Digitale Archivierung von Bändern

Tape-Services - mehr als nur das Retten von digitalen Magnetbändern

23.05.2016
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Peter Böhret arbeitete als Software-Ingenieur, Projekt- und Sales Manager, bevor er 1996 zur Ontrack DataRecovery GmbH stieß. Nach erfolgreichem Wirken als Sales Manager und European Business Development Manager wurde er 1999 Managing Director. 2007 wurde er Vice President of European Data Recovery und verantwortet seitdem das gesamte europäische Datenrettungsgeschäft von Kroll Ontrack.
Tapes zur Speicherung von Daten sind auch heute nicht totzukriegen. Ganz im Gegenteil: Viele Unternehmen setzen sie nicht nur seit Jahrzehnten erfolgreich ein, sondern auch neue Firmen denken in Zeiten von immer schneller wachsenden Big Data über einen Einsatz nach.

Die Vorteile von Magnetbändern liegen auf der Hand: Im Vergleich zu Festplatten und Speicherchip-basierten Storages überzeugen Magnetbänder mit ihren verhältnismäßig geringen Kosten pro Gigabyte, der besten Haltbarkeit und Lebensdauer aller Speichermedien (bis zu mehr als 30 Jahren), der ausgereiften Technik und der geringen Energiekosten. So nimmt es kein Wunder, dass Unternehmen gerade heutzutage erneut auf Tape Storage zurückgreifen.

Allerdings hat sich das Einsatzspektrum in den letzten Jahren verschoben: Zwar erreichen einige Tape-Lösungen bereits fast so schnelle Zugriffszeiten wie Storage-Systeme auf Festplatten-Basis, aber die längere Dauer, die es braucht um auf Daten eines oder mehrerer Magnetbänder zuzugreifen, führt dazu, dass Tapes nicht mehr für Backups eingesetzt werden, sondern für die Langzeitarchivierung. Deshalb sind heutzutage Tapes vorrangig bei der Archivierung zu finden oder es handelt sich manchmal um sehr alte Legacy-Tapes, die in Unternehmensarchiven aufbewahrt werden, bei welchen kaum bekannt ist, was vor 10, 20 oder 30 Jahren einmal darauf gespeichert wurde.

Digitale Magnetbänder bieten auch heute noch ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, wenn es um Archivierung von digitalen Daten geht.
Digitale Magnetbänder bieten auch heute noch ein sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis, wenn es um Archivierung von digitalen Daten geht.
Foto: IBM Research

An dieser Stelle kommen spezialisierte Tape-Datenretter ins Spiel. Mal sollen Daten von gelagerten Tapes im Rahmen einer Firmenübernahme wiederhergestellt werden, um sich einen Überblick über alle Projekte und Dokumente zu schaffen, mal müssen den Ermittlern im Rahmen einer Untersuchung oder eines Rechtstreits Daten eines lange zurückliegenden Ereignisses zur Verfügung gestellt werden. Und manchmal will das Unternehmen im Rahmen eines länger geplanten Wechsels der Archivlösung alle Daten in ein neues - lesbares - Format migrieren.

So oder so - die Tape-Daten müssen von den alten Magnetbändern ausgelesen, überprüft und gespeichert werden, um dann weiterverwendet oder -verarbeitet werden zu können. Kurzum: Die Aufgabe eines Magnetband-Datenretters ist es - sowohl mechanisch als auch logisch - Daten von "veralteten" Tapes, Bandsystemen und/oder Tape-basierten Backup-Lösungen wiederherzustellen.

Unternehmen, die im Tape-Bereich arbeiten, bieten eine Fülle an Dienstleistungen an, sodass sie nicht nur Daten wiederherstellen, indem Daten migriert werden, sondern es werden auch Daten extrahiert, Kataloge für das alte oder neue System erstellt, Duplikationen oder Deduplikationen durchgeführt. Oder Tapes werden per sogenannter Konversion in ein neues Bandformat und die Daten in ein neues Dateiformat überführt.

