Technologieaustausch angekündigt

Sun ist Oracles erster Partner für Raw Iron

16.12.1998
MÜNCHEN (CW) - Einen "Austausch von Technologie" nennen es die einen, einen "Anschlag auf die Microsoft-Dominanz" die anderen: Oracle Corp. und Sun Microsystems Inc. arbeiten daran, das für Internet-Anwendungen optimierte Datenbank-Management-System "Oracle 8i" auf einer abgespeckten Version des Betriebssystems "Solaris" anzubieten.

Die Vereinbarung zwischen Oracle und Sun ist die erste sichtbare Ausprägung des Unternehmens "Raw Iron". Unter diesem Codenamen hatte Oracle-Chef Larry Ellison auf der diesjährigen Herbst-Comdex in Las Vegas seine Vision von alternativen Datenbank-Servern auf der Basis von Rumpf-Betriebssystemen angekündigt (siehe CW 47/98, Seite 1). Neben Sun Microsystems war in diesem Zusammenhang auch von den Rechnerschmieden Hewlett-Packard, Dell und Compaq sowie von Open-Source-Systemen wie "Free BSD" und Linux die Rede. Oracle betont ausdrücklich, daß es sich bei der Kooperation mit Sun keinesfalls um einen Exklusivvertrag handle.

Der offiziellen Mitteilung zufolge räumt das Abkommen den beiden Unternehmen das Recht ein, die Technik des jeweils anderen Partners in die eigenen Produkte einzubauen. Konkret geht es dabei um die Kombination von Oracle 8i und Sun Solaris. So könnte Sun mit Hilfe der Oracle-Funktionalität sein Betriebssystem in Bereichen wie Dateispeicherung, E-Mail, Kalenderfunktion, Verzeichnisse und System-Management verbessern. Oracle hingegen wird Solaris - oder zumindest Teile davon - nutzen, um seinen Kunden reine Datenbank-Server anbieten zu können, die kein zusätzliches Betriebssystem erfordern. Die Analysten sehen darin eine Übertragung des "Appliance"-Konzepts von den Endgeräten auf die Server-Welt.

Für die Kunden ergibt sich aus dieser Herstellerkooperation eine Reihe von Vorteilen: Zum einen können sie sich die Betriebssystem-Lizenz sparen, zum zweiten kommen sie kaum noch mit der Komplexität des Systems in Berührung, wodurch Konfigurations- und Pflegeaufwand erheblich sinken. Drittens hält Sun Microsystems ihnen die Option offen, bei Bedarf eine Vollversion von Solaris nachzurüsten - selbstverständlich gegen eine entsprechende Nutzungsgebühr. Insofern ist die Raw-Iron-Strategie aus Sicht der Anwender sinnvoll - auch wenn die Marktbeobachter sie vor allem unter dem Aspekt der Konkurrenz mit Microsoft betrachten.

Mit einem konkreten Produktangebot ist im März 1999 zu rechnen - für Sparc- und für Intel-Plattformen. Die Vermarktungsrechte liegen sowohl bei Oracle als auch bei Sun.