Aufholjagd bei Marktanteilen

Sun lockt mit einem Gratis-App-Server

28.06.2002
MÜNCHEN (IDG) - Sun Microsystems will Interessenten an Applikations-Servern und Web-Services einen kostengünstigen Einstieg verschaffen. Auf dem Sun Net Event wurde ein Gratis-Bundle, bestehend aus einer Basisversion des "Sun ONE Application Server" und des Betriebssystems "Solaris 9", vorgestellt.

Wer sich für die als "Platform Edition" bezeichnete Gratisversion interessiert, muss sich allerdings noch eine Weile gedulden. Release 7 des darin enthaltenen Application-Servers wird für Solaris und Windows NT frühestens Ende August verfügbar sein, gefolgt von HP-UX-, AIX- und erstmals einer Linux-Variante im weiteren Jahresverlauf. Das Paket enthält einen J2EE-1.3-Server, Messaging-Software sowie eine HTTP-Engine, die allerdings nur die Basisfunktionen eines Web-Servers bietet. Ferner werden die Web-Services-Standards Simple Object Access Protocol (Soap) und Web Services Description Language (WSDL) unterstützt. Während Sun für die Produktlizenz selbst nichts verlangt, will man den Support pro Jahr und CPU mit 795 Dollar berechnen.

Mit Verweis auf IBMs Preisliste für den konkurrierenden "Websphere"-Server soll laut Sun die Platform Edition Anwender in die Lage versetzen, etwa zwei Drittel der Kosten für den Aufbau einer Web-basierenden Infrastruktur einzusparen. Solche Vergleiche seien jedoch mit Vorsicht zu genießen, gibt Shawn Willett, Analyst der Current Analysis Inc., zu bedenken, da jeder Hersteller hier nur die ihm angenehmen Faktoren berücksichtigt. Außerdem sollten sich Interessenten darüber im Klaren sein, dass die Platform Edition nur Basisfunktionalität bietet, nicht aber die für geschäftskritische Applikationen notwendigen Administrations- und Hochverfügbarkeits-Features. Diese kommen erst in der "Standard Edition", für die Sun 2000 Dollar pro CPU verlangt. Die von Clustra Systems übernommene Cluster-Technik ist im Highend-Produkt "Enterprise Edition" enthalten, das voraussichtlich ab dem ersten Quartal 2003 für 10000 Dollar pro CPU verkauft wird.

Migration erwünscht

Die Absicht hinter Suns Gratisvorstoß liegt auf der Hand. Der Hersteller hinkt im Markt für Applikations-Server weit hinter IBM und Bea her, und auch seine Web-Services-Strategie war lange Zeit gegenüber derjenigen von Big Blue beziehungsweise Microsofts .NET-Fahrplan unklar. Auch technisch gesehen ist Sun spät dran. Der zu J2EE 1.3 konforme Sun ONE Application Server 7.0 wird rund sechs Monate später auf den Markt kommen als die entsprechend zertifizierten Releases von "Weblogic 7.0" (Bea) oder Websphere 4.0 (IBM). Dennoch hofft man in der McNealy-Company, dass sich möglichst viele Anwender beim Aufbau einer Web-Services-Infrastruktur für die Platform Edition entscheiden und später auf eine der lizenzpflichtigen Versionen migrieren.

Den Umstand, dass Hewlett-Packard mit einer ähnlichen Gratisaktion für seinen Applikations-Server "Netaction" gescheitert ist und bei Middleware-Produkten nun vorzugsweise mit Partnern wie Bea kooperiert, spielte Sun auf der Veranstaltung herunter: HP habe für Netaction keinen überzeugenden Entwicklungsplan vorlegen können, so dass letztlich nur versucht worden sei, die ohnehin erwartete Bauchlandung abzuschwächen.

Das Sun Net Event diente auch der offiziellen Vorstellung der Entwicklungsumgebung "Sun ONE Studio 4.0" (ehemals Forte for Java) sowie der "Sun One Developer Platform". Letztere besteht aus einer Reihe ehemaliger Iplanet-Produkte, die man zum Beispiel über einen neuen UDDI-Registry-Server für Web-Services erweitert hat und nun unter dem Dach der ONE-Marke integrieren will. (ue)