Leichte Erholung im ISP-Markt

T-Online und Terra dämmen Verluste ein

10.08.2001
MÜNCHEN (CW) - Im europäischen Markt für Internet-Service-Provider (ISP) scheint sich eine leichte Erholung abzuzeichnen. Zumindest T-Online und Terra Lycos konnten ihre Umsätze trotz des rückläufigen Werbemarkts steigern und den Vorsteuerverlust leicht reduzieren. Tiscali setzt unterdessen seine Einkaufstour in Europa fort.

T-Online wird im zweiten Quartal seines Geschäftsjahres weniger Verlust ausweisen als erwartet. Einer vorläufigen Veröffentlichung zufolge konnte der größte europäische ISP sein Minus - ohne Berücksichtigung von Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen (Ebitda) - von 66,4 Millionen im ersten Quartal auf 56,9 Millionen Euro verringern. Vor allem die Streichung des wenig einträglichen Pauschaltarifs für den Web-Zugang ("Flatrate") wirkte sich positiv auf das Ergebnis aus, hieß es als Begründung.

Der Umsatz belief sich in der ersten Jahreshälfte auf 539 Millionen Euro. Das entspricht einem Zuwachs von 53 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres - Analysten hatten allerdings mit höheren Einnahmen gerechnet. Fast 460 Millionen Euro erzielte T-Online über Access-Gebühren, rund 68 Millionen Euro entfielen auf das Portalgeschäft (Werbung und E-Commerce).

Das im Frühjahr formulierte Ziel, den Anteil des Portalgeschäfts auf 30 Prozent des Gesamtumsatzes zu steigern, hat die Telekom-Tochter damit aber noch lange nicht erreicht. Wie die gesamte Branche leidet T-Online unter den nach wie vor rückläufigen Werbeeinnahmen. Vor allem aber in Sachen Content vermissen Investoren eine klare Strategie. Das damals angekündigte Geschäftsmodell, gemeinsam mit Medienpartnern wie ZDF und Bild.de gebührenpflichtige Inhalte anzubieten, hat bislang noch keine konkreten Formen angenommen.

500000 Mitglieder konnte T-Online im zweiten Quartal für seinen Internet-Dienst dazugewinnen. In den ersten drei Monaten des Jahres lag die Zahl der Neukunden noch bei 732000. Konzernweit sind mittlerweile 9,2 Millionen Nutzer in Deutschland und Österreich beziehungsweise beim spanischen Ableger Ya.com und Club Internet in Frankreich registriert.

Auch Terra Lycos hat die Erwartungen der Analysten leicht übertroffen. Die Tochter des spanischen Telekommunikationsriesen Telefónica konnte ihren Umsatz zwischen April und Juni 2001 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 34 Prozent steigern - von 134 Millionen auf 180 Millionen Euro. Der Ebitda-Quartalsverlust beträgt 65 Millionen Euro und liegt damit zehn Millionen Euro unter dem Ergebnis vor einem Jahr. Analysten waren von minus 66,3 Millionen Euro ausgegangen. Der Verlust nach Steuern wuchs allerdings im Vergleich zum ersten Quartal 2001 um 24 Prozent auf 216 Millionen Euro, entsprechende Zahlen für das Vorjahresquartal gab das Unternehmen nicht bekannt.

Das Ergebnis ist Firmenvertretern zufolge neben internen Sparmaßnahmen vor allem auf die 190000 zwischen April und Juni neu gewonnenen zahlenden Kunden zurückzuführen. Terra Lycos verlangt seit einiger Zeit Gebühren für bislang kostenlose Angebote. Trotzdem überraschen die Zahlen, da das Unternehmen in besonderem Maße vom Werbemarkt abhängig ist. So erwirtschaftete das im Oktober 2000 übernommene US-Portal Lycos im vergangenen Jahr 55 Prozent des Gesamtumsatzes aus Werbung. Analysten schätzen, dass Terra Lycos jetzt sein Barvermögen in Höhe von rund 2,5 Milliarden Euro nutzen wird, um einen profitablen Konkurrenten aufzukaufen.

In Spanien ist ihm da jetzt Tiscali, die Nummer zwei nach T-Online in Europa, zuvorgekommen: Mit der Übernahme des spanischen Konkurrenten Inicia.com baut der kauflustige italienische Konzern seine Präsenz in der Alten Welt weiter aus. Der 8,2-Millionen-Euro-Deal verschafft ihm mit einem Schlag 300 000 neue Kunden - Tiscali rückt damit zum drittgrößten Provider Spaniens auf. Inicia.com gehört zur Mediengruppe Prisa, die künftig Inhalte für Tiscalis Aktivitäten in Spanien produzieren soll. Zudem will Tiscali B-to-B- und TK-Dienste in Spanien aufbauen und seine eigenen Services auf den Sites von Prisa anbieten.

Abb: Kurzfristige Belebung an der Börse

Nach der Veröffentlichung der Geschäftsergebnisse am Mittwochvormittag vergangener Woche stieg die T-Online-Aktie zunächst um vier Prozent auf 9,25 Euro. Bereits am Nachmittag fiel sie jedoch auf 8,90 Euro zurück. Quelle: comdirect