liegt das Salär für Redakteure mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung. Der Leiter einer Gruppe oder einer Redaktion mit drei bis zehn Mitarbeitern oder ein außergewöhnlich guter Redakteur ohne dispositive Verantwortung erhält mehr als 80 000 Mark im Jahr und befindet sich damit im außertariflichen Bereich. Der tekom-Bildungsausschuß für Aus- und Weiterbildung hat im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit ein Konzept für einen Fachhochschul-Studiengang technischer Redakteur erarbeitet.

Das Konzept für einen FH-Studiengang enthält Teilgebiete aus den Bereichen Linguistik, Kommunikationswissenschaft, Psychologie, Pädagogik, Visualisierung, Produktion von Druckerzeugnissen, technische Dokumentation auf Non-Print-Medien, EDV (als Werkzeug), Betriebswirtschaft, Projekt-Management, Journalistik. Neben der Vermittlung von allgemeinem technischem Grundwissen ermöglicht ein Block "technischnaturwissenschaftliche Grundkenntnisse" dem angehenden technischen Redakteur sich in einem Fachgebiet zu spezialisieren, zum Beispiel im Fahrzeug- und Maschinenbau, in der Informatik oder der Elektrotechnik. Der Studiengang wird abgerundet durch mehrere Projekte und ein Industriepraktikum.

Redakteur als Hüter der Benutzeroberfläche

Auch im Hoch- und Fachhochschulbereich gibt es eine Fülle von Initiativen, Ausbildungsangebote zu schaffen, von eigenständigen Studienangeboten über Aufbaustudiengänge bis hin zu Nebenqualifikationen innerhalb anderer Ausbildungsrichtungen. Am weitesten gediehen ist dabei die Einrichtung eines FH-Studienganges an der Fachhochschule Hannover, der ab 1931 beginnen soll. Ferner ist ein Magister-Studiengang an der RWTH Aachen und ein viersemestriges Aufbaustudium an der Universität Hildesheim geplant.

Zur Zeit existieren bereits einige Studiengänge, die zumindest Teile der technischen Dokumentation abdecken. Stellvertretend sei hier das Studium zum Diplom-Medienberater an der TU Berlin genannt.

Aus der wachsenden Bedeutung guter, verständlicher und zielgruppengerechter technischer Dokumentationen ergibt sich, daß es in der Zukunft noch wichtiger werden wird, den technischen Redakteur von Anfang an in den Entwicklungsprozeß eines Produkts einzubeziehen. Dadurch ist einerseits die weitgehende Übereinstimmung zwischen Beschreibung und Produkt sichergestellt, andererseits wird aber auch dafür gesorgt, daß schon bei der Entwicklung eines Produkts benutzungsergonomische Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

Der technische Redakteur muß sich als eine Art Oberflächeningenieur und als "Hüter" der Benutzeroberfläche verstehen.

In der Softwaredokumentation fallen in diesen Bereich zum Beispiel sämtliche Meldungen des Systems, der Aufbau von Menü- oder Fenster-Systemen und die Führung des Benutzers durch das System.

tekom - Verein technischer Redakteure

Technische Redakteure und Autoren haben 1978 die Gesellschaft für technische Kommunikation (tekom) gegründet. Die tekom ist ein eingetragener Verein mit mittlerweile mehr als 700 Mitgliedern, der seinen Sitz in Stuttgart hat. Zweck des Vereins ist es, "... Verständnis für die Qualität und Bedeutung Technischer Kommunikation (zu) verbreiten und (zu) vertiefen" sowie "Aus- und Weiterbildung und das berufliche Ansehen aller im Bereich technische Kommunikation Tätigen (zu) fördern".