System-Architekturen

04.08.1978

In der Computerbranche sind die Weichen für die Zukunft schon gestellt: Die heutigen Universalrechner werden mehr und mehr von kommunikations- und transaktionsorientierten Echtzeitsystemen abgelöst. Die Rechner der kommenden Jahre sind Online-Systeme, die einfach zu bedienen sind und dem Benutzer verbesserte Zugriffsmöglichkeiten bieten. Weitere Eigenschaften dieser Systeme: Mehr Datensicherheit und höhere Zuverlässigkeit und Einsatzbereitschaft.

Bereits die Rechnergenerationen im Zeitraum 1979-85 werden alle diese Systemfunktionen aufweisen. Der hier zu erwartenden Expansion sind jedoch auch weiterhin enge Grenzen gesetzt: Hohe Leitungskosten und ein technisch unzureichendes Übertragungssystem werden die Einsatzmöglichkeiten der neuen Kommunikationssysteme erst einmal beschränken. Die Implementierung eines kompletten digitalen Übertragungsnetzes sowie die Bereitstellung von mehr Leitungskapazitäten für den privaten Bereich können hier Abhilfe schaffen. Eine andere Möglichkeit ist die satellitengesteuerte Datenfernübermittlung, wie sie IBM entwickelt.

Alles in allem werden die Systeme der frühen 80er Jahre den Bedürfnissen der Endbenutzer weiter entgegenkommen. In dieser Orientierung auf den Endbenutzer dürften die Computersysteme der nächsten zehn Jahre - vom IBM System/80 bis hin zu neuen Systemen der anderen großen Hersteller - eine ganze Reihe von gemeinsamen Eigenschaften besitzen:

1. Dezentral arbeitende Prozessoren für spezielle Aufgaben:

Dazu gehören Spezialprozessoren für die Befehlsverarbeitung (Instruction Stream Processors IP), Mediaprozessoren (MP), Kommunikationsprozessoren (CP), File Prozessoren (FP), Sensor- und Ereignis-Prozessoren (SP) sowie Kontroll-prozessoren (Supervisor Processors). Hinzu kommen spezielle Array- oder Vektor-Prozessoren und Emulatoren.

2. Interpreter-Funktionen:

Die neuen Systeme sind mit mikroprogrammierten IPs ausgerüstet, die Quellenprogramme in höheren Programmiersprachen (zum Beispiel COBOL, PL/1, FORTRAN, APL) direkt verarbeiten. Für produktionsorientierte Anwender gibt es auch Standard-IPs. (Ein solcher Interpreter-Prozessor wird bereits angeboten: Das Modell IBM 5100, das im IBM System 148 Quellenprogramme in APL verarbeitet.)

3. Multiprocessing:

Das System arbeitet mit mehreren IP-Prozessoren, die mit Hilfe von ROM-, PROM- und WCS-Speichern für die Ausführung bestimmter Hochsprachen-Subsets oder Supersets angepaßt werden können. Die "non-interpretativen" IPs mit direkter Befehlsausführung werden viermal schneller arbeiten als heutige Computersysteme.

Diese hohen Verarbeitungsgeschwindigkeiten dürften mit Hilfe von MTL-Logik (Merged Transistor Logic) - auch bekannt als MPT-Logik - erzielt werden. Diese Technik ermöglicht Verzögerungszeiten zwischen 5 Sekunden und 50 Nanosekunden.

4. Speicherhierarchie:

Jeder Prozessor hat seinen eigenen Speicher. Die meisten Prozessoren im System verfügen über einen eigenen Cache-Speicher (Puffer) und einen integrierten Hauptspeicher. Außerdem kann jeder Prozessor auf die Ressourcen eines MOS-Massenspeichers mit mehr als 100 Millionen Zeichen Speicherkapazität zugreifen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, daß man bei IBM den Begriff "Byte" offensichtlich gestrichen hat. In der Dokumentation zum IBM System 370 taucht das Wort "Byte" jedenfalls nicht mehr auf. An Stelle des statischen Byte-Begriffs tritt die Vorstellung des "character", des Zeichens als einer dynamischen Informationseinheit. Das "character" beim neuen System 80 ist damit eine dynamische Größe geworden, die je nach Aufgabe verschieden definiert wird, also beliebige Mengen von Bits enthalten kann.

Zur Unterstützung des MOS-Massenspeicher ist zusätzlich ein Bubblespeicher vorhanden. Die Datenübertragung auf allen vier Speicherebenen erfolgt in "Pages" und Blöcken unter automatischer Steuerung eines festverdrahteten Hardwarealgorithmus.

5. Hochgeschwindigkeits-Breitbandbus:

Sämtliche Systemkomponenten und Netzprozessoren kommunizieren miteinander über einen einzigen Breitband-Datenbus mit Multizugriffs-Möglichkeiten. Über die technischen Details dieses Systembusses liegen derzeit noch keine genauen Informationen vor. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis in der Branche, daß IBM und andere Hersteller bei der Entwicklung neuer E/A-Methoden mit Techniken und Verfahren der Glasfaser- und Lasertechnologie experimentieren.

6. Input/Output-Verbindung:

Das komplexe Leitungsgeflecht heutiger Systeme wird durch eine einzige Multiplexer-Leitung (Koaxial-Kabel) ersetzt. Diese Hochgeschwindigkeitsleitung (als Option ist eine Zweitleitung zur höheren Betriebssicherheit vorgesehen) macht die vielen E/A-Kanäle überflüssig und sorgt mit integrierten E/A-Prozessoren für mehr Intelligenz im System.

*Charles P. Lecht ist Gründer und Vorsitzender der Advanced Computer Techniques Corporation (ACT).

Übersetzung: Reinhold Falkner.