Magnetbänder retten, aber richtig

Aufgrund der unterschiedlichen Kundenanforderungen gibt es eben nicht das typische Tape-Projekt, sondern eine Vielzahl von Variationen. Aber egal welches Ergebnis am Ende gewünscht wird, professionelle Tape-Projekte beginnen immer mit einer Machbarkeitsanalyse. Und die ist bei lange gelagerten Magnetbändern verbunden mit umfangreichen Tests, ob sie noch funktionsfähig und lesbar sind.

Trotz bester Lagerung kann es bei Tapes zu Verschleiß kommen. Wenn die Lager-Temperatur nicht optimal war, kann es zu Nässebildung und damit zu Oxidation auf dem beschichteten magnetisierten Bandträger kommen. Die Folge ist, dass die Bänder verklebt sind und vorsichtig voneinander abgelöst werden müssen. Wenn es zu warm war, kann es ebenfalls zu Verklebungen oder sogar zu Auflösungen kommen.

Schmutz und Staub können ebenfalls an die beschichteten Bänder gelangt sein und sich festgesetzt haben. Der erste Schritt, nachdem die Bänder im Tape-Labor sind, ist deshalb erstmal festzustellen, wie gut sie in Schuss sind. Nach einer umfangreichen Reinigung und manchmal auch Reparatur der Bänder kann dann versucht werden, sie auf der originalen Hardware auszulesen. Allerdings nie ohne davor und danach passende Reinigungskassetten einzusetzen.

Wichtig ist es für Tape-Datenretter zu wissen, welche spezifischen Anforderungen die einzelnen Tape-Laufwerke der verschiedenen Hersteller in der Praxis haben. Denn anders als gedacht, können manche Tape-Medien nicht oder nur sehr schwierig von Laufwerken anderer Hersteller ausgelesen werden, selbst wenn sie laut Spezifikation das eigentlich leisten müssten.

Aus diesem Grund ist es auch wichtig, dass der Datenrettungsdienstleister über ein großes Angebot an Tape-Hardware verfügt, damit er überhaupt in der Lage ist, Legacy-Tapes nach einer Reparatur auszulesen. Wie auch bei der Datenrettung von einer Festplatte oder einem SSD-/Flash-Speicher werden die ausgelesenen Daten auf einen Server gespeichert und das Originalmedium nicht mehr angefasst, damit es keinen weiteren Schaden nimmt. Eine Datenrettung am Original sollte generell niemals durchgeführt werden.

Nachdem also alle Daten von einem oder mehreren Tape-Sets auf einen Server kopiert wurde, geht es anschließend an die Datenrettung. Und die kann entweder relativ einfach und schnell gehen oder eben schwer und zeitaufwendig sein. Wie auch bei einer Datenrettung von einer Festplatte kommt es auch hier sehr stark darauf an, was vor Jahren auf das Tape gespeichert wurde und mit welcher Backup- oder Archivsoftware. Je nachdem, welche mechanischen Beschädigungen das Band im Laufe der Jahrzehnte erlitten hat, hat das Auswirkungen auf die gespeicherten Daten. Diese müssen dann unter Umständen genauso wie bei jeder anderen Datenrettung auf der untersten Dateiebene mehr oder weniger aufwendig wiederhergestellt werden.

Tape-Services - oft Helfer in der Not

Ein typisches Beispiel für die Notwendigkeit von Tape-Services ist zum Beispiel ein Unternehmen, das im Rahmen einer internen Untersuchung alle auf den Tapes eines bestimmten Zeitrahmens gespeicherten E-Mails extrahieren und durchsuchbar bereitstellen möchte. Auch im Rahmen der Ablösung der alten Hard- und Softwarelösung sind professionelle Tape-Services hilfreich.

Wenn ein Unternehmen von der früheren Lösung auf eine neue wechseln will, ist das für die Verantwortlichen mit viel Aufwand verbunden. Auch hier macht es Sinn sich an einen ausgewiesen Spezialisten für Magnetband-Services zu wenden, damit der Migrationsprozess und der Wechsel des Anbieters so problemlos wie möglich vonstattengehen.