Mit "Venus" Einstieg in die 4-Mips-Rechnerklasse - Ankündigung zielt auf DG und Prime:

"Super-VAX" soll DECs Mini-Macht absichern

09.11.1984

MÜNCHEN (rs) - "Wir machen nichts Außergewöhnliches, nur Computer" , witzelte Willi Kister, Geschäftsführer der DEC-Mannschaft ihre neue 8600 (Codename "Venus") als etwas Besonders: Immerhin will der Gesamtkonzern mit der "Super-VAX" bereits im ersten Jahr nach der Marketeinführung 20 Prozent seines Umsatzes machen.

Bis zum Tag der Venus-Ankündigung, begründete Frank Berger, Vertriebschef der deutschen Tochter, den Einstieg in die 4-Mips-Klasse, habe Digital Equipment so gut wie keine Rechner mit einem Kaufpreis von einer Million Mark und darüber angeboten. Dieses Marktsegment, das 1982 einen Wert von sechs Milliarden Mark repräsentierte, soll laut IDC bis 1986 auf 11,5 Milliarden wachsen. Für das Drittel des Marktes, das für die VAX-8600 adressierbar sei, wolle man, so Berger, mit dem neuen Modell gerüstet sein.

Zunächst soll das System im bestehenden Kundenkreis abgesetzt werden. Vier Prozent der Gesamt-Venus-Produktion geht, entsprechend dem Anteil der deutschen Tochter am Konzernumsatz, in die Bundesrepublik. Ende 1985 sollen hierzulande, erfüllen sich die Hoffnungen des DEC-Managements, 40 bis 60 Maschinen des 8600-Typs installiert sein. Damit würden die Münchner zwischen acht und zwölf Prozent ihres zukünftigen Umsatzes mit der neuen VAX machen.

Anwendungspakete kann Digital Equipment nach eigenen Angaben hauptsächlich in den Bereichen Konstruktion und Entwicklung (rund 45 Prozent des Anwendungssoftwareangebotes), Fertigung (12 Prozent) sowie Technik und Wissenschaft (33) bieten. Hier sehen die DEC-Leute denn auch die Hauptanwendungsgebiete des Neulings. Ganze fünf Prozent der existierenden Anwendungspakete berühren den kommerziellen Bereich einschließlich der Büroautomation, der Rest von weiteren fünf Prozent sind "sonstige" Anwendungen.

In den ersten sechs Produktionsmonaten wird Digital Equipment nur eine Version der neuen Maschine liefern, deren Entwicklung rund 60 Millionen Dollar gekostet hat. Sie umfaßt eine Zentraleinheit mit 12-MB-Hauptspeicher, Gleitkommabeschleuniger, 104 Terminalleitungen, Ethernet-Steuerung sowie die notwendigen Clusterkomponenten, und wird rund zwei Millionen Mark kosten.

Bei der Vorstellung des neuen VAX-Modells betonte DEC die Kompatibilität zu den restlichen Mitgliedern dieser Rechnerfamilie. Vom Anwender bereits getätigte Investitionen in Anlagen, Software, Daten und Schulung würden damit gesichert.

Das neue Top-Modell in der DEC-Rechnerpalette bietet Herstellerangaben zufolge die vierfache Leistung einer VAX- 11 /780, kostet doppelt soviel, nimmt etwa den gleichen Raum ein und verbraucht auch etwa die gleiche Energiemenge. Zu der höheren Leistung trägt auch eine vierstufige Pipeline-Verarbeitung bei die eine überlappende Befehlsverarbeitung erlaube.

Die Leistung des Zentralprozessors wird laut DEC außerdem durch den standardmäßig vorhandenen Gleitkommabeschleuniger verbessert, der für eine schnellere Ausführung arithmetischer Operationen sorgt. Dabei hätten Benchmark-Tests ergeben, daß die neue VAX bei einzelnen Anwendungen den zehnfachen Durchsatz einer 11/780 erreichen könne.

Die Hauptspeicherkapazität endet bei 32 MB, theoretisch lassen sich 160-GB-Plattenspeicherkapazität sowie 512 Terminals anschließen. Die Zykluszeit liegt bei 80 Nanosekunden. Eine 11/780 benötigt für einen Verarbeitungszyklus noch 200 Nanosekunden. Die VAX-8600 arbeitet unter der Version 4.0 des Betriebssystems VMS, das auch auf den anderen Mitgliedern dieser Familie läuft Zusätzlich wird die Berkeley-4.2 Unix-Version Ultrix-32 zur Verfügung stehen.

Die Venus ist netzwerkfähig und unterstützt laut Hersteller folgende Funktionen:

- Ethernet für die Datenübertragung innerhalb eines lokalen Netzes

- Decnet für die Kommunikation zwischen DEC-Systemen;

- SNA-Gateway für den Datentransfer zwischen Systemen von Digital Equipment und IBM

- Protokolle und Emulatoren für die Netzkonzepte anderer Hersteller;

- Internet für die Datenübertragung über öffentliche Netze